Offenbar und unsichtbar Das Geheimnis des Schicksals
24.10.2010, 08:27 Uhr
Paul Auster erntet entweder große Begeisterung oder große Ablehnung, dazwischen gibt es nicht viel.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Adam Walker ist 1967 das, was man einen vielversprechenden Studenten nennt. Er ist im zweiten Jahr an der Columbia-Universität, hochgewachsen, gutaussehend, auf eine anziehende Weise schüchtern und mit dem festen Plan unterwegs, eines Tages ein Dichter zu sein.
Auf einer Party, deren Besuch ihm noch im Rückblick nach Jahrzehnten unverständlich erscheint, lernt er Rudolf Born kennen, einen Franzosen, der über erhebliche finanzielle Mittel zu verfügen scheint, und seine Freundin Margot. Was als Partybekanntschaft beginnt, erweist sich als höchst verhängnisvolle Begegnung. Denn Born verlockt Walker zwar zur Gründung einer Literaturzeitschrift, nötigt ihm aber gleichzeitig eine vertrackte Beziehung zu Margot auf. Bei einem gemeinsamen nächtlichen Spaziergang mit Born kommt es zur Katastrophe. Born erweist sich als gewissenloser Mörder an einem Kleinkriminellen. Und Walker fühlt eine Schuld, die er für den Rest seines Lebens nicht wieder los wird.

Austers Buch ist bei Rowohlt erschienen und kostet 19,95 Euro.
Paul Auster erweist sich wieder einmal als meisterhafter Erzähler. Mit Zynismus und Naivität, heftiger Begierde und brutalem Tod, bizarren Figurenkonstellationen und abenteuerlichen Wendungen jagt er seine Figuren durch "Unsichtbar". Was sich zunächst nur schwer erschließt, scheint schließlich komplett schlüssig, um am Ende nur umso zweifelhafter zu wirken.
Auster spielt mit den Erwartungen des Lesers, sein alter Ego Walker ist einerseits sympathisch, dann aber immer tragischer. Seine Geschichte erzählt viel über die 68er Generation, ihre Träume, ihre Tabus, aber auch ihre tatsächlichen Leben. Hinter all den Mythen scheint sich immer eine neue Wahrheit zu verbergen. Trotz der wechselnden Erzählperspektiven und der manchmal gewagten Entwicklungen ein höchst gelungener Versuch, "Weisheit und Wissen, Torheit und Unverstand zu duchschauen".
Quelle: ntv.de