Wieder ein deutsches Thema Oscar für KZ-Drama
25.02.2008, 17:43 UhrFlorian Henckel von Donnersmarck hatte gar keinen Zweifel: "Natürlich wird Österreich gewinnen. Das ist doch klar", sagte der deutsche Vorjahresgewinner des Auslandsoscars vor der Gala in Hollywood. Ob Donnersmarck eine echte Vorahnung hatte oder einfach nur Optimismus verbreiten wollte, ist unklar. Fest steht, dass mit dem Preis für "Die Fälscher" innerhalb der vergangenen zehn Jahre drei deutschsprachige Filme mit historischen deutschen Themen von der Oscar-Akademie gewürdigt worden sind.
Erst der Oscar für das Emigrantenepos "Nirgendwo in Afrika" 2003, dann die Nominierungen für "Der Untergang" und "Sophie Scholl", im letzten Jahr der Oscar für das Stasi-Drama "Das Leben der Anderen" und nun "Die Fälscher": eine Geschichte zwischen Tragödie und Gaunerkomödie über eine makabre Geldfälscheraktion durch Insassen des Konzentrationslagers Sachsenhausen. Die Mitarbeiter in der Fälscherwerkstatt genossen Privilegien - ihnen ging das Überleben vor Moral. Der in Wien geborene Stefan Ruzowitzky (46) geht nicht dogmatisch mit dem klassischen Täter-Opfer-Schema um, er zeigt Konflikte und Gewissensbisse innerhalb der Häftlingsgruppe. Vielleicht kam dieser Ansatz aus Österreich besser in den USA an als wenn er aus dem "Täterland" Deutschland gekommen wäre.
Altersstruktur der Stimmberechtigten
Caroline Link, die Regisseurin von "Nirgendwo in Afrika", führt den Erfolg deutscher Geschichten vor allem auf die Altersstruktur der Akademie-Mitglieder zurück. "Bei den Vorführungen, bei denen ich dabei war, war das ein ziemlicher Seniorenclub, ab 70 Jahre und aufwärts", schrieb sie vor kurzem in der "Zeit". "Ich will deren Meinung auf keinen Fall abwerten, aber ein bisschen lustig war das schon."
Je älter die Stimmberechtigten, desto größer das historische Interesse am Land der Nazis? Der frisch gekürte Oscar-Gewinner Ruzowitzky erinnerte jedenfalls noch auf der Bühne im Kodak-Theater in Hollywood an all jene österreichischen Talente, die vor den Nationalsozialisten nach Hollywood geflohen sind und dort Karriere machten: Größen wie Billy Wilder, Otto Preminger oder Fred Zinnemann - und die viele der betagten Akademie-Mitglieder möglicherweise noch selbst kennengelernt haben.
Eher zurückhaltend aufgenommen
Im Wettbewerb der Berlinale wurden "Die Fälscher" im vergangenen Jahr eher zurückhaltend aufgenommen. Der Film ging ganz leer aus und lockte danach auch nur gut 60.000 Menschen in die Kinos. Umso größer ist jetzt die Freude auch auf deutscher Seite, dass es mit dem Oscar geklappt hat. "Natürlich freuen wir uns", sagte Thomas Schulz von der Filmförderungsanstalt FFA, die die Produktion mit insgesamt 712.000 Euro gefördert hat. "Das ist selbstverständlich eine Bestätigung für unsere Politik."
Und filmpolitisch ist das Werk ein Paradebeispiel für die grenzüberschreitende Praxis von Koproduktionen in Europa. Offiziell je zur Hälfte von Österreich und Deutschland finanziert, konnte der in den Babelsberger Studios gedrehte Film seine Nationalität nach Belieben wechseln. "Bei dieser 50/50 Koproduktion haben wir uns jedes Mal entscheiden müssen, für welches Land wir einreichen", erklärte die Produzentin Nina Bohlmann von der Hamburger Firma Magnolia Film das Vorgehen. "Bei der Berlinale liefen wir als deutscher Wettbewerbsbeitrag (nach Standort der Produzenten), bei den Oscars als österreichischer (nach Nationalität des Regisseurs)."
"Oscar für Norden"
Und so mischen sich in den Jubel aus Österreich völlig zu Recht auch die Freudenrufe von deutscher Seite: "Oscar für den Norden", teilte die ebenfalls beteiligte Filmförderung Hamburg/Schleswig-Holstein mit. Und aus dem Studio Babelsberg war zu lesen: "And the Oscar goes to ... Babelsberg."
Von Karin Zintz, dpa
Quelle: ntv.de