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Wissenswertes zu den Fab Four Das Beatles-Lexikon

Kann man über die Beatles noch Wissenswertes vermitteln, nachdem unzählige Konvolute über die größte Rock'n'Roll-Band der Welt oder - bittschön - die Band des (vergangenen) Jahrtausends, wie der Autor nur allzu Recht schreibt, verfasst wurden? Man kann. Sollte man? Ja, man sollte. Ein jeder, der wie Rainer Bratfisch mit John, Paul, George und Ringo aufgewachsen ist, hat seine eigene Sicht. Eine solche vermittelt er durch die Auswahl der unzähligen Fakten und Nichtfakten, die er in einer unglaublichen Akribie zusammengetragen hat. Weit mehr als 1.700 Stichwörter.

Fangen wir mal mit der kritischen Kritik an. Ist ja nicht bös' gemeint und dient nur der vom Verfasser selbst gewünschten Korrektur oder Ergänzung: Bratfisch warnt im Vorwort, dass Beatles-Forschern immer wieder Fehler unterlaufen, wovor auch er nicht gefeit wäre. Erare humanum est, das wissen wir. Also: Das Ballett "All the lonely People", von dem auf Seite 23 die Rede ist, wurde nicht nach einer Zeile aus "She's Leaving Home" so benannt. "All the lonely people" stammt aus "Eleanor Rigby".

"The Inner Light" ist nicht "der erste George-Harrison-Song, der auf einer Single erschien" (S. 312), sondern der erste Titel aus dessen Feder auf einer 45er-Scheibe. Der erste von George Harrison gesungene Song auf Single heißt "Do You Want To Know A Secret" und wurde in den USA veröffentlicht. Und einen Beatles-Song namens "Hold On Tight", der von den Shirelles beeinflusst sein soll (S. 586), gibt es nicht. Sicher meint der Autor "Hold Me Tight".

Zu Del Shannon sei angefügt, dass er "From Me To You" nicht nur coverte. Seine Version war auch die erste Lennon/McCartney-Komposition, die in der US-Hitparade landete, und zwar auf Platz 77 der Billboard-Charts im Sommer 1963, ein halbes Jahr vor deren Durchbruch mit "I Want to Hold Your Hand".

So, Schluss mit dem Herumkritteln. Lobenswert ist in jedem Fall die erwähnte Sicht Bratfischs auf das Phänomen Beatles, das für ihn eben nicht am "Eisernen Vorhang" endet. So erwähnt er - z.B. -, dass das Rundfunktanzorchester Berlin eine Version von "A Hard Day's Night" aufgenommen hat, oder, dass die als Amigos verkleidete DDR-Band Hemmann-Quintett eine (nebenbei bemerkt unsägliche) Fassung von "Komm, gib mir Deine Hand" aufnahmen. Sicher: musikalisch unbedeutend, aber erwähnenswert.

Darüber hinaus ist es die schier erschlagende Fülle von Details, die Rainer Bratfisch zusammenstellt. Informationen zu jedem Song, jeder Langspielplatte, jedem Film, (fast) jedem Bootleg. Keine noch so klitzekleine Coverband fehlt, kein Mitspieler bei einer Aufnahme. Komische Begebenheiten, ernste Probleme, nichts wird ausgelassen. Sehr nützlich die Querverweise ins weltweite Netz.

Es gibt ja Beatles-Fans, die deren Story mit dem Bruch 1970 für beendet erklären. Bratfisch gehört nicht dazu. Die Solokarrieren werden jedes Mal in extenso beschrieben, und man spürt, dass der Autor diese als Fortsetzung der Fab Four, viermal Fab One sozusagen, begreift. Sehr schön auch die Fotos von Rainer Schwanke, die während der Beatles-Tournee 1966 in München entstanden, die in der ersten Ausgabe des Lexikons noch fehlten.

Kurzum: Ein Beatles-Fan ohne das Bratfischsche Ouevre im Bücherregal ist einfach kein Beatles-Fan.

Manfred Bleskin

Bratfisch, Rainer: Das Beatles-Lexikon, Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin 2007, 752 S., 14,90 Euro

Quelle: ntv.de

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