Unterhaltung

Knuuuuutsch! Hommage an den Pirol

Wer könnte das vergessen? Loriot auf "dem" Sofa.

Wer könnte das vergessen? Loriot auf "dem" Sofa.

(Foto: dpa)

Wann ist man sich schon mal einig? Bei Loriot! Als die Meldung von Vicco von Bülows Tod bei uns einlief, ging ein betroffenes Raunen durch die gesamte n-tv.de Redaktion. Ganz persönliche Erinnerungen an einen ganz großen Künstler.

Der Albtraum jeder Ehefrau

von Markus Lippold

"Mein Name ist Lohse. Ich möchte hier einkaufen." Heinrich Lohse macht den Albtraum jeder Ehefrau perfekt: Er geht in den Ruhestand. So wie Loriot einst in "Das schiefe Bild" ein Zimmer verwüstete, zertrümmert er in "Pappa ante Portas" das fein ausbalancierte Familienleben der Lohses. Es ist eine ätzende Satire auf das bundesrepublikanische Rentnerdasein. Und ganz nebenbei liefert Loriot eines der besten - und bekanntesten - Stücke moderner Lyrik ab: "Krawehl Krawehl". Dass sich das Arbeitsleben seitdem verändert hat, dass nachfolgende Genrationen ihren Ruhestand nur selten in dieser Weise werden genießen können - das tut dem großen Humor Loriots keinen Abbruch. Hauptsache, der Senf geht nicht aus.

Mach's gut, Opa!

von OL

Gestern hab' ich noch gelesen, dass Loriot zufrieden in seinem Haus am Starnberger See wohnt und heute ist er tot. Für mich ist er unsterblich, nicht wie Johannes Heesters, der einfach immer weiter lebt, sondern als Loriot, der lustige Mensch. Als Kind habe ich "Das Dicke Loriot Buch" gewälzt, die kleinen Männer mit den Melonen und die großen Hunde mit den kleinen Augen bestaunt. Der Große Preis, den ich mit Oma kucken musste, war nur zu ertragen wegen Wendelin und Wum (in dieser Reihenfolge). Und was wäre der Ostseeurlaub ohne Loriots Spielkarten mit der nackten Herzdame gewesen? Immer, wenn ich ihn im Fernseher auf dieser Couch sitzen sah, dachte ich, so einen Großvater hätte ich gern. Mach's gut, Opa - und 'nen dicken Kuss!

Zweites Futur bei Sonnenaufgang

von Sabine Oelmann

Ich heiße Erwin Lindemann ...

Ich heiße Erwin Lindemann ...

(Foto: dpa)

Was mich unterhaltungstechnisch geprägt hat? Es war nicht Nena, es waren auch nicht die Popper oder die Punker, es waren natürlich David Bowie und Prince, es war später Otto Waalkes, aber es war von Anbeginn ein schon immer etwas älterer Herr mit grau-weißem Haar (Vaterkomplex!!), der den Deutschen den Spiegel vorgehalten hat wie kein anderer. Und für mich hat er das am Besten in einem speziellen Sketch verdeutlicht: "Das Jodeldiplom". Der Erzherzog-Johann-Jodler ("Du-Dödel-Du") begleitet mich durch mein ganzes Leben, und voller Stolz kann auch ich behaupten: "Jede Frau sollte etwas Eigenes haben. Da hab' ich was in der Hand, wenn die Kinder aus dem Haus sind, oder mal was passiert."

Das erste Mal

von Nikolas Neuhaus

Loriot war mein erstes Mal. Plötzlich saß er da, im Hotel im Weihnachtsurlaub, nur wenige Tische von mir entfernt. Nie hätte ich ihn mit meinen 13 Jahren ansprechen können, doch meine Patentante hatte bereits alles in die Hand genommen. Zum Nachmittagstee führte ich das erste Interview meines Lebens. Spektakuläre Enthüllungen sind nicht überliefert. Doch selten war ich aufgeregter als damals und selten war ich so traurig wie heute. Krawehl, Krawehl!

Das Lächeln eines klugen Mannes

von Martin Morcinek

Zuerst war da dieser mit leichter Hand gezeichnete Hund. Wum hieß er und war auf merkwürdige Weise ungehalten. Außerdem konnte er sprechen, was uns Kindern natürlich sehr gefiel. Zu Beginn der Sendung "Der Große Preis" rief er laut nach Wim Thoelke, der sich immer zu verspäten schien. Wir dachten: "So funktioniert Fernsehen" - der Moderator trödelt, und ein Zeichentrickhund kümmert sich um die Zuschauer. Das war lustig, der Rest der Sendung langweilig. Dass ein einzelner Kopf dahintersteckte, der das alles bewirkt hatte, das wurde mir erst sehr viel später klar. Vor Loriot kam Fernsehen trocken und staatstragend aus Studios und Sendeanstalten. Mit Loriot öffnete sich die deutsche TV-Unterhaltung dem verständnisvollen Spott, der wohltuenden Selbstironie und dem geistreichen Lächeln eines klugen Mannes. Ohne Loriot werden wir uns künftig wohl selbst helfen müssen, wenn wir uns aus den Verbohrtheiten des Alltags lösen wollen.

Ein Trauma aus Pasta

von Volker Probst

Ich heiße Erwin Lottermann, bin Papst und 500.000 Jahre. Mit meinem Gewinn von 66 Mark eröffne ich im Herbst in Island eine Herrenaudienz. So oder so ähnlich muss das gewesen sein bei Loriots Sketch über Lottogewinner Erwin Lindemann, der ein TV-Interview gibt. Und so wie ihm geht es einem Journalisten manchmal auch, wenn er seine Texte schreibt. Das verbindet. Aber noch mehr zum Trauma ist die Sache mit der Nudel geworden. Seither kann man eigentlich keine Tischgespräche mehr führen, ohne sich fortwährend zu vergewissern, dass nicht irgendwo ein Essensrest klebt. "Hildegard, bitte sagen Sie jetzt nichts." Danke, Loriot!

Ja, wo laufen sie denn?

von Johannes Süßmann

Obwohl ich zu jung bin, um die Hochzeiten des großen Humoristen bewusst miterlebt zu haben, durchzogen Zitate aus Loriot-Sketchen meine gesamte Kindheit und Jugend. Denn sie sind die einzigen, die der Leidenschaft meines Vaters, auf ein Stichwort eine einzelne Zeile aus einem Musikstück oder eben aus einem Fernsehsketch zu rezitieren, damals und bis heute Genüge tun. Stichwort "laufen": Mein Vater gab mit hoher Stimme und gespielter Empörung seinen Einzeiler "Ja, wo laufen sie denn?" aus Loriots Episode "Auf der Rennbahn" zum Besten. Beim Stichwort "Klavier" zitierte er wie auf Kommando die legendär-emotionslose Reaktion der kuchenessenden Evelyn Hamann "Ein Klavier, ein Klavier", mit der sie ein Geschenk der Schwiegermutter aus den USA begrüßt. Und bestimmt ließe sich diese Reihe noch um so manchen Ausspruch ergänzen. Sicher ist, dass die Geniestreiche Vicco von Bülows auch nach dessen Tod in meinem Elternhaus noch lange fortleben werden.

Mein Name ist Lohse, ich kaufe hier ein

von Jana Zeh

Der wahre Einschaltgrund für den "Großen Preis": Loriot mit seinem "Wum".

Der wahre Einschaltgrund für den "Großen Preis": Loriot mit seinem "Wum".

(Foto: picture alliance / dpa)

Jedes Mal, wenn ich Senf aus dem Kühlschrank nehme, ist er in meinem Kopf - der Herr Lohse, der Senf, Schreibmaschinenpapier und Radiergummis gern in kaufmännisch verantwortbaren Mengen einkauft: also kisten- und stapelweise für 40 Jahre im Voraus. Mit dem Tod von Vicco von Bülow geht ein Multitalent der ganz besonderen Art. Ich werde beim nächsten Einkauf einen großen Eimer Senf nehmen, damit die Erinnerung an die so menschlichen Marotten eines älteren Herrn lange frisch bleibt.

Wider den Proll-Humor

von Hanno Hall

Loriot: Das sind Erinnerungen an vergnügliche Familienabende vor dem Fernseher und lustige, dicke Bücher. Aus der Sicht eines Erwachsenen: toller, mehrheitsfähiger Humor eines stillvollen Herren auf hohem Niveau. Ganz anders als die schwer erträglichen Fernseh-Proll-Comedians der Gegenwart.

Samstag in acht Tagen

von Klaus Wedekind

Als kleines Kind hatte ich eine Wum-Figur aus mit Weichmacher verseuchtem Gummi. Eigentlich gehörte sie ja meinem älteren Bruder, aber ich habe sie ihm weggenommen. Die etwa schnapsglasgroße Figur zeigte Wum auf seinem roten Knautschkissen mit Kussschnautze und Knoten im Ohr. So wünschte er - glaube ich - beim "Großen Preis" den Loskäufern Glück: "Samstag in acht Tagen - Knuuuuutsch!"

Ein komisches Ausnahmetalent

von Andrea Beu

Bei manchen Todesmeldungen zuckt man mit den Schultern, bei anderen bekommt man einen Schreck. Auch wenn Loriot stattliche 87 geworden ist – von mir aus hätte er auch 97 oder 107 werden können. Nun gut – wenn es stimmt, was die Agenturen melden, dass er "an Altersschwäche" gestorben ist, dann sei ihm die Ruhe gegönnt. Aber traurig ist es doch, denn allein der Gedanke an gewisse Sketche von Loriot treibt mir die Lachtränen in die Augen. (Ein Favorit: im Flugzeug. Hat jeder so ähnlich schon mal erlebt, aber das ist so gekonnt auf die Spitze getrieben, dass es urkomisch ist.) So gut wie jeder Deutsche kann Loriot zitieren. Wer schafft das schon? Nur die ganz Großen. Er war ein wirkliches Ausnahmetalent. Einer, der die Witze nicht auf Kosten anderer machte. Humor mit Niveau und dabei sehr, sehr komisch. Auch das ist rar geworden. Etwas Pathos sei daher hier erlaubt: ich verneige mich.

Quelle: ntv.de

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