Unterhaltung

Chefdirigenten-Suche gescheitert Dissonanzen bei Berliner Philharmonikern

Wer wird neuer Chefdirigent bei den Berliner Philharmonikern? Jürgen Klopp ist es nicht.

Wer wird neuer Chefdirigent bei den Berliner Philharmonikern? Jürgen Klopp ist es nicht.

(Foto: picture alliance / dpa)

Es geht um einen der begehrtesten Jobs in der Klassikwelt: Gesucht wird ein neuer Chefdirigent für die Berliner Philharmoniker. Das Problem: Die 124 Mitglieder des Ensembles sind sich nicht einig.

Stundenlange Diskussionen hinter verschlossenen Türen - und dann kein Ergebnis: Die Berliner Philharmoniker können sich bei der Suche eines neuen Chefdirigenten nicht einigen. Orchestervorstand Peter Riegelbauer verkündet das überraschende Scheitern der Wahl. Nun will das Orchester innerhalb eines Jahres einen neuen Versuch starten und einen Nachfolger für Simon Rattle finden, der seinen Vertrag nicht über das Jahr 2018 verlängert hat.

Zwar betont Riegelbauer am Ende der fast zwölf Stunden langen Orchesterversammlung, die Diskussionen seien in "freundschaftlicher, kollegialer Atmosphäre" verlaufen. Doch deutlich wird auch: Es gibt tiefe Meinungsverschiedenheiten und einen Richtungsstreit unter den 124 Musikern.

Das lässt auch Riegelbauer durchblicken, als er von "ganz grundsätzlich unterschiedlichen Positionen" spricht. Man habe auch über Namen gesprochen, sagt er. "Natürlich hatten wir eine Anzahl von Kandidaten, die in die enge Wahl gezogen wurden - und die werden auch weiter diskutiert", sagt der Kontrabassist.

Wo ist das künstlerische Profil?

Wo der Riss genau verläuft, lässt sich nur ahnen. Nach mehr als zehn Jahren wünscht sich ein Teil des Elite-Ensembles eine neue Vision für die Philharmoniker. Programme für kulturferne Jugendliche, eine "Digital Concert Hall" für Musik-Streaming, das Orchester live im Kino - die öffentlich geförderten Philharmoniker sind zwar im 21. Jahrhundert angekommen, doch einige vermissen ein deutliches künstlerisches Profil.

Immer wieder gab es interne Kritik an Rattles Programmen, die zwar breitgefächert sind, die aber die sinfonische Musik des 19. Jahrhunderts und den für die Philharmoniker charakteristischen Klang vernachlässigen.

Viele Namen, aber nur ein Maestro

Ob jung oder etwas gesetzter, energisch oder bedächtig, ein Hansdampf oder ein Maestro in Ehren - in den vergangenen Wochen waren alle möglichen Kandidaten für den wohl begehrtesten Job in der Klassikwelt ins Spiel gekommen.

Von Gustavo Dudamel, dem Jungstar aus Venezuela, über Christian Thielemann, dem einstigen Karajan-Assistenten und jetzigen Orchesterchef bei der Staatskapelle Dresden, Andris Nelsons, dem lettischen Senkrechtstarter beim Boston Symphony Orchestra, bis hin zu Daniel Barenboim von der Berliner Staatsoper - wessen Name am Ende für die Position feststeht, das wird auch Auskunft darüber geben, wie sich das Elite-Orchester weiterentwickeln wird.

Deswegen ist für Traditionalisten Thielemann so interessant. Eine starke Strömung favorisiert den gebürtigen Berliner. Er gilt als Konservativer mit einem deutlichen Hang zum spätromantischen deutschen Repertoire und zu Komponisten wie Richard Wagner, Johannes Brahms und Richard Strauss. Viele sehen dagegen Thielemanns Repertoire als zu begrenzt an, mögen auch seine politische Haltung nicht, die er etwa in jüngsten Interviews und Zeitungsbeiträgen zu Pegida äußerte.

Karajan? Klopp!

Der 36-jährige Nelsons, der auch immer wieder als Favorit genannt wurde, gilt als experimentierfreudiger Erneuerer. Doch zu diffus sind bisher seine musikalischen Vorstellungen. Ein Dilemma ist, dass es zwar eine ganze Riege junger Dirigenten gibt, Kandidaten im mittleren Jahrgängen aber eher dünn gesät sind. Dazu zählt Riccardo Chailly (62), Chef im Leipziger Gewandhaus und an der Mailänder Scala. Auf Twitter wurde #berlinerphilharmoniker am Montag zu einem Top-Trend.

Viele amüsierten sich über das lange Warten und brachten Namen von Fußballtrainer Jürgen Klopp über GDL-Chef Claus Weselsky bis zu Bandleader James Last ins Spiel. "Karajan, steige herab!", twitterte ein Nutzer. Da ist zumindest eines sicher: Sie werden es alle nicht.

Quelle: ntv.de, Esteban Engel, dpa

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