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"Alles, was die Zeit vergisst" Urgroßmutters abenteuerliches Leben

Amelia Garayoa verlässt ihren Mann und den neugeborenen Sohn, um ein Leben fernab ihrer bürgerlichen Herkunft zu führen. Sie wird zur Spionin, geht in die Sowjetunion und kämpft gegen Hitler und die Stasi. Doch das muss ihr Urenkel alles erst herausfinden.

Das Buch ist bei Premiere erschienen.

Das Buch ist bei Premiere erschienen.

Guillermo Albi ist als Journalist nur mäßig erfolgreich, die Miete zusammenzubekommen, ist jeden Monat ein heikles Unternehmen. Er selbst führt das auf seine politische Unabhängigkeit zurück, das ändert allerdings nichts an der Misere. Deshalb nimmt er gern den Auftrag seiner Tante an, die Lebensgeschichte seiner Urgroßmutter zu recherchieren.

Amelia Garayoa hatte als sehr junge Frau in den 1930er Jahren ihren Ehemann und ihren neugeborenen Sohn verlassen, um mit dem französischen Kommunisten Pierre durchzubrennen. Nun soll Guillermo herausfinden, was aus Amelia geworden ist. Aus der Spurensuche des Journalisten hat Julia Navarro einen beinahe 1000 Seiten langen Roman gemacht, der den Leser durch die Zeitläufte des 20 Jahrhunderts führt.

Spanien, Sowjetunion, Deutschland

Denn Amelias Geliebter ist ein sowjetischer Spion und bedient sich nur zu gern der guten Erziehung und Anziehungskraft seiner jungen Begleiterin für seine Zwecke. Schnell wird Amelia klar, dass sie Mann und Sohn für immer verloren hat. So lässt sie sich mehr und mehr auf Pierres Welt ein. Während Spanien im Bürgerkrieg versinkt und in Deutschland die Faschisten die Macht ergreifen, folgt sie dem Geliebten zunächst nach Lateinamerika und später in die Sowjetunion.

Doch dort werden ihre naiven sozialistischen Ideale brutal zerstört. Sie erlebt die stalinistischen Säuberungen mit, Pierre wird verhaftet und zu Tode gefoltert. Amelia kann nur mit viel Glück und der Hilfe des Journalisten Albert James aus Moskau fliehen. Daraufhin wird sie James' Geliebte und tritt in die Dienste des britischen Geheimdienstes. Sie reist nach Deutschland, um herauszufinden, ob es im Land eine Oppositionsbewegung gegen Hitler gibt. Dabei verliebt sie sich in den Militärarzt Max von Schumann, den sie bis an sein Lebensende begleiten wird. Zuvor schließt sie sich aber noch dem polnischen Widerstand an, kommt beinahe in einem KZ ums Leben und landet schließlich in der DDR.

Umständlich und mühsam

Navarros Idee, das Leben einer ungewöhnlichen Frau mit historischen Ereignissen zu verbinden, mag überzeugend klingen. Doch weil sie im Erzählen darauf besteht, dass Guillermo sich Amelias Leben von zahlreichen Menschen auf der Welt chronologisch erzählen lassen muss, liest es sich oft mühsam. Auch ist nicht immer nachvollziehbar, was Amelia antreibt. Schon ihre Nähe zu sozialistischen Ideen scheint nicht sehr glaubhaft, ihre Entscheidung, die Familie zu verlassen, ist bis zuletzt nicht ganz überzeugend. Auch Amelias Agieren bis dahin, dass sie bereit ist, Menschen zu töten, erscheint manchmal gar zu konstruiert. Währen Guillermo recherchiert, wechselt auch noch sein Auftraggeber, was dem Buch einen überraschenden Schluss beschert.

Navarro hat sich bisher eher mit Thrillern einen Namen gemacht. Schon dabei setzte die politische Journalistin auf die große historische Kulisse. Auch "Alles, was die Zeit vergisst" war in Spanien ein Bestseller. Mit all seinen Abgründen, Verwicklungen und Liebesabenteuern ist der Roman jedoch nur solide Lesekost.

Quelle: ntv.de

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