Von Baerum nach Europa Lena ist besser als Fußball
30.05.2010, 14:56 Uhr
Die Halle tobt und feiert Lena.
(Foto: REUTERS)
Die Telenor-Arena ist das Heimstadion des Fußball-Vereins Stabaek Fotball. Doch die Umbenennung in Lena-Arena kann nur noch eine Frage der Zeit sein.
Eigentlich spielt in der Telenor-Arena in der Gemeinde Baerum bei Oslo der Verein Stabaek Fotball ziemlich erfolgreich Fußball. Wer jetzt hierher gekommen ist, hat mit Fußball nicht viel im Sinn, jedenfalls nicht heute. Heute ist Grand Prix für die alten Hasen oder Eurovision Song Contest, kurz ESC, für die etwas zeitgemäßeren Anhänger des europäischen Liedgutes.
Sie haben bis zu 300 Euro, auf dem Schwarzmarkt vielleicht sogar mehr, bezahlt, um mit den Sängerinnen und Sängern, den Tänzern, den Millionen Fernsehzuschauern und all den anderen in der Halle den Moment zu teilen. Kaum einer, der nicht sofort an seinen Nationalfarben zu identifizieren wäre, wenn man all die Fahnen drauf hat. Fahnenröcke und -umhänge, Fahnen im Gesicht und im Haar – hier darf jeder seinen ganz persönlichen Nationalstolz raushängen lassen, ohne sich verdächtig zu machen. Sogar die Deutschen.
Zwischen Armenien und Portugal
Als 22. geht Lena Meyer-Landrut um 22.36 Uhr auf die Bühne. Sie gilt zumindest als eine der Topfavoriten und nimmt das, wie den ganzen Rummel um ihre Person, ziemlich gelassen. Vor ihr war Armenien dran, ein Ballettstückchen rund um einen Aprikosenkern und der eher schwach singenden, dafür aber sehr dekolletierten Eva Rivas. Lenas Einzelvorstellung ist dazu das Kontrastprogramm schlechthin.
Die 19-Jährige trägt ein schlichtes schwarzes Kleid, nur die Absätze der Schuhe sind diesmal ein wenig höher, der Lippenstift ein bisschen kräftiger. Doch wie immer trägt sie die Kette mit dem Taizé-Anhänger. Sie wirkt, bei aller Nervosität, als ginge der Spaß jetzt erst richtig los. Schon bei den ersten Takten ihres Songs "Satellite" scheint ein Beben durchs Publikum zu gehen.
Dann singt Lena, trifft, entgegen der sooft an ihr geäußerten Kritik, die Töne und tanzt, ein bisschen ungelenk wie immer. Gelegentlich applaudiert das Publikum spontan, und es sind nicht nur die deutschen Fans, denen die Lena-Show gefällt. Erstaunlicherweise füllt sie nicht nur die Bühne in Baerum, sondern flirtet sich über die Kameras bis in die europäischen Wohnzimmer. Dort sitzen jede Menge Leute, denen USFO oder Raab gegen Siegel schnurz ist, sie hören und sehen eine junge Frau mit jeder Menge Spaß auf der Bühne.
Das Publikum im Saal ist hingerissen, im Pressezentrum tanzen die Journalisten. Dann sind die knapp drei Minuten um, Applaus in der Telenor-Arena, Lena ruft "Danke, thank you." Portugal ist dran, danach Israel und Dänemark und zum Schluss noch einmal Spanien, wegen des verrückten Flitzers, der den ersten Auftritt gestört hatte.
Germany twelve points
Bei der Punktevergabe wird schnell deutlich, es läuft gut für Lena. Die Stimmung im deutschen Fanblock wird immer besser. Bei jeder Höchstpunktzahl schlägt Lena die Hände vors Gesicht. Bei Stand von 134 Punkten gibt sie noch schnell ein Live-Interview. So langsam scheint sie den Sieg für möglich zu halten, die deutschen Lena-Anhänger strahlen da schon eine andere Siegesgewissheit aus.
Um 0.12 Uhr ist der Sieg eine Tatsache. Lena bekommt kaum ein Wort über die Lippen und wird tatsächlich einen Moment von Rührung erfasst. Dann muss sie noch einmal raus auf die Bühne, fast scheint sie der zweite Auftritt zu überfordern. "Muss ich noch einmal singen", fragt sie und natürlich muss sie. Noch einmal hören die 180.000 in der Halle die spezielle Lena-Version von "Satellite", diesem Lied von 2007, das mit Lena und dem ESC erst so richtig lebendig wurde. Lena Meyer-Landrut singt und plötzlich bricht es aus ihr heraus: "Oh my God, this is so crazy." Das hätte es beim Fußball so nicht gegeben.
Quelle: ntv.de