Champagner und Mineralwasser Engadin, das Tal der Vielfalt
25.03.2012, 12:31 Uhr
Segantini-Hütte am Rosegtal.
(Foto: Markus Aebischer)
Engadin, das Schweizer Hochtal im Kanton Graubünden, ist eine Region voller faszinierender Gegensätze - sanft und schroff, ursprünglich und touristisch. Der Südostzipfel der Schweiz ragt in die Nachbarländer Österreich und Italien hinein. Er ist arm an Bodenschätzen, aber reich an so ziemlich allem anderen.
Das Engadin ist eine ganz erstaunliche Landschaft - zuallererst ist es ein Tal, aber kein Tal tief unten, sondern ein Hochtal. Es erstreckt sich im Schweizer Kanton Graubünden am Inn entlang und vereint solch gegensätzliche Regionen wie den schroffen, rauen Unterengadin und den schon mediterran geprägten Oberengadin mit den sanfteren, runderen, lieblicheren Formen.
Kürzlich wurde im Engadin ein Kälterekord aufgestellt - in Samedan fiel die Temperatur Anfang Februar auf minus 35,1 Grad, das ist die tiefste Temperatur dieses Winters in bewohnten Gebieten der Schweiz - in anderen Teilen der Region hingegen ist das Klima so mild, dass Feigen und Olivenbäume wachsen - und die Kräuter für ein berühmtes Exportprodukt der Schweiz: den "Ricola Schweizer Kräuterzucker". Friedrich Nietzsche, der sich lange im Engadin aufhielt - er verbrachte in den Jahren 1881 bis 1888 die Sommermonate in Sils Maria - stellte so auch fest: "Hier kommen Italien und Finnland zusammen."
Champagnerklima und Mineralwasserweg
Im Engadin finden sich Orte, die durch ihre lange Abgeschiedenheit von der Außenwelt ihre Ursprünglichkeit bewahrt haben - in St. Moritz hingegen tobt der Jetset, treffen sich die feinen Leute. Sogar das Wetter passt sich dem an - das kühle, erfrischende, trockene, sonnige Klima hier wird gern mit "Champagnerklima" betitelt. St. Moritz schmückt sich zudem mit etwa 320 Sonnentagen im Jahr.
Hier fließt "Wasser für drei Meere": durch die sogenannte Dreiwasserscheide geht es von hier in Richtung Nordsee, Schwarzes Meer und Mittelmeer. Wasser gibt es im Engadin mehr als reichlich – man könnte sagen, der einzige Bodenschatz der Region, da sie sonst eher rohstoffarm ist. Für eine ganze Seenplatte hat es gereicht, bestehend aus Silser-, Silvaplaner-, Champfèrersee und St. Moritzsee. Im 19. Jahrhundert profitierte die Gegend vom sich etwa ab 1850 entwickelnden Bädertourismus - hier traf sich der Adel und das reiche Bürgertum und brachte Geld in die Region. Mit dem medizinische Fortschritt verloren die Bäderkuren an Bedeutung, aber auch heute noch wird das Wasser als Mineralwasser abgefüllt und importiert und für Wanderer und Radwanderer gibt es einen "Mineralwasserweg".
Sprachliche Besonderheit
Eine andere interessante Besonderheit der Region: hier wird Rätoromanisch (auch Bündnerromanisch genannt) gesprochen. Mit mit vielen Unterdialekten wird diese vierte Sprache der Schweiz, neben deutsch, italienisch und französisch, noch von einigen zehntausend Menschen benutzt. (In der Gegend um Poschiavo spricht man allerdings italienisch).
Gletscher, Seen, schroffe Berggipfel, teppichartig blühende Alpenrosen: Der weiten Landschaft und den vielen Facetten des Engadin werden wohl nur Panoramafotos gerecht - diese samt Begleittext finden sich im Band "Engadin" der Edition Panorama. Der Text ist in vier Sprachen (deutsch, englisch, französisch, italienisch) verfasst und nach einer kurzen Einführung in drei Kapitel gegliedert. In ihnen geht es detaillierter um Engadin im Ganzen, um "St. Moritz, die Wiege der weißen Winterferien" und um "Samedan und Jürgen Jenatsch". Beide Orte - St. Moritz und Samedan - liegen im Zentrum des Engadin/Oberengadin nah beieinander.
Kein Postkarten-Kitsch
Zwischen die einzelnen Kapitel sind Bilderblöcke gesetzt. Sie zeigen eine Region, die zu jeder Jahreszeit reizvoll ist, nur immer auf andere Art: der erste Schnee, tiefer Winter, blühende Wiesen, feurigrote Herbstfärbung ... Hauptsächlich werden Landschaften abgebildet, Einblicke ins Innere der Häuser sind selten. Auffällig bei den Aufnahmen: sie sehen meist, mit wenigen Ausnahmen, sehr lebensecht und realistisch aus, nicht postkartenkitschig und geschönt wie häufig in Fotobänden. Die Bildunterschriften sind recht knapp gehalten, in der Art von "Tarasp zur späten Abendstunde". Generell findet sich nicht viel erklärender Text im "Engadin"-Band. Die Aufnahmen sprechen jedoch für sich und machen Lust, sich vor Ort selber ein Bild zu machen.
Der Band "Engadin" ist bei Edition Panorama erschienen, im Format 40 x 30 cm mit 160 Seiten und 65 Fotografien. Preis: 48 Euro
Quelle: ntv.de