Abrechnung mit den Hedgefondsherren Funny van Dannen wird politisch
28.08.2009, 10:35 UhrFunny van Dannen ist wohl einer der lustigsten Liedermacher Deutschlands. Für sein neues Album "Saharasand" zückt er die "Katzenpissepistole" und beweist sich wieder mal als begnadeter Handwerker und Künstler.
Funny van Dannen hat trotz politischer Texte die Branche nicht gewechselt.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die Toten Hosen verdanken ihm ihren "Bayern"-Hit, auch Udo Lindenberg wusste schon seine Dienste zu schätzen. Doch ein Mann für die breite Masse wird Funny van Dannen wohl nie - zu skurril, wahnwitzig und teilweise verwirrend sind die Songs des Liedermachers. Daran wird auch "Saharasand" nichts ändern, das elfte Album des künstlerischen Tausendsassas, das seit dem 28. August in den Läden steht.
Mit seinem Nischendasein als Kritikerliebling, der von einer überschaubaren, aber treuen Fangemeinde verehrt wird, hat der sympathische Wahl-Berliner längst seinen Frieden gemacht. Zumal ihm die Anerkennung von Branchengrößen wie den Toten Hosen, die seit zehn Jahren seine Songschreiber-Qualitäten in Anspruch nehmen, gewiss ist. "Ich hätte nichts gegen einen Hit gehabt, aber meine Lieder passen vom Format nicht ins Radio", sagt van Dannen.
Nicht nur ein "Spaßbolzen"
Dies gilt auch für die 21 Songs der Studioplatte "Saharasand", auf der van Dannen wieder sprachlich virtuos die für ihn "fließenden Grenzen" zwischen Ernsthaftigkeit und Humor auslotet. So unternimmt der 51-Jährige im Eröffnungs-Track "Katzenpissepistole" einen humoristischen Rachefeldzug, bei dem er ganz verschiedene Gruppen ins Visier nimmt - Charityladies, Parteien, Hedgefondsherren, Banker, Nazis und Kriegsprofiteure werden zum Opfer seiner Attacke: "Ich bin da, wo sie sich zuprosten und wenn sie sagen zum Wohle, dann schlag ich zu, dann schieße ich, mit meiner Katzenpissepistole!"
Das Multitalent - van Dannen ist auch als Maler und Schriftsteller ("Oft befruchtet sich das gegenseitig") tätig - macht auf dem neuen Album keinen Hehl aus seiner Unzufriedenheit mit dem politischen und gesellschaftlichen Ist-Zustand. "Der politische Liedermacher gehört bei mir dazu", betont der gelernte Werbegrafiker. Trotz seiner teilweise wahnwitzigen Wortakrobatik versteht sich van Dannen nicht als "Spaßbolzen". "Das zielt fast immer auf einen ernsten Kern", sagt der vierfache Familienvater, der sich zu den meisten Stücken selbst auf der akustischen Gitarre begleitet.
"Begnadetester Seelenfänger"
Diesmal nimmt der Musiker und Dichter - von der Wochenzeitung "Die Zeit" einmal gerühmt als der "begnadeteste Seelenfänger, den wir haben" - vor allem die Auswüchse der Banken- und Wirtschaftskrise auf die Schippe. So wird im Song "29 Marienkäfer" auch das Handeln der Bundesregierung kritisch hinterfragt, wenn es heißt: "Jetzt spielt der Staat den Bürgen, wird er sich mit den eigenen Händen erwürgen?" Damit wolle er, sagt van Dannen, das "latent vorhandene Gefühl" seiner Generation ausdrücken, "dass das gesamte Wirtschaftssystem auf der Kippe steht".
Der 1958 in Tüddern nahe der niederländischen Grenze geborene Künstler ist aber trotz aller Zeitkritik nicht ins ernsthafte Fach gewechselt. Auch auf "Saharasand" finden sich die für ihn typischen Nonsens-Stücke. Mal schaut er in "Pflanzendisco" den Pflanzen beim Tanzen zu, mal ist der "Samenstau" an fast allem Schuld, und mal ertappt er seine Freundin beim Fremdgehen, als er ihr gerade ein "Simpsons-Plakat" schenken will.
Den eigenen Berufsstand nimmt er in "Katzenpissepistole" aufs Korn. "Mir sind Leute etwas suspekt, die den Begriff 'Künstler' vor sich hertragen. Künstler ist man nur in sehr guten Momenten, der Rest ist Handwerk", sagt van Dannen. Er selbst hat beides zu bieten.
Quelle: ntv.de, Benjamin Haller, dpa