"Voodoo im Strafraum" WM-Bücher boomen
17.05.2010, 12:07 Uhr
Die Erwartungen an Afrikas erste Fußball-WM sind gigantisch.
(Foto: dpa)
Afrikas erste Fußball-WM inspiriert den Buchmarkt. Vor allem die Magie des Fußballs verzaubert so manchen Schreiber. "Voodoo" ist in, wenn es um Buchtitel geht.
Zahlreiche Neuerscheinungen versuchen seit Monaten schon, den WM-Fan vor dem Anpfiff am 11. Juni in Südafrika auf das sportliche wie gesellschaftliche Großereignis und auch auf den Schwarzen Kontinent einzustimmen. Schon Ende des letzten Jahres erschienen die ersten Bücher von Kennern des Kontinents, die sich aber eher allgemein dem Thema Fußball und seiner Faszination auf dem Kontinent widmeten.
"Voodoo im Strafraum" zum Beispiel spürt dem Einfluss der Magie in Afrikas Fußball nach: Der Politologe und Dokumentarfilmer Oliver G. Becker recherchiert schon lange Material zu dem Phänomen, das auch den Weltfußballverband FIFA bereits beschäftigte. "Fußball und Magie sind zwei Bereiche, die hohe Bedeutung in Afrika haben und die sich wechselseitig durchdringen", hat der Autor herausgefunden. Er interviewte Magier und Wunderheiler und beschreibt oft haarsträubende und bizarr anmutende Rituale.
Zudem lässt er kritische Stimmen von Afrikanern zu Wort kommen, die diese Praktiken als verhängnisvollen Kreislauf beschreiben. Magie sei "im afrikanischen Fußball so lebendig, weil sie in weiten Teilen Afrikas schlicht und einfach eine gesellschaftliche Selbstverständlichkeit ist - wieso sollte ausgerechnet der Fußball davon frei sein!"
Literarisches Fußballbuch

"Fußball und Magie sind zwei Bereiche, die hohe Bedeutung in Afrika haben und die sich wechselseitig durchdringen."
(Foto: dpa)
Das Thema Voodoo streifen auch zwei der bemerkenswertesten Bücher rund um den afrikanischen Fußball, die im unmittelbaren Vorfeld der WM auf den Markt kommen. Beide stammen von Journalisten. "Tod den Pavianen! Fußballwahnsinn in Südafrika" heißt das erste. Das ebenso fundiert wie kurzweilig geschriebene Buch versteht sich als literarisches Fußballbuch und stammt aus der Feder des Autoren-Duos Cathrin Hennicke und Claus Stäcker. Es dürfte das bisher wohl umfassendste Werk zum Thema Fußball im WM-Gastgeberland sein.
Der Südafrika-Korrespondent der ARD und seine Lebensgefährtin spürten im Gastgeberland der aktuellen Bedeutung des Fußballs, seiner Geschichte und auch seiner deutschen Wurzeln nach. In Reportagen und Hintergrundstücken lassen sie dabei Fans, Politiker und Sportfunktionäre zu Wort kommen und forschten auch nach dem Einfluss der Magie bei den Kickern vom Kap. Ein Standardwerk für alle, die mitreden wollen bei dieser WM.
Das zweite Buch stammt aus der Feder des Stern-Reporters Christian Ewers, der in wochenlangen Recherchen in Ghana, der Elfenbeinküste, Kamerun, Sansibar und Südafrika, aber auch dem Ausländerviertel Saint-Denis in Paris jungen Talenten vom Kontinent nachspürte. "Das Herz des Fußballs schlägt in Afrika", fand er heraus. Allerdings stellte auch er fest, dass es nirgendwo anders "so überladen mit Hoffnungen, Sehnsüchten und Erlösungsfantasien" ist. In Porträts, Reportagen und Interviews zeichnet er das Bild eines ebenso stolzen wie kraftvollen Kontinents, der nach Anerkennung hungert und dabei so oft immer wieder leichtgläubig leeren Versprechungen aufsitzt.
Rasen als Bühne der Träume
Auch der frühere Fußball-Manager und Ex-Bildungs- und Innensenator von Bremen, Willi Lemke, greift das Thema Fußball in Afrika auf. "Ein Bolzplatz für Bouaké. Wie der Sport unsere Welt verändert", heißt sein Werk. Lemke, der im Dienst von UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon weltweit unterwegs ist, um die positiven Werte des Sports in Konfliktzonen zu vermitteln, berichtet darin sehr persönlich über seine Erfahrungen. Der Titel bezieht sich auf eine einst umkämpfte Stadt in der Elfenbeinküste.
Der Argentinier Eduardo Sacheri trägt in seinem Buch zwar in erster Linie Fußballgeschichten vom nächsten WM-Kontinent - Lateinamerika - zusammen. Doch die Erkenntnis des Geschichtsprofessors ist universell und problemlos auch auf Afrika übertragbar. Es ist ein fast schon poetischer Blick auf ein Spiel, das rund um den Globus beflügelt und aufwühlt. Der Rasen als Bühne der Träume - auch den von einem besseren Leben: "Es ist nicht nur Spiel. Da ist noch etwas anders. Da sind Gefühle, die nicht der Fußball geboren hat. Die anderswo geboren wurden."
Quelle: ntv.de, Ralf E. Krüger, dpa