Unterhaltung

"Enfant terrible" der Oper Giancarlo del Monaco wird 65

Giancarlo Del Monaco galt von Anfang an als Provokateur. Als Regisseur debütierte er 1970 im Alter von nur 26 Jahren in Gelsenkirchen mit Haydns selten gespielter Oper "L'Infidelt Delusa" (Die vereitelte Untreue). Als er zwei Jahre später den Durchbruch an der Bayerischen Staatsoper in München schaffte, hatte er bereits den Ruf eines "Enfant terrible" der Regie. 1991 drohte ihm gar der "Bund irakischer Patrioten" brieflich mit Mord, weil er es gewagt hatte, in Verdis "Nabucco" den babylonischen Tyrannen-König Nebukadnezar als Saddam Hussein auftreten zu lassen. Am 27. Dezember wird der einstige Unruhestifter, Opernregisseur und -intendant 65 Jahre alt.

Del Monaco wird 1943 in Villorbu bei Venedig geboren, wächst aber in Lausanne in der französischen Schweiz auf. Die Musik liegt ihm gewissermaßen im Blut: Sein Vater ist der gefeierte Florentiner Tenor Mario Del Monaco (1915-1982), seine Mutter und beide Großmütter waren Sängerinnen. Es heißt, er sei entfernter Verwandter von Enrico Caruso. Neben dem Studium der Alten und Modernen Sprachen lernt er auch die Schauspielkunst, Trompete und Klavier. Das deutsche Musiktheater hingegen prägt sein Regiehandwerk: Regisseure wie Wieland Wagner, Walter Felsenstein, Günther Rennert und Gustav Rudolf Sellner werden seine Vorbilder und Lehrer.

Hin- und Hergerissen zwischen den Welten

Als "Wanderer zwischen den Welten" beschrieben ihn Kritiker oft, als Hin- und Hergerissener zwischen seiner Herkunft aus der italienischen Operntradition und dem modernen deutschen Regietheater. Es ist Deutschland und nicht Italien, wo er Karriere machen wird. Nach seinem Debüt avanciert das italienische Musiktalent in wenigen Jahren an der kleinen Oper von Ulm zu einem Regisseur, der auf sich aufmerksam macht. Im Stil von Peter Stein inszeniert Del Monaco immer häufiger modern - die "Traumgeschichte hinter den Stücken". So wandelt sich unter seiner Leitung die Provinzbühne zur "Werkstatt des Musiktheaters". Alle 15 Regiearbeiten unter seiner Leitung zwischen 1973 und 1976 finden überregional großen Beifall.

1979 wird er als erster Italiener zum Intendanten des Hessischen Staatstheaters in Kassel berufen. Parallel zur "documenta" will er Oper von "Weltniveau" machen. Seine erste Inszenierung - Giuseppe Verdis fünfaktiger "Don Carlos" - wird ein weithin beachteter Erfolg. Schon bald beginnen jedoch die ersten Schwierigkeiten. Del Monaco fühlt sich eingeengt von der hessischen "Kulturbürokratie". Es kommt zu Kompetenzstreitigkeiten mit dem von ihm engagierten Schauspieldirektor. Die Trennung ist vorprogrammiert. Auch bei der darauffolgenden Intendanz an der Bonner Staatsoper gerät der eigenwillige Italiener mit seinen Forderungen nach künstlerischer Autonomie schnell wieder in Konflikt mit Politik und Theater.

Erfolgreicher Regisseur und Intendant

Als Gastregisseur inszenierte Del Monaco mit großem Erfolg an vielen bedeutenden Opernhäusern der Welt von Zürich bis New York. Als Intendant leitete er neben den Opernhäusern in Kassel und Bonn auch die Oper von Nizza und das italienische Musikfestival von Macerata. In der letzten Zeit ist es stiller geworden um das einstige "Enfant terrible" der Opernwelt. Zuletzt machte er 2005 in Erfurt von sich Reden mit einer provakanten Inszenierung der Märchenoper "Hänsel und Gretel" von Engelbert Humperdinck als Stück über Pädophilie. Er wolle das Tabu des Kindesmissbrauchs brechen, auch wenn er riskiere, "ein schweinischer Regisseur genannt zu werden", erklärte Del Monaco damals. Der von allen erwartete Skandal blieb jedoch aus.

Katie Kahle, dpa

Quelle: ntv.de

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