Konzert bei Tempo 200 Peter Maffay singt im Zug
05.12.2014, 01:31 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Peter Maffay denkt noch lange nicht an Rente und überbrückt die Zeit bis zur nächsten Tournee mit einer kreativen Aktion: Im Intercity fährt er von Kiel bis Nürnberg und es gibt Live-Musik von dem Rockmusiker höchstpersönlich.
Rhythmisches Klatschen und Gejohle im Zug-Waggon. Manche Fans halten ihre Handys in die Luft, um einen Schnappschuss ihres Idols Peter Maffay zu machen. "Schönen Tag zusammen, geht gleich los", sagt der Rockmusiker, der in einem Intercity der Bahn quer durch Deutschland, von Kiel bis Nürnberg, Live-Musik spielte. Während der Zug hinter Hamburg schnell Fahrt aufnimmt bis zu Tempo 200 und durch die dezembergraue Lüneberger Heide rast, spielen Maffay und Band in einem zur Konzertbühne umgebauten Wagen mit Mini-Bühne flotten Rock wie den Song "Gelobtes Land".
Die Fans sind begeistert, manche trinken Kaffee aus Pappbechern andere Wodka-Lemon oder Hugo-Rosé. Wer eines der wenigen Tickets ergattert hat, fühlt sich fast wie im siebten Himmel. Auf der Facebook-Seite hatten sich Tausende beworben, eine große Boulevardzeitung ermöglichte einigen Fans ebenfalls ganz nah zu sein. Was macht das Phänomen Maffay aus? Vor 50 Jahren gründete der einst aus Rumänien nach Deutschland gekommen Musiker seine erste Band, häutete sich später vom soften Schlagerbarden zum Rockmusiker - wie mit seinem aktuellen Album "Wenn das so ist". Die Bilanz der vergangenen Jahrzehnte: Mehr als 50 Millionen verkaufte Tonträger und 16 Nummer-eins-Alben, heißt es bei seiner Agentur.
Spaß ist seine Motivation

Mehr als 50 Millionen Tonträger hat Peter Maffay bislang verkauft und denkt noch lange nicht ans Aufhören.
"Peter ist ein Mensch geblieben, ich finde es toll, dass er sich für Kinder engagiert - und seine Lieder, seine Texte sind einfach großes Kino", sagt der 56-jährige Jonny. Der gebürtige Ost-Berliner, der seit langem in Hamburg lebt, ist seit DDR-Zeiten Maffay-Fan. "Damals wurden bis zu 3000 DDR-Mark für eine Konzertkarte gezahlt", erinnert sich der kräftige Mann. Aus einer Jackentasche kramt er das erste Album "Steppenwolf", "Peter hat mir das heute im Zug signiert". "Für mich ist das heute mein Weihnachtsgeschenk."
Kurz vor Bremen legt Maffay die Gitarre aus der Hand und kommt in den nächsten Waggon, einen Großraumwagen, zum Interview. "Macht einfach Spaß", nennt Maffay als Motivation. Ob er nicht auch seine nächsten Tourneen promoten wolle? "Wir wollen die Zeit bis dahin auch ein bisschen überbrücken", sagt er fast augenzwinkernd.
Auf die Kontroverse um den aktuellen Wohltätigkeits-Song "Do They Know It's Christmas?" deutscher Musikstars - vor allem zu Gunsten der von Ebola-Opfern in Afrika - reagiert Maffay cool: "Ist 'ne Nummer eins, ist das als Antwort ausreichend? Song-Initiator Bob Geldof habe gesagt, "man muss das Lied nicht mögen, sondern es kaufen". Entscheidend sei, so Maffay, dass viel Geld reinkomme. Kritiker hatten Effekthascherei moniert, weil Afrika als ganzer Kontinent auf dem Plattencover zu sehen ist, obwohl nur wenige Länder von Ebola betroffen seien. Außerdem werde in einem Song-Video ein Ebola-Opfer gezeigt.
Die Bühne als Fitnesstraining
Einige Sekunden überlegt Maffay, ehe er auf die Frage antwortet, ob ihm, der in diesem Jahr verliehene Echo für soziales Engagement mehr bedeute als seine zahlreichen Nummer-eins-Alben. "Die soziale Hilfe kommt anderen zu Gute, das beste Album kommt einem selber zu Gute, aber man kann diesen Erfolg dann wiederum effektiv einsetzen." Der Sänger hat eine eigene Stiftung, hilft in mehreren Länder vor allem traumatisierten und benachteiligten Kindern - "jedes Jahr sind es etwa 1200 Kids", sagt Maffay nicht ohne Stolz.
Bevor die nächste Musiksession losgeht, will ein Journalist wissen, ob Maffay überhaupt noch Lust hat aufs Musikmachen. "Du kannst Spannung nicht vortäuschen, die Leute sind nicht so doof, die merken das." Wie er sich fit hält mit 65 auf Tournee? "Ich spiele auf der Bühne, das ist eigentlich ein Fitnesstraining", sagt er lachend. Und er habe junge Musiker an der Seite, "da muss ich mithalten". Die Frage, die Maffay in diesem Jahr unzählige Male gehört hat - wann er denn in Rente gehe - wirkt wie Zitronensaft: "Ein Rock'n'Roller? - Fremdwort! Ich mach weiter, solange es Spaß macht."
Quelle: ntv.de, Matthias Hoenig, dpa