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Arbeiten an einem Traum Prophet Springsteen

Ein neues Album von Bruce Springsteen ist immer noch ein Ereignis. Das soll ihm erst mal einer nachmachen, bei 24 Langspielplatten. Der Mann aus Long Branch im US-Bundesstaat New Jersey bringt es fertig, immer wieder neu zu klingen und doch der Alte zu bleiben. Das ist keine Floskel: Hört man noch einmal in die Platte "Nebraska" aus 1982 hinein, dann sind es just jene Klänge der nur mit den Quinten gespielten Gitarre, die einem aus "Outlaw Pete" entgegen klingen. Nur, dass es diesmal Streicher sind, die den Song über den Gesetzlosen einleiten. Master Bruce bleibt in der Ballade, nichts anderes ist das Lied, in der Tradition der Countrysongs über Pistoleros und andere Unglücksraben, die das Leben an einen bösen Platz gestellt hat und die im Grunde ihres Herzens herzensgute Menschen sind. Ein nettes Klischee, das bekanntlich zumeist nicht immer stimmt.

Ein politischer Künstler

"Working On A Dream", der Titelsong, ist so prophetisch angelegt wie John Lennons "Imagine", erreicht aber nicht dessen universelle Dimension. Wie der große Beatle als Solist ist auch Springsteen ein politischer Künstler. Er greift sich jedoch, anders als Lennon, Einzelschicksale heraus, beschreibt sie auch auf der vorliegenden Scheibe in eindringlicher Weise, kommt aber nie auf Ursachen zu sprechen. Vielleicht erzielt er auf diese Weise aber eine breitere Wirkung. Möglicherweise liegt hier eine der Ursachen seines Erfolgs. Neben anderen Giganten des US-Showbusiness’ engagierte sich Springsteen für Barack Obama. Es bleibt zu hoffen, dass der Traum, den Obama während der Wahlkampagne beschworen hat und an dem Springsteen arbeitet, wahr wird. Unvergessen ist der gemeinsame Auftritt mit dem 90-jährigen Pete Seeger, dem er sein 22stes Album gewidmet hatte. Um noch einmal auf die Beatles zurückzukommen: Mit "Tomorrow Never Knows" greift Master Bruce die Titelzeile des Stücks vom legendären "Revolver"-Album aus 1966 auf. Während die Fab Four ein Lied um die Worte herumstrickten, das eines ihrer schönsten und kompliziertesten wurde, macht Springsteen einen Folksong draus, dessen Anfang an "Looking Out My Back Door" seiner Landsleute von Creedence Clearwater Revival erinnert. Wer weiß schon, fragt der Autor, wohin der Fluss fließt? Man kann beim Songschreiben eben auch ohne LDS hintergründig sein.

"Whole fucking place" wegpusten

Nicht nur philosophisch kommt der Boss auf dem Album daher. Wie Ray Davies von den Kinks zum genialen Beschreiber des Alltagslebens einfacher und manchmal auch weniger einfacher Menschen in Britannien wurde, so darf Bruce Springsteen in seiner Heimat das Gleiche für sich in Anspruch nehmen. "Queen Of The Supermarket" ist ein eindringliches Bild einer hart arbeitenden Frau, in die sich der Dichter verliebt hat. Wenn er schreit, am liebsten das Lächeln der Kassiererin einfangen zu wollen und damit den "whole fucking place" wegzupusten, dann bleiben keine Fragen offen.

Für den Bonustrack "The Wrestler" aus dem gleichnamigen, Oscar-preisgekrönten Film mit Mickey Rourke wurde Springsteen mit einem "Golden Globe" geehrt. Vielleicht hätten ihm die Juroren die Auszeichnung für das ganze Album geben sollen.

Bruce Springsteen: "Working On A Dream", CD, Sony BMG

Quelle: ntv.de

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