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Remasterte Schallplatten Bleskins Zuckerstückerl

Es ist sicher nicht dem Flehen des Rezensenten, sondern einer etwas unglücklichen Planung der Plattenfirma zu verdanken, wenn das remasterte Erstlingswerk "Tales of Mystery and Imagination" von Alan Parsons aus 1976 nun erst in ein paar Tagen nach den bereits in Teil 1 besprochenen Scheiben herauskommt. Aber seis drum.

Die "Tales ... ", erscheinen in einer Prachtausgabe, sind ein kleines Zuckerstückerl des Genres symphonischer Rock. Parsons und sein Kompagnon Eric Woolfson konnten für die aufwendige Produktion nach Erzählungen von Edgar Allan Poe den damals noch relativ unbekannten Dirigenten Andrew Powell gewinnen, der ein gewaltiges Orchester um sich scharte.

Für die Leadstimmen engagierten sie Leute, die besser singen konnten als sie, die Masterminds des "Project": In "The Cask Of Amontillado" und "Doctor Tarr And Professor Fether" ist John Miles zu hören, dessen einziger Soloerfolg "Music", besser bekannt unter "Music Was My First Love", aus 1976 erst durch Parsons Fummelei an den Reglern des Mischpults den richtigen Hitschliff erhalten hatte. Bei "The Tell-Tale Heart" kommt Arthur Brown zum Zuge, der als Mittelpunkt der Crazy World of Arthur Brown mit seinem schrägen "Fire" 1968 einen Hit gelandet hatte. "To One In Paradise" singt Terry Sylvester, zu jener Zeit Gitarrist und Sänger bei den Hollies und davor bei den Swinging Blue Jeans. Im Unterschied zum Vinylalbum sind jetzt auch die vom großen Orson Welles gesprochenen Auszüge aus Poes Texten zu hören.

Zentrum des Albums ist die fünfteilige Instrumental-Suite über den Untergang des Hauses Usher, das eine verdächtige Nähe zu Claude Debussys Opernfragment über dasselbe Thema aufweist. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb: "Tales of Mystery and Imagination" ein Album not to be missed!

Dies gilt auch für "Out Of The Blue" und "Balance Of Power" vom Electric Light Orchestra. Die gleichfalls einem digitalen Facelifting unterzogenen CDs, von denen erstere aus Anlass ihres 30sten Jubiläums erschien, vervollständigen die vor Jahren begonnene Ausgabe der Platten dieser einzigartigen Band auf Compact Disc. "Out Of The Blue" aus 1977 war glücklicherweise noch nicht vom Disco-Virus späterer Scheiben infiziert. Hier gelingt die Symbiose zwischen klassischen Streichern und Rock and Roll noch in einer Weise, wie dies bei der Gründung der Truppe sechs Jahre zuvor der Fall war.

Sicher: Jeff Lynne, der Kopf der Band, hat es nie geschafft, seine Beatlesvorbilder zu übertreffen, aber er war immer bannig dicht dran. Lynne, unermüdlicher Tüftler zwischen Rockabilly-Gitarre, Synthesizer und Cello, hat es mit seinem Talent später sogar geschafft, zum Produzenten von George Harrison zu werden und die Beatlessongs "Free As A Bird" und "Real Love" fertig zu stellen. werden. Wer "Out Of The Blue" hört, versteht warum. "Balance Of Power" erschien erstmalig 1986. Da war schon nichts mehr zu vernehmen vom Gründungsanspruch, keine Streicher, und wenns so klingt, ists ein elektronisch erzeugter Klang. Selbst der unvermeidliche Rockabillysong, der auf einigen ELO-Platten stets einen Höhepunkt darstellt, bleibt mit dem Keyboardgezirpse im Hintergrund erstaunlich flach. Zwar gelangt Master Jeff mit der Singleauskopplung "Calling America" noch ein beachtlicher Charterfolg, aber der Saft war ‚raus. "Balance Of Power" war dann auch der Grund, das elektrische Lichtorchester aufzulösen. Erst 2001 sollte bei einer Band-Reunion mit "Zoom" ein weiteres ELO-Oeuvre erscheinen.

Gleichwohl: Wenn Sie schon dabei sind, sich comme moi - alles zweimal zu kaufen, dann sollte es Ihnen bei "Balance Of Power" nicht mehr darauf ankommen. Chronistenpflicht, sozusagen. Umso mehr, als "Balance Of Power" immerhin einer von ELOs 28 (in Worten: achtundzwanzig) Singlehits war. Womit wir wieder beim Thema "Zweimal kaufen" wären: Zweimal stimmt auch in diesem Fall nicht: Denn bei wie es bei den "Tales" eine Zugabe in Gestalt einer zweiten CD mit Welles-Sprüchen und mehr gibt, so hat es auch bei den beiden Elf-Scheiben ein paar Bonustracks, die bislang nicht oder nur als B-Seiten von Vinylsingles erschienen waren.

Bleibt die Frage, warum man sich die "Best Of ..."-CD von Bruce Springsteen zum zweiten Mal zulegen sollte. Antwort: Man sollte nicht, wenn man das erstmals 1995 erschienene Album bereits im Schrank hat. Doch halt: Vielleicht ist man ein so großer Bruciefan, dass man sich sagt, irgendwie muss die Plattenfirma dem Mann ja die überhöhten Gelder bezahlen, die man ihm jüngst bei einem finanziell fatalen Vertrag zugestanden hatte. O.K. Oder wir kaufen das Ding, weils so preiswert ist. Denn: das Beste von dem Mann, von dem man meint, er würde dereinst den Rock and Roll des 21. Jahrhunderts spielen, gibts itzo eine CD in einer "Disc Box Slider"-Verpackung. Die ist nur noch bis Ende April erhältlich, drum hats einen gewissen Sammlerwert. Und dann ist die Emaballage sehr umweltfreundlich. Also: Das "Best Of ..." von Bruce Springsteen zu kaufen, bedeutet folglich auch, die Umwelt zu retten und sich nebenhehr noch einen wundervollen Klang in den Schrank zu stellen. Den man zwar schon hat, aber nicht so ökologisch, und überhaupt.

Die Moral von der Geschicht': Zweimal ist eben nicht zweimal. Zumindest ausnahmsweise.

Manfred Bleskin

Electric Light Orchestra: "Out Of The Blue, CD, Sony BMG Epic Legacy; "Balance Of Power CD, Sony BMG Epic Legacy
Bruce Springsteen: "Greatest Hits, Sony BMG Columbia
The Alan Parsons Project: "Tales of Mystery And Imagination, 2CD, Universal Music

Quelle: ntv.de

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