Stimme wie mit Whiskey geölt Joe Cocker wird 65
20.05.2009, 08:38 UhrEr zuckte, zappelte, stöhnte, schrie und sang sich die Seele aus dem Leib. Als Joe Cocker vor 40 Jahren beim Festival von Woodstock ein musikalisches Feuerwerk auf der Bühne abbrannte, waren die Massen von der Leidenschaft und der rauen Stimme des jungen Engländers mit den zotteligen Haaren und dem verschwitzen T-Shirt elektrisiert.
Cocker wurde auf einen Schlag zum Weltstar. Es folgte eine Pop-Karriere, die wie kaum eine andere von Höhen und Tiefen, Hits, Rückschlägen und massiven Alkoholproblemen gezeichnet war. Doch Cocker stand immer wieder auf und fand zurück in die Erfolgsspur. Am 20. Mai feiert der wohl beste weiße Soulsänger, den England je hervorgebracht hat, seinen 65. Geburtstag.
Beinahe wäre aus Joe Cocker ein Gasinstallateur geworden. Doch schon während seiner Berufsausbildung tingelte er mit kleineren Combos durch die Bars seiner Heimatstadt Sheffield und spielte unter anderem Coversongs von Ray Charles, mit dessen Musik er groß geworden war. Schließlich gab er seinen Handwerksberuf auf und widmete sich ganz der Musik. Und sein erster großer Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Mit der Coverversion des Beatles-Liedes "With a little help from my friends" landete er 1968 in Deutschland auf Platz 3 und in Großbritannien auf Platz 1 der Hitparade.
Schneller Ruhm, rascher Fall
Es folgten Woodstock, der schnelle Erfolg, Ruhm und Geld. Und die Fans liebten Cockers ungelenke, steife und zuckende Auftritte, bei denen seine Hände die Musik abzubilden scheinen und seine Finger Riffs auf einer imaginären Luftgitarre spielen und Bass- oder Klavierläufe nachzubilden versuchen.
Doch mit dem rasanten Aufstieg kam der einstige Installateur aus Sheffield nicht zurecht. Cocker stürzte ab: Drogen und Alkohol machten ihn krank. Falsche Berater nahmen ihn finanziell aus. Seine Platten waren in den 70er Jahren nicht besonders erfolgreich und Liveauftritte wurden wegen seines Alkoholproblems zum Wagnis.
Tiefs und Krisen überstanden
Aber Cocker bekam die Kurve, wurde Anfang der 80er Jahre ruhiger, nüchterner und wieder erfolgreich. Songs wie "When the night comes", "N'oubliez jamais" oder "Unchain my heart" sicherten ihm regelmäßig obere Plätze in den Hitparaden. Für "Up where we belong", der Titelsong zum Film "Ein Offizier und Gentleman", bekam Cocker einen Oscar. Und "You can leave your hat on" aus dem Film 9 1/2 Wochen wird noch heute gern zu Striptease gespielt.
Mittlerweile ist Cocker schon seit Jahren trocken, seine unverwechselbare Stimme klingt aber immer noch, als sei sie von vielen Flaschen Whiskey geölt worden. Trotz seiner Alkohol-Eskapaden würde er rückblickend nichts ändern. "Man muss im Leben auch Erfahrungen machen. Manchmal habe ich mich zu viel aufgeregt und bin vom Kurs abgekommen", sagte Cocker in einem Interview. Eine wichtige Stütze ist seine Frau Pam. Cocker heiratete die Erzieherin 1987 und lebt seither mit ihr auf einer Ranch im US-Bundesstaat Colorado. "Sie gab mir die Stabilität, die ich nie hatte", sagte Cocker über sie.
Fast im Zwei-Jahres-Rhythmus hat Cocker seither neue Platten veröffentlicht. Und wenn er nicht gerade im Studio oder auf Tournee ist, verbringt Cocker viel Zeit in der Natur, züchtet Tomaten und hält Schafe. Oder er genießt einfach die Ruhe, die er so lange nicht hatte. "Wir wohnen in der Wildnis. Ich kann meilenweit laufen, ohne jemanden zu sehen."
Quelle: ntv.de, Hans-Ulrich Keller, dpa