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Protokoll eines Selbstversuchs Brot, Schuhe, Zahnpasta selbst machen

Do it yourself, das klingt nach einer Mischung aus pädagogischem Konzept und Selbsthilfegruppe. Doch das Selbermachen kommt wieder in Mode. Im Internet werden Rezepte und Anleitungen ausgetauscht und beeindruckende Produkte vorgezeigt. Wie wäre es, wenn man tatsächlich ein Jahr lang selbst macht, was man kann? Für Klingner ist es ein Abenteuer geworden.

Das Buch weckt die Lust am Selbermachen.

Das Buch weckt die Lust am Selbermachen.

(Foto: Andrea Kusajda / pixelio.de)

In unserer schönen Konsum-Warenwelt müsste man überhaupt nichts selbst machen. Es gibt alles fix und fertig im Laden. Marmelade, Brot, warme Schals und Socken, Obst und Gemüse, Zahnpasta, Schuhe, Möbel – alles rein in den Korb und ab nach Hause damit. So funktioniert das für die meisten. Doch die Zahl derjenigen, die ihre Marmelade selbst kochen möchten und ihre Socken selbst stricken, obwohl das total unökonomisch ist, wächst.

Das merkt auch Susanne Klingner. Plötzlich fällt sie das Gefühl an, dass sie nach einem Tag am Computer zwar etwas geschafft, aber nichts davon in der Hand hat. Außerdem beschleicht sie das Gefühl, dass es abends und am Wochenende sehr wohl Zeit gibt, die sie dafür nutzen könnte, um mal wieder etwas selber zu machen.

Je länger Klingner diese Gedanken hin und her wälzt, desto mehr Lust bekommt sie, die Hände nicht länger in den Schoß zu legen. Schließlich entscheidet sie sich, ein Jahr lang alle Dinge selbst zu machen, die sie selbst machen kann. Dazu gehört es auch, Neues auszuprobieren, manches 365 Tage durchzuziehen und sich helfen zu lassen. Nur einen Notausgang lässt sich Klingner: Dinge, die sie unglücklich machen, darf sie sein lassen. Aus den Erfahrungen dieses Jahres ist das Buch "Hab ich selbst gemacht – 365 Tage, 2 Hände, 66 Projekte" entstanden.

Das Projekt Hose scheitert

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Klingner verbringt den ersten Tag ihres Projektes damit, eine Liste all der Dinge zu machen, die sie benutzt oder isst, um herauszufinden, was sich davon selbst herstellen ließe. Am Ende setzt sie davon erstaunlich viele um. Sie macht sich selbst Schuhe, näht sich ein Abendkleid, bäckt ihr Brot selber, sie siedet Seife und mixt Zahnpasta, sie legt einen Garten an. Nicht alles macht ihr Spaß, nicht alles gelingt, beispielsweise backt die gebürtige Berlinerin in München Krapfen, aber nur ein einziges Mal. Denn auch wenn die Gastgeber von der Ankündigung selbst gebackener Krapfen begeistert sind, machen die Teigteilchen eine Menge Arbeit und überzeugen am Ende doch nicht so recht.

Anders sieht es beim Brot aus. Frisches und selbst gebackenes Brot aus eigener Produktion gehört schon bald zum Alltag und schlägt nach einigen Versuchen sogar geschmacklich das der Öko-Lieblingsbäckerei. Auch mit dem Nähen ist das so eine Sache, eigentlich hat Klingner durch ihre Mutter, die Näherin ist, fundierte Vorkenntnisse. Und tatsächlich näht sie sich für eine Preisverleihung ein Abendkleid. Am Projekt Hose scheitert sie jedoch kläglich, obwohl sie sich zuvor extra ein Bügel-Ärmelbrett gebaut hat.

Dabei kann sie nicht nur auf Vorwissen zurückgreifen, sondern auch noch Leute fragen, die alles Mögliche wissen. Nicht nur ihre Mutter, auch die Mutter ihres Liebsten kann echtes Fachwissen anbieten. Und selbst Klingner wird sehr schnell zur Lehrerin, denn ihre beste Freundin will schon ewig stricken und kann es nicht. Es ist eine hübsche Randnotiz, dass die Freundin in einen regelrechten Strickrausch gerät und schon bald Muster abliefert, von denen die einstige Lehrerin nur träumen kann.

Mal wieder die Stricknadeln rausholen

Klingner beschreibt das sehr vergnüglich und gibt, wo immer sich die Chance ergibt, auch die von ihr erfolgreich getesteten Rezepte gern weiter. Dabei ist sie weit entfernt davon, in ihrem eigenen Saft zu schmoren. Denn ausgerechnet das Internet ist der Tummelplatz der Menschen, die ihre Hände zum Selbermachen nutzen. In zahlreichen Blogs zeigen sie nicht nur, was sie gemacht haben, viele erklären auch das Wie und verkaufen ihr Produkte. Mit einigen von ihnen kommt Klingner ins Gespräch über die Freude, etwas allein gemacht zu haben und nun zu benutzen. Da werden auch Ideen ausgetauscht, die nur auf den ersten Blick vielleicht etwas absurd wirken, beispielsweise selbst genähte Mehrfachwindeln oder Monatsbinden.

Vieles von dem, was Klingner macht, ist vielleicht selbst gekauft billiger. Aber durchaus nicht alles. Und die Freude an einem gelungenen Projekt ist unbezahlbar, davon können nicht nur Baumärkte ein Lied singen. So bleibt nach der letzten Seite ein beschwingtes Gefühl und es meldet sich die Lust, doch wenigstens die Stricknadeln wieder herauszuholen.

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Quelle: ntv.de

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