Das gute Leben Liebe in New Yorks Trümmern
24.04.2010, 09:00 UhrCorinne und Luke begegnen sich im Ascheregen des einstürzenden World Trade Centers und sehen sich als freiwillige Helfer in einer Suppenküche am Ground Zero wieder. Der emotionale Ausnahmezustand der Stadt trifft auf ihre eigenen Gefühlsverwerfungen.
Es gibt inzwischen eine Reihe von 9/11-Büchern. Jay McInerneys "Das gute Leben" gehört irgendwie dazu, irgendwie aber auch nicht. Denn nach dem ersten Kapitel fliegen Terroristen in die Twin Towers und bringen auch das Leben der oberen Zehntausend in Manhattan für einen Moment aus dem Takt.
Doch danach verkommt das Nach-Katastrophen-Szenario ein wenig zur Kulisse. Corinne Calloway, ehemalige Anwältin und Mutter von Zwillingen, lebt mit ihrem Mann in einem Loft in Tribeca. Luke McGavock dreht bis vor kurzem ein großes Rad an der Wall Street, seine Frau Sasha ist eine Societygröße, Tochter Ashley eine reiche, verwöhnte Pubertistin.
Ausnahmezustand mit Herzklopfen
Corinne und Luke begegnen sich im Ascheregen der einstürzenden Türme und sehen sich als freiwillige Helfer in einer Suppenküche am Ground Zero wieder. Der emotionale Ausnahmezustand der Stadt trifft auf ihren eigenen Gefühlsverwerfungen. Corinne hadert mit ihrer Schwester, die überraschend zu Besuch kommt und der sie per Eizellenspende die Existenz ihrer Zwillinge verdankt. Ihr Mann Russell hat ein wenig an Liebesglanz verloren. Auf einer Abendgesellschaft outet sich auch noch eine frühere Assistentin ihres Mannes als Verhältnis.
Bei Luke sind die Verhältnisse nicht viel besser. Seine Frau kann den Bedeutungsverlust ihres Mannes und die geringfügigen finanziellen Einbußen nur schwer verkraften, ein Verhältnis hat sie sowieso. Seine Tochter überrascht er in ihrem Kinderzimmer bei einem Blow Job, kurz darauf bricht das Mädchen unter Drogeneinfluss zusammen. Eigentlich will Luke ein Buch über alte Samuraifilme schreiben, doch die Tage vergehen und nichts geschieht.
Luke und Corinne verlieben sich ineinander, ein anderes, vielleicht besseres Leben scheint möglich. McInerneys Erzählung ist dann am dichtesten, wenn er seiner eigenen Lebenswirklichkeit am nahesten kommt. So berühren seine Beschreibungen einer Stadt unter Schock, die verzweifelte Suche nach Intensität, nach Leben lassen auch manches Klischee verzeihen. Ein starker Liebesroman, eine packende Familiengeschichte.
Quelle: ntv.de