Pussy Riot, Geld, Unabhängigkeit, Party Die Berlinale startet endlich
04.02.2014, 19:53 Uhr
Nadezhda Tolokonnikova (l) und Maria Alyokhina (r) sorgen für Aufmerksamkeit.
(Foto: dpa)
Wenn die anderen Frauen mit einem Schlitz im Kleid denken, sie sorgen für Furore - dann werden sie bei der Cinema for Peace Gala eines besseren belehrt werden, denn es kommen nackte Tatsachen auf den Teppich. Und vieles mehr! Der "Karneval der Schauspieler" geht los!
Die zwei Frontfrauen der kremlkritischen Punkband Pussy Riot werden zu den Filmfestspielen in Berlin erwartet. Nadeschda Tolokonnikowa und Maria Aljochina werden bei der Kinogala "Cinema for Peace" auftreten, wie der Veranstalter mitteilte. Demnach ist es der erste Deutschlandbesuch der Aktivistinnen seit ihrer Freilassung aus russischen Straflagern im Dezember 2013. Die Doku "Pussy Riot - A Punk Prayer" ist für einen der Preise von Cinema for Peace nominiert. Als weitere Gäste der Gala, die zum 12. Mal am Rande der Berlinale stattfindet, sind Uma Thurman, Catherine Deneuve, Ornella Muti und Christopher Lee angekündigt. Das Filmfestival zeigt vom 6. bis 16. Februar rund 400 Werke aus aller Welt. Die Cinema for Peace Gala am 10. Februar wird dieses Jahr ganz im Zeichen des kürzlich verstorbenen Nelson Mandela stehen.
Brot und Spiele?

Cornelia Yzer (Senatorin für Wirtschaft, Technologie und Forschung im Senat von Berlin) mit Eckart von Klaeden (Leiter der Abteilung Politik und Außenbeziehungen der Daimler AG) in Berlin.
(Foto: imago/Stefan Zeitz)
Auch andere in der Stadt fiebern dem Ereignis Berlinale entgegen - bringt die Veranstaltung der Hauptstadt nach Angaben von Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer doch eine zusätzliche Wirtschaftskraft von rund 125 Millionen Euro. "Nicht nur die Besucherzahlen werden weiter steigen, auch die Unternehmen in Berlin profitieren von den Filmfestspielen", so die CDU-Politikerin.
Mit rund 3500 Unternehmen und 25.000 Erwerbstätigen in der Branche liege die Hauptstadt unangefochten an der Spitze der Film- und Fernsehstandorte in Deutschland, weiß Yzer.
Diese Zahlen hat auch der diesjährige Jurypräsident der 64. Berlinale, der jenseits der Traumfabrik Hollywood zu den Großen des amerikanischen Kinos zählt, vielleicht schon einmal gehört: James Schamus. Er hat als unabhängiger Produzent die Karrieren von Regie-Stars wie Ang Lee gefördert. Als Ang Lee für "Das Hochzeitsbankett" im Jahr 1993 den Goldenen Berlinale-Bären und eine Oscar-Nominierung bekam, da war das auch ein Triumph für Produzent und Drehbuch-Mitautor James Schamus. Der Welterfolg der hintergründigen Komödie war der erste Höhepunkt in der Karriere des 54-Jährigen als unabhängiger Filmproduzent. Jetzt, 21 Jahre später, steht Schamus der Jury der 64. Berlinale als Präsident vor.
Unabhängig und erfolgreich
Schamus, der 1959 in Kalifornien geboren wurde, sammelte erste Erfahrungen als Autor und Produzent beim Fernsehen. Seit Ende der 80-er Jahre konzentrierte er sich dabei auf das sogenannte Independent-Kino - also auf Filme, die außerhalb des etablierten Studiosystems in Hollywood produziert werden. Immer wieder wurden von ihm produzierte Filme auf dem Sundance Film Festival, der wichtigsten Tribüne des unabhängigen US-amerikanischen Kinos ausgezeichnet. Sundance-Ehren holte er etwa mit "Poison" (1991), "In the Soup" (1992) und "Kleine Sünden unter Brüdern" (1995).
Seine größten Erfolge hatte der auch an verschiedenen Universitäten Filmgeschichte lehrende Schamus in der kontinuierlichen Zusammenarbeit mit Ang Lee. Beispielsweise wurde er 1997 auf dem Filmfestival von Cannes für das Drehbuch zu Lees "Der Eissturm" ausgezeichnet. 2005 produzierte er Lees dreifachen Oscar-Preisträger "Brokeback Mountain".
Damit manifestierte er endgültig seinen Ruhm als wichtigster unabhängiger Filmproduzent der USA. Lee ehrte den in New York lebenden Ehemann und Vater einer Tochter einmal in einem Interview mit dem schönen Satz: "James ist eine Seele von Mensch, der allein durch seine Anwesenheit inspiriert."
Hin und wieder gelingt es
Ganz so positiv gestimmt ist Regisseur Dieter Wedel da nicht: Für den 71-Jährigen ist eine Auszeichnung bei der Berlinale eher kein Erfolgsgarant für die Kinokassen. "Das ist ja auch schwierig", so Wedel: "Etwas Populäres finden die Kritiker meistens nicht so gut. Und umgekehrt!" Gefalle etwas den Filmexperten jedoch, dann komme es oft erst gar nicht in die Kinos. "Den Mittelweg zu finden, beides, das ist so etwas wie die Quadratur des Kreises", sagt Wedel. "Aber hin und wieder gelingt es.
Einen ganz anderen Schwerpunkt setzt da Schauspieler Armin Rohde: Er freut sich besonders auf das gesellige Beisammensein mit den Kollegen während der Berlinale. "Dann wird wieder nur im Taxi geschlafen, weil Berlinale ist", verrät der 58-Jährige. Ob die Internationalen Filmfestspiele Berlin beruflich wirklich wichtig seien, könne er schlecht einschätzen. Sie seien eher der "Karneval der Schauspieler", sagte Rohde. "Da ist richtig was los in der Stadt. Man weiß, dass man auch zu den unmöglichsten Zeiten noch in den unmöglichsten Ecken, Kollegen findet, mit denen man Spaß hat."
Quelle: ntv.de, soe/dpa