Deutsche Fotokarriere ohne Beispiel Robert Lebeck wird 80
20.03.2009, 09:44 UhrSeine erste Kamera bekam Robert Lebeck 1952 von seiner ersten Frau. Es war eine einfache Retina 1a. Seinen bislang letzten Apparat erhielt er kürzlich von seiner vierten Frau, diesmal eine Leica Digilux. In den mehr als fünf Jahrzehnten dazwischen liegt eine in Deutschland beispiellose Karriere als Reportagefotograf und Sammler alter Fotografien. Am 21. März wird Lebeck 80 Jahre alt

In mehr als 50 Jahren machte er eine in Deutschland beispiellose Karriere als Reportagefotograf und Sammler alter Fotografien.
Romy Schneider mit Schiebermütze und Zigarette, Joseph Beus mit der Axt auf dem Sofa, Willy Brandt zur Zeit seines Rücktritts oder auf dem Rücken eines Esels, Alfred Hitchcock hinter einer Tür, Jackie Kennedy und ihre Schwester Lee Radziwill am Sarg von Robert Kennedy Lebecks Bilder dürften fast jeden Deutschen erreicht haben. Im Berliner Martin-Gropius-Bau ist derzeit noch eine große Ausstellung mit diesen und weiteren Fotos von 1955 bis 2005 zu sehen (bis 23. März). Lebeck will dort an seinem 80. eine Signierstunde geben wie kürzlich in Hamburg bei einer Präsentation seiner Romy-Schneider-Bilder. Dort genoss er die große Aufmerksamkeit, die ihm entgegengebracht wird.
"Im Kopf beweglich bleiben"
Vor etwa zehn Jahren hat er die großen, schnellen, professionellen Kameras zur Seite gelegt. Heute fotografiert Lebeck nur noch gelegentlich. "Meine Frau möchte das, damit ich im Kopf beweglich bleibe", sagt der weißhaarige Mann. "Ich war fasziniert von der Kamera, das passte zu mir. Ich habe sehr viel fotografiert, war wie entfesselt. Daher war ich gezwungen, Bilder zu verkaufen", erzählt Lebeck kurz vor seinem Geburtstag. Er hatte nach dem Krieg zunächst Völkerkunde studiert, sich dann aber das Fotografie-Handwerk beigebracht.
Die Anfänge waren mühsam, berichtet Lebeck. Die "RheinNeckar Zeitung" zum Beispiel nahm zwei der frühen Aufnahmen - "Ich war selig, ein großes Gefühl" - und zahlte dafür je 8 Mark. Die Spesen für die Anfahrt mit der Vespa, die Filme, die Entwicklung, die Abzüge beliefen sich auf 56 Mark. Angesichts dieser Zahlen dachte Lebeck über die Arbeit als Fotograf: "Das ist leider doch nichts." Der Aufstieg gelang, weil er in der frühen Zeit trotz zunächst schlechter Aussichten dranblieb und ein sicheres Gespür für Situationen hatte. Andere Tageszeitungen wurden Abnehmer, auch die "Neue Illustrierte" in Köln druckte ein Bild. "Da brachte der Geldbriefträger 75 Mark." Das war eines von vielen Schlüsselerlebnissen für Lebeck.
Weitere Magazine kamen hinzu, neue Aufträge, auch für gut bezahlte Doppelseiten. Der Erfolg stellte sich ein, festigte sich und führte Lebeck um die Welt. Er prägte den deutschen Fotojournalismus zu einer Zeit, als sich die Magazine noch zu einem Gutteil über die Arbeit eigener Fotografen definierten.
"Intimität und Seriosität"

Lebeck in der Austellung "Kiosk", in der die Geschichte der Fotoreportage von 1839 bis 1973 dokumentiert wurde (Archivfoto vom Juni 2001).
Lebeck, geboren in Berlin, wurde fester Fotograf beim "Stern" und Chefredakteur von "Geo". Zuvor waren die "Revue" und "Kristall" weitere Stationen. 1991 erhielt er den renommierten Dr.-Erich-Salomon-Preis der Deutschen Gesellschaft für Photographie. 2007 bekam er als erster Fotograf den Henri-Nannen-Preis für sein Lebenswerk. In der Begründung hieß es: "Wenige Fotografen sind Zeitgenossen wie Lyndon B. Johnson, Max Frisch oder Romy Schneider so nahe gekommen wie Lebeck, kaum einer ist mit seiner souveränen Verbindung von Intimität und Seriosität so beispielhaft geworden für junge Fotografen wie er."
Sein berühmtestes Bild schoss er 1960. In Leopoldville kam die Weltpresse zusammen, um über die Unabhängigkeitsfeiern von Belgisch Kongo von Belgien zu berichten. Dessen König Baudouin wurde im offenen Wagen chauffiert, als ihm ein Einheimischer plötzlich seinen prächtigen Säbel entriss und triumphierend davonlief. "Ich habe blitzschnell fotografiert, ich wusste nicht, ob ich das Bild hatte." Er hatte es, als einziger.
Die Aufnahme wurde zur fotografischen Ikone. Sie ist Symbol für den Niedergang der Macht der Weißen in Afrika, und sie ist Lebecks Visitenkarte. Das belgische Fernsehen hat sich kürzlich angemeldet, um das Schwarz-Weiß-Bild abzufilmen. Die Bilder erschienen prominent in "Paris Match" und "Life". Lebeck zeigt mit den paar Negativen seines historischen Filmstreifens das ganze Ereignis, vom Säbelraub über die Flucht des Mannes und wie er schließlich gestellt und abgeführt wird: "Das hat mich berühmt gemacht."
Tokyo Moscow Leopoldville
Was er auf einigen seiner vielen Reisen um die Welt noch ins Rechteck seines Suchers gefasst hat, zeigen die fast 400 Bilder des dreibändigen Werkes "Tokyo Moscow Leopoldville" (Steidl, Göttingen). Im Sommer 1962 kehrte Lebeck von seiner ersten großen Reise nach Japan, Afrika und in die Sowjetunion nach Hamburg zurück, und das Museum für Kunst und Gewerbe widmete ihm seine erste große Ausstellung gleichen Namens. Die Bände zeigen, was damals zu sehen war, ergänzt um viele weitere, spätere Fotos Lebecks. Wer sie betrachtet, wird feststellen, dass er sich seinen Ruhm zu recht verdient hat.
Robert Lebeck: "Tokyo Moscow Leopoldville", Steidl Verlag, Göttingen, 3 Bände, 580 Seiten mit 380 Bildern, 65 Euro, ISBN 978-3865215277
Quelle: ntv.de, Thilo Resenhoeft, dpa