Großer Komponist auf kalifornisch Brian Wilson interpretiert George Gershwin
25.09.2010, 06:00 Uhr
Früher ein Beach Boy, heute auf den Spuren großer Komponisten: Brian Wilson.
(Foto: picture alliance / dpa)
George Gershwin war zweifellos einer der größten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Eine bisher nicht dagewesene Sicht präsentiert der Ex-Beach Boy Brian Wilson mit seiner neuen CD.
Schon bei den ersten Tönen kommt die Erinnerung an jenes Album auf, das die Beatles zu ihrem Jahrhundertwerk "Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band" inspirierte: Faszinierender Falsettgesang, wie ihn wohl nur ein Ex-Beach Boy hinbekommt. Bittschön: Mit Unterstützung eines brillanten Chores aus Damen und Herren, die sich bemühen, den Stimmen der Wilson-Brüder Carl und Dennis nebst Al Jardine, Mike Love und Bruce Johnston das Pazifikwasser zu reichen. Das gelingt dem Chorus diesmal besser als jenem, der Master Brian bei dem gleichwohl beeindruckenden Album "Smile" unter die Stimmbänder griff. Und so kommt auch das Mastermind der oberflächlich als Teenieband abgetanen Band besser durch die Kurven des hohen C als auf "Smile". Man bedenke: Der Mann hat immerhin fast 67 Lenze gesehen. Die Musik müsse das Denken und die Inspirationen der Menschen und der Zeit widerspiegeln, zitiert das Begleitheftchen George Gershwin. Nach eben dieser Maxime handelt Brian Wilson.

Die CD reflektiert eine bislang nicht dagewesene Sicht auf die Musik eines der größten Komponisten des 20. Jahrhunderts, der George Gershwin zweifellos war. Eine kalifornische Sicht, die komplizierten Satzgesang symbiotisch mit den rhythmischen Strukturen der zwanziger und dreißiger Jahre verbindet. Der Aufbau erinnert an ein Konzeptalbum: Es beginnt mit einem Anklang an "Rhapsody In Blue" und endet mit einer Reprise desselben Stücks, ähnlich den Beatles auf "Sgt. Pepper’s". Dann folgen so fundamentale Gershwin-Kompositionen wie "Summertime", an dem sich schon so manche Band in den Sixties versucht hatte; die Zombies zum Beispiel, dessen einstiger Sänger Colin Blunstone ein halbes Jahrhundert später ganz sicher etwas neidisch auf den Kollegen blickt. "S’wonderful", "Ain’t Necessarily So", das Anfang der Achtziger zu einem Achtungserfolg der Synthieband Bronski Beat wurde, und andere.
Ja, und da ist dann noch diese umwerfende Interpretation von "I Got Rhythm". Es beginnt mit dem Fetzen eines der bekanntesten Streichersätze aus der "Rhapsody", das wie ein Gitarrenriff wirkt, dann setzt eine wummernde E-Gitarre ein, und aus dem Gershwin-Stück wird endgültig eine Nummer der – leider nicht mehr zusammen spielenden - Beach Boys. Zum Schluss flicht Brian eine Sequenz aus dem Beach-Boys-Songs "Farmer’s Daughter" ein, den er gemeinsam mit seinem damaligen Kumpel Mike Love geschrieben hatte.
Reminiszenz oder Ausblick? Wie auch immer: Der "Rolling Stone" muss seine Liste der 500 besten Alben aller Zeiten ergänzen. "Pet Sounds" steht da an zweiter Stelle. Denn jetzt gibt es "Pet Sounds Vol. II".
"Brian Wilson Reimagines Gershwin", CD, Walt Disney Records EMI
Quelle: ntv.de