Anschlag in London Beklemmende Fiktion
24.07.2007, 09:47 UhrTerroranschläge wie die von Madrid und London sind schreckliche Realität, in diesem Fall Realität, die die Fiktion noch überholt haben. Denn Greg Ruckas Buch "Dschihad" erschien in der amerikanischen Originalausgabe im September 2004, fast ein Jahr vor den Attentaten in London.
Rucka schildert darin einen Anschlag auf drei U-Bahnknotenpunkte der Stadt, ausgeführt von mehreren Tätern mit Rucksäcken, jeder von ihnen ist bereit zu sterben. Dies ist allerdings nur der Beginn der Geschichte, als Antwort auf die Anschläge entscheidet sich der britische Geheimdienst zu einem Gegenschlag auf einen der Hintermänner beim Dschihad. Parallel zu dieser völkerrechtlich nicht unbedingt unbedenklichen Aktion bereiten sich bereits die nächsten Selbstmordattentäter auf ihren Einsatz vor.
MI5 und CIA arbeiten irgendwie zusammen, weil ihre Residenten, wie es im Geheimdienstvokabular heißt, manchmal mehr gesunden Menschenverstand aufbringen, als die jeweiligen Chefs. Israel handelt den Briten ein gemeinsames Unternehmen ab, weil beide Länder davon etwas haben könnten und Großbritannien lässt sich darauf ein, aber nur so lange es passt. Ein hochgestellte Geheimdienstfrau droht dabei geopfert zu werden, der diplomatische Schein soll schließlich gewahrt bleiben.
Das Ganze ist eine Geheimdienstgeschichte mit Rivalitäten, Liebe, Todesgefahr nur eben vor dem Hintergrund einer sehr realen terroristischen Bedrohung. Am Ende verliert die siegreiche Superagentin den Mann, den sie vielleicht liebte, wird aber wieder in die geschlossene Welt der Sicherheitssysteme aufgenommen. Früher hatte man am Ende solcher Geschichten das Gefühl, dass die Welt wieder ein bisschen sicherer geworden ist. Dieses Gefühl mag sich heute nicht mehr einstellen, das ist wohl das Beklemmendste an diesem wirklich gut geschriebenen Thriller.
Solveig Bach
Greg Rucka: "Dschihad", dtv, 2007, 416 Seiten, 8,95 Euro
Quelle: ntv.de