Klassisch und romantisch Jonas Kaufmanns "Sehnsucht"
19.05.2009, 19:20 Uhr Ein wohlklingender Name reiht sich da an den anderen: Mozart, Beethoven, Schubert, Wagner. Und Kaufmann. Jonas Kaufmann. Auf seinem zweiten Album "Sehnsucht" widmet sich Kaufmann ausschließlich dem deutschen Fach.
Im internationalen Klassikgeschäft ist der Münchner Jonas Kaufmann schon lange bekannt, wenngleich er seine Triumphe auch vorwiegend auf Deutschland-fernen Bühnen feierte: London, Zürich, New York, Brüssel, Salzburg, Wien, Mailand, Chicago und Paris wurden zu wichtigen Stationen seiner bisherigen Karriere.
Doch erst die exklusive Verpflichtung des Tenors durch das Klassiklabel Decca vor zwei Jahren ließ Kaufmanns Karriere und Popularität auch im heimatlichen Deutschland buchstäblich explodieren.
Apropos explodieren: Ein gefüllter Terminkalender ist für den jungen Künstler nicht ungewöhnlich. Sein zweites Album "Sehnsucht" erscheint am 22. Mai; schon einen Tag später ist er anlässlich eines feierlichen Konzertes zum 60. Jahrestag des Grundgesetzes am 23. Mai am Brandenburger Tor live zu erleben.
Back to the Roots
Jonas Kaufmann hat international Triumphe in den verschiedensten Rollen gefeiert. Aber als deutscher Tenor fühlt er sich natürlich besonders mit Werken in seiner Muttersprache verbunden. Nach seinem Debüt bei Decca mit bekannten Arien in den drei wichtigsten Opernsprachen kehrt Kaufmann nun, musikalisch gesprochen, nach Hause zurück.
"Diese erste CD war meine Visitenkarte", meint Kaufmann. Nun ist er bereit, sich auf bestimmte Repertoirebereiche zu konzentrieren, wobei ihm seine Heimat dabei als logischer Beginn erscheint. "Das war mein erstes Ziel bei dieser Aufnahme. Mit diesem Repertoire bin ich aufgewachsen, es hat mich seit der Zeit meiner ersten musikalischen Erinnerungen begleitet, ja man kann sagen, es steckt in meinen Genen!"
Besondere Bedeutung kommt dabei den Ausschnitten aus Richard Wagners "Lohengrin" zu, einer Partie, mit welcher Kaufmann bei der Eröffnungspremiere der Opernfestspiele seiner Heimatstadt München am 5. Juli 2009 sein mit Spannung erwartetes Rollendebüt gibt. Und schon jetzt zollt man ihm Vorschuss-Lorbeeren als einer Idealbesetzung für diese anspruchsvolle Partie.
Claudio Abbado
Kaufmann freut sich besonders darüber, dass er mit diesem Album auch seine Beziehung zu Claudio Abbado erneuern konnte, dessen Affinität zum deutschen Repertoire ihn immer tief beeindruckt hat. "Er ist ein äußerst passionierter Musiker", findet Kaufmann, "und er versucht immer, die Schichten unter der Oberfläche der Musik aufzuspüren. Dabei geht er vertraulich, nahezu schüchtern vor, doch das Ergebnis ist einzigartig - und fantastisch! Es ist, als würde er jedes Stück zum ersten Mal neu schaffen, wenn auch sehr behutsam."
Kaufmanns Weg zur deutschen Oper begann in seiner Kindheit, als er zuhörte, wenn sein Großvater Wagner-Opern aus Klavierauszügen spielte. "Natürlich habe ich es mir nie träumen lassen, dass ich mal Rollen von Wagner singen würde", erinnert sich der Sänger. "Wenn ich sie hörte, kamen sie mir immer wie brüllende Riesen vor." Ganz anders hat er auf Mozarts Zauberflöte reagiert: "Das ist wirklich populäre Musik, die auch von Kindern verstanden wird. Sie liegt mir im Blut und ist Teil meiner Kultur."
Wie alles begann
Der junge Kaufmann ließ sich von Aufnahmen deutscher Tenöre anregen, besonders jenen von Fritz Wunderlich, der tragisch früh starb, drei Jahre vor Kaufmanns Geburt. "Er war der letzte Erbe eines königlichen Geschlechts", so Kaufmann über sein Idol, "und vielleicht insofern gar nicht typisch deutsch, als er immer sein ganzes Herz in seine Stimme legte." Wunderlichs Art zu singen lehrte Kaufmann, dass "man, sobald man gelernt hat, die Stimme hundertprozentig zu kontrollieren, sie mit soviel Gefühl erfüllen muss, dass die Leute darauf schwören könnten, dass man wirklich und wahrhaftig so empfindet. Damit will man nicht nur das Publikum beeindrucken; es erscheint vielmehr als echt."
Kaufmanns Markenzeichen
Während seines Studiums an der Münchner Hochschule für Musik konnte Kaufmann, so erinnert er sich voller Begeisterung, den Tamino in einer konzertanten Aufführung der Zauberflöte unter Sir Colin Davis singen. Er hatte große Freude an dieser Musik und legte sein ganzes Herz hinein. Mozarts Prinz ist zu Kaufmanns Markenzeichen an der Metropolitan Opera sowie in München, Wien und Zürich geworden. Anfangs benötigte der Sänger Zeit, um sich die Rolle des Tamino anzueignen - "nicht die Musik, sondern die Figur. Er versucht, dominant und heldenhaft zu sein, aber das ist nur eine Hülle. Ich möchte gern die Menschlichkeit dahinter zeigen."
Das ist dem Künstler mit seinem neuesten Werk einmal mehr gelungen.
Quelle: ntv.de