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Neu aufpoliert Die Beatles der Zukunft

Das Datum markiert das popmusikalische Ereignis des Jahres. Das am 09.09.09 veröffentlichte, digital überarbeitete Komplettwerk der Beatles erlaubt einen völlig neuen Blick auf die vier Jungs aus Liverpool.

Rund 40 Jahre nachdem die Beatles ihre letzte Musik aufnahmen, erschien ihr gesamtes Werkjetzt digital überarbeitet.

Rund 40 Jahre nachdem die Beatles ihre letzte Musik aufnahmen, erschien ihr gesamtes Werkjetzt digital überarbeitet.

(Foto: AP)

Als sie zu Beginn der sechziger Jahre von der Merseyside an die Elbe aufbrachen hatten die Beatles keine Ahnung, dass sie kurze Zeit später die Welt auf den Kopf stellen sollten. Zunächst die musikalische. In dem Maße aber wie ihre Songs komplexer wurden, sandten John, Paul, George und Ringo auch eine politische Botschaft aus. "Revolution" und "All You Need Is Love" sind die markantesten Beispiele der Einsicht, dass sie noch mehr konnten als US-amerikanischen Rock and Roll kongenial neu zu interpretieren.

Die deutschen Teenager von damals haben die Fab Four je nach Wohnsitz entweder über rauschende Mittelwellen nebst einiger weniger in der DDR erschienene Platten respektive klare Ultrakurzwellen und überquellende Musikgeschäfte kennengelernt. Die Faszination war die gleiche. Eine völlig neue Wirkung geht von der jetzt vorliegenden Ausgabe aus. Es ist jene Wirkung, die die neuen, künftigen Generationen von Beatlesfans spüren werden. Denn sie lernen die Band nur noch über diese Versionen kennen. Es sei denn, wir bieten ihnen über unsere Vinylsammlung oder deren 1987er CD-Alternativen noch einmal den "Vorher-Nachher-Effekt".

Alte Alben, neuer Sound

Die CDs erschienen weltweit am 09.09.09.

Die CDs erschienen weltweit am 09.09.09.

(Foto: dpa)

Die 16 CDs der 14 Alben – will heißen die dreizehn U.K.-Alben nebst "Past Masters Vols. I & II" mit den Singles und EPs sowie der für den World Wild Life Fund produzierten psychedelischen Fassung von "Across The Universe" – lassen die Beatles erklingen, wie wir sie noch nie gehört haben. Doch genauso wurden sie aufgenommen. Da wurde nicht einfach neu abgemischt oder geremixt. Acht Tontechniker haben in vier Jahren mühseliger und akribischer Arbeit "nur" das herausgefiltert, was die Meister damals gespielt hatten, aber unter der Käseglocke heute veralteter Aufnahmetechniken nicht zu Gehör kam. Alles klingt klarer, dynamischer, eindringlicher.

Die Beatles waren ihren Zeitgenossen immer einen Riesenschritt voraus. Ernsthafte Populärmusik muss sich seither wohl oder übel an deren Genius messen lassen. Sicher: Ohne das "Pet Sounds"-Konzeptalbum der Beach Boys aus Kalifornien wäre den Nordengländern vielleicht nicht die Idee zu "Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band" gekommen. Ohne Gene Clark von den Byrds hätte George Harrison möglicherweise nicht die indische Sitar entdeckt. Aber die Beatles haben Anregungen so umgesetzt, dass George Harrison Riff in "Roll Over Beethoven" perfekter klingt als es Komponist Chuck Berry je hinbekommen hat. "Twist And Shout", im Original von den Isley Brothers aufgenommen, wird mit John Lennons Brüllgesang zum Urschrei des Rock and Roll.

Eine wichtige Rolle hat unbestritten der Klassik erfahrene Produzent George Martin gespielt. Doch der zeichnete auch für Billy J. Kramer and The Dakotas und Gerry and The Pacemakers verantwortlich. Beide Formationen kamen über den Merseysound nicht hinaus. Allein bei den Beatles fiel Martins Kreativität auf so fruchtbaren Boden, dass er den Rahmen alles bis dato Dagewesenen sprengte.

Auf den Spuren der Pilzköpfe

Wer immer noch zweifelt, sollte sich "A Day In The Live" anhören, das in der jetzt vorliegenden Fassung Vergleiche mit Mozarts "Requiem" oder Händels Chor "Jauchzet, frohlocket" aus dem Weihnachtsoratorium noch weniger zu scheuen brauch als in der 1967 erschienen Version. Die Beatles waren sich ihrer Bedeutung schon damals durchaus bewusst. Paul McCartney beschreibt in der als Quick-Time-Datei an "Abbey Road" angehängten Minidokumentation, ihnen sei die Idee gekommen, die Songfragmente der zweiten Seite der Scheibe von "Because" bis "Her Majesty" wie eine Oper zusammenzufügen.

Gleichzeitig kam mit "The Beatles Rock Band" ein neues Computerspiel auf den Markt.

Gleichzeitig kam mit "The Beatles Rock Band" ein neues Computerspiel auf den Markt.

(Foto: REUTERS)

Eine solche Dokumentation findet sich am Ende eines jeden der dreizehn in Stereo veröffentlichten Studioalben: Einblicke in die Entstehungsgeschichte der Platten, aber auch respektloser Studiotalk, der zeigt, dass die Beatles selbst unter dem Damoklesschwert des bevorstehenden Bruchs unbändige Freude am Musizieren hatten. Für die ganz Verrückten unter uns gibt es nicht nur die prachtvolle Stereo-Box mit einer DVD dazu oder ein jedes der Alben in Stereo einzeln, sondern auch – gleichfalls digital bearbeitete - Monoabmischungen – natürlich nur die zehn ursprünglich in Mono abgemischten Alben, wobei die in Stereo aufgenommenen Alben "Abbey Road" und "Let It Be" naturgemäß fehlen. Leider sind die Monoalben nicht einzeln, sondern nur als Box zu haben. Apropos: haben. Das Ganze ist nicht gerade billig. Aber wie hieß es dereinst: "Es war schon immer etwas teurer, einen guten Geschmack zu haben".

Quelle: ntv.de

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