Unterhaltung

Den meisten nur noch skyerlei Zahltag für Harald Schmidt

Predigt jetzt bei Sky: Harald Schmidt.

Predigt jetzt bei Sky: Harald Schmidt.

(Foto: dapd)

Harald Schmidt sendet wieder. Was? Das haben Sie verpasst? Halb so wild. Da geht es Ihnen schließlich wie Millionen anderen, die nicht fürs Pay-TV blechen können. Oder wollen. Und außerdem haben ja auch wir uns für Sie die Mühe gemacht, Schmidts Premiere bei Sky zu beobachten. Ob sich das wohl gelohnt hat?

Eine Frage: Haben Sie Sky? Oder kennen Sie zumindest jemanden, der Sky hat? Ich für meinen Teil muss leider beides verneinen. Soweit sich das abschätzen lässt, gibt es dafür eine Reihe von Gründen. Viele können sich das Bezahlfernsehen tatsächlich nicht so ohne Weiteres leisten. Oder sie wollen es nicht, weil sie sich dann dafür an anderer Stelle einschränken müssten. Doch selbst wenn sie es könnten oder wollten, sähen viele darin gar keinen Sinn - sie hätten kaum die Zeit, ihr teuer bezahltes Abonnement richtig zu nutzen.

Außer dem Sender ist alles gleich geblieben: der Vorspann, das Studio, der Ablauf - und der Entertainer.

Außer dem Sender ist alles gleich geblieben: der Vorspann, das Studio, der Ablauf - und der Entertainer.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ein paar Bekannte haben eine Satellitenschüssel, eine schnöde DVBT-Antenne, einen alten Kabelanschluss oder einen Receiver von der Telekom und sind mit den dutzenden bis hunderten Programmen, die ihnen das bietet, schon vollends ausgelastet. Andere arbeiten sich wochen- und monatelang an sämtlichen Folgen von "Mad Men" oder "Breaking Bad" auf DVD ab. Und wieder andere verzichten gar auf den Fernseher.

Ja, im Bekanntenkreis gibt es durchaus ein paar eingefleischte Fußball-Fans. Aber die besitzen eher eine Dauerkarte für ihren Verein als ein Sky-Abo. Und wenn sie doch mal ein Spiel sehen wollen, das sie nicht im Stadion oder frei empfangbar im Fernsehen verfolgen können, suchen sie eine Kneipe auf.

Pi mal Daumen

Kurzum: Man könnte behaupten, summa summarum bestimmt an die 100 Leute zu kennen, von denen man definitiv weiß, dass sie kein Sky-Abonnement besitzen. Das setzt sich zusammen aus Familie, Freunden und Freundinnen, aus deren Frauen und Männern oder Freundinnen und Freunden, Söhnen und Töchtern, aus Menschen, bei denen man schon mal zu Hause war, ohne sie gleich zum Freundeskreis zu zählen, und aus Kollegen, die man in den vergangenen Tagen vergebens gefragt hat: Hast du Sky?

Angeblich hat der Bezahlsender jedoch rund drei Millionen Abonnenten in Deutschland. Bei etwa 80 Millionen Deutschen müsste demnach Pi mal Daumen im Schnitt jeder 27. ein Sky-Kunde sein. Das aber heißt, dass sich, statistisch gesehen, in meinem Bekanntenkreis eigentlich mindestens drei von ihnen befinden müssten. Und das wiederum bedeutet: Entweder es gibt so etwas wie anonyme Abonnenten oder die offiziellen Abo-Zahlen sind falsch (was sie - natürlich - nicht sind). Oder aber man selbst und das eigene Umfeld sind ganz und gar nicht repräsentativ.

Der Sport-Kollege muss weichen

Können Sie noch folgen? Falls nicht, ist das auch halb so wild. Denn das oben Dargelegte lässt sich relativ einfach kurz und knapp zusammenfassen: Alles Mist. Und das gleich in doppelter Hinsicht. Zum einen für den, der seiner journalistischen Berichtspflicht nachkommen und etwas über die erste Harald-Schmidt-Show bei Sky schreiben will. Zum anderen aber auch für Harald Schmidt selbst, wenn man mal davon ausgeht, dass die Schar der Mit-30er und Mit-40er mit einem - das behaupten wir einfach ganz dreist - gewissen Sozial- und Bildungsniveau einen nicht unerheblichen Teil seiner potenziellen Zielgruppe darstellt.

Statt über Sat.1 setzt es nun Witze über Sky.

Statt über Sat.1 setzt es nun Witze über Sky.

(Foto: picture alliance / dpa)

Zumindest für das erste Problem gibt es aber doch eine Lösung. Denn, Momentchen, einer der drei Abonnenten, die man doch eigentlich kennen müsste, ist ja zum Glück unser Arbeitgeber. Und was könnte es schon Schöneres geben, als einen Abend in den lauschigen, vollklimatisierten Büroräumen zu verbringen?!

Gesagt, getan. Nachdem der Sport-Kollege erfolgreich von seinem Platz mit dem Receiver verdrängt worden ist, kann es auch schon losgehen. Schließlich hat Sky die "Harald Schmidt Show" in den ersten Monaten für alle Abonnenten freigeschaltet. Gut so, denn sonst wären wir nämlich selbst in der Redaktion aufgeschmissen, in der sich der Zugriff auf das Pay-TV auch auf die Fußball-Kanäle (und das, was man wohl oder übel automatisch dazu buchen muss) beschränkt.

Willkommen beim "Premiumsender"

Bereits als der Vorspann läuft, wird klar: Schmidt macht mit seiner Ankündigung, bei Sky dort weiterzumachen, wo er bei Sat.1 aufgehört hat, ernst. Zu den bekannten Bildern aus dem nächtlichen Köln kündigt Madame Nathalie mit französischem Akzent die Gäste, Helmut Zerlett und seine Band sowie "die letzte Glühbirne im deutschen Fernsehen" an. Und auch sonst folgt die Sendung ihrem althergebrachten Standard-Ablauf: Schmidt macht Witze über die Lufthansa, Markus Lanz und Thomas Gottschalk oder aber das Stechen von Ohrlöchern und das Beschneiden, ehe er sich an seinen Tisch setzt, um dort vor allem Scherze über seinen neuen Arbeitgeber zu reißen. Da das statt des "Kuschelsenders" ja nun der "Premiumsender" ist, gibt es dann zum Beispiel Bilder von den "Sky Lounges" in Form abgeranzter Bierpinten zu sehen.

Wollen Sie ihn live sehen? Das können Sie bereits für zehn Euro haben.

Wollen Sie ihn live sehen? Das können Sie bereits für zehn Euro haben.

(Foto: picture alliance / dpa)

Bis dahin alles noch ganz unterhaltsam, würde man aber, als Schmidts neuer Teilzeit-Sidekick Klaas Heufer-Umlauf dazu kommt, im heimischen Wohnzimmer erstmals den Drang zum Weiterzappen verspüren. Im Gespräch über Veröffentlichungen des Riva-Verlags, der Bettina Wulffs Buch über ihre Zeit als Bundespräsidenten-Gattin herausbringen wird, kommt Langeweile auf. Shooting-Star Klaas muss sich ganz offensichtlich noch daran gewöhnen, dass sein Gegenüber mal nicht Joko, sondern Harald heißt.

Damit sich ja kein Gefühl von Innovation einschleicht, wollte Schmidt auch beim Pay-TV nicht auf eine Werbeunterbrechung verzichten. Zu drei Reklame-Spots und diversen Sky-Imagetrailern geleiten uns in ebenfalls gewohnter Manier Helmut Zerlett und seine Band hinüber. Als wollten sie sich mit all den Menschen solidarisch zeigen, die sie gerade nicht sehen können, tragen sie Armbinden mit der Aufschrift "Sky".

Wieder zurück, geht Schmidt aufs Ganze. Wie zum Trotz hat er sich in seine erste Show unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit Pianistin Hélène Grimaud und Cellistin Sol Gabetta eingeladen. Sie dürfen mit einer Sonate von Dmitri Schostakowitsch und Schmidt als Notenblatt-Umdreher die Sendung beschließen. Doch zuvor erfährt man noch in einem Gespräch, das so ansonsten wohl nur bei Arte, ZDFkultur oder dem Nachtprogramm eines Dritten zu sehen sein würde, dass ein Cello ein "Herz" und eine "Seele" hat, dass Gabetta Tiere und Grimaud die deutsche Sprache liebt. Und zwar so sehr, dass sie trotz brillanter Deutsch-Kenntnisse lieber auf Englisch antwortet, als in dieser "wunderbaren" Sprache Smalltalk zu machen. Weil der gemeine Sky-Zuschauer ja wohl ohnehin des Englischen mächtig sein dürfte, hält Schmidt da selbstredend auch eine Übersetzung für nicht weiter nötig.

Spirit in the sky

Da wir dem gemeinen n-tv.de Leser mindestens das Gleiche zutrauen, müssen wir hier sicher auch den Text des alten Gassenhauers "Spirit in the sky", der uns gerade in den Sinn kommt, nicht ins Deutsche übertragen: "When I die and they lay me to rest, gonna go to the place that's the best, when I lay me down to die, goin' up to the spirit in the sky."

Keine Sorge, natürlich ist das nur als Metapher gemeint. Als Metapher für Schmidts Abgang in die Bedeutungslosigkeit. Und angesichts seiner jüngsten Antwort auf die Frage eines Interviewers, ob er denn das Konzept seiner Show bei Sky überdenken wolle, darf man schon auch mal zum Wortspiel-Theologen werden. "Das wäre ja, als ob Sie zur Kirche gehen und fragen, ob die Liturgie geändert wird", meinte der Late-Night-Talker da.

Anstatt sich im Free-TV Erfolgs- und Quotendruck anzupassen, hat sich Schmidt nun also einen Sender gesucht, der sich ihm und seiner wie eine Monstranz vor sich hergetragenen Überzeugung, das Richtige zu tun, anpasst. Zumindest vorerst. Denn auch die Aktiengesellschaft Sky und ihr Hauptanteilseigner Rupert Murdoch sind nicht Mutter Teresa. Dass wegen Harald Schmidt allerdings scharenweise neue Abonnenten den Kreuzzug in Richtung Pay-TV antreten werden, darf nun doch bezweifelt werden.

Im Prinzip ist die Frage, ob man mit der ersten "Harald Schmidt Show" bei Sky etwas verpasst hat, damit bereits beantwortet. Diejenigen, die zu den paar Hunderttausend gehört haben, die ihm auch bei Sat.1 noch an den Lippen klebten, hätten womöglich auch an seiner ersten Show im Bezahl-Fernsehen ihre Freude gehabt. Vielleicht tröstet sie ja eine Alternative: Karten für die Sendung sind bereits für schlappe zehn Euro zu haben - kostengünstiger als ein Abo ist das allemal. Für alle anderen indes endet dieser Text mit einem Kalauer, der selbstredend einem Harald Schmidt ganz und gar unwürdig ist: Höchste Zeit zum Après-Sky.

Quelle: ntv.de

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