"The Hunter" und ein Phantom Alle jagen den Tasmanischen Tiger
23.07.2012, 07:08 Uhr
"The Hunter" (Willem Dafoe) hat es auf den Tasmanischen Tiger abgesehen.
(Foto: Ascot Elite)
Der Tasmanische Tiger wurde 1936 für ausgestorben erklärt. Aber bis heute wird er Gerüchten zufolge immer wieder gesehen. Seine Einzigartigkeit macht ihn so wertvoll. Blut, Haut, Haare, Organe: internationale Großkonzerne lechzen nach seiner DNA. Als ein Pfotenabdruck auftaucht, beginnt eine blutige Jagd.
Um den Tasmanischen Tiger ranken sich zahllose Legenden. Er ist das größte fleischfressende Beuteltier – deshalb auch Beutelwolf genannt – der Erde. Oder besser war. In freier Wildbahn bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausgerottet, starb das letzte in Gefangenschaft lebende Exemplar 1936 in einem Zoo in Australien. Die Ankunft des Menschen und seiner Schafe sowie ein Kopfgeld der Regierung auf jedes erlegte Tier waren sein Untergang. Dennoch oder gerade deswegen beflügelt der Tasmanische Tiger die Fantasie der Menschen. Immer wieder tauchen Bilder vom dem im Aussehen dem Hund nicht ganz unähnlichen, weil mit 46 Zähnen und einem Schwanz ausgestatteten Raubtier auf. Immer wieder wollen ihn Menschen gesehen haben. Auch nur der kleinste Hinweis wie etwa ein Pfotenabdruck des gestreiften Zehengängers reicht vielen als Beweis für seine Existenz.
Ein Pfotenabdruck ist es auch, der den erfahrenen Söldner Martin David (Willem Dafoe; "Platoon", "Spider Man"-Reihe, "John Carter") aus Europa in die tasmanische Wildnis lockt. Ein Biotech-Konzern hat es auf den Tasmanischen Tiger abgesehen. David soll ihn aufspüren und Blut- und Zellproben nehmen und ihn dann töten. Der Konzern verspricht sich dadurch als alleiniger Besitzer des Genmaterials des Tigers enorme Profite.
Mit einigen Hightech-Utensilien ausgestattet, landet David mitten in der Ödnis. Untergebracht im Zimmer eines heruntergekommenen Hauses, in dem es keinen Strom gibt, weil der Stromgenerator schon seit Wochen defekt ist, bereitet er sich penibel auf die Jagd vor. Die Besitzerin des Hauses, Lucy Armstrong (Frances O’Connor; "A.I. - Künstliche Intelligenz"), lässt ihn dabei in Ruhe. Sie hat genug eigene Sorgen, denn ihr Mann ist seit Monaten verschwunden. Allerdings gehen ihre beiden Kinder David zunehmend auf die Nerven, vor allem die Tochter Sass (Morgana Davies). Sohn Bike (Finn Woodlock) spricht nicht viel, zeichnet dafür jeden Tag. Und immer sind es Bilder des Tasmanischen Tigers. Den hat sein Vater angeblich gesehen, bevor er spurlos verschwunden ist.
Ein Job und eine Familie

David (Dafoe) und Mindy (Neill) lassen die pure Schönheit der unwirtlichen Natur Tasmaniens auf sich wirken.
(Foto: Ascot Elite)
Auf seiner ersten Expedition in die Wildnis begleitet David Jack Mindy (Sam Neill; "Merlin", "Jurassic Park"-Reihe), ein Freund der Familie, der auf Lucy, Sass und Bike ein Auge hat. David stellt mehrere Fallen auf und erkundet die raue Umgebung nach Lebenszeichen des Tasmanischen Tigers. So hat er es auch bisher in seinem Söldner-Job gemacht: aufspüren, auskundschaften und dann töten. Allerdings ist die Jagd nach einem Phantom in einer der unwirtlichsten Gegenden der Welt, die zu einem Großteil noch nicht kartografiert ist, kein Zuckerschlecken und David stößt schon bald an seine physischen und psychischen Grenzen.
Zudem freundet er sich nach und nach mit Familie Armstrong an. Er erfährt von den Schwierigkeiten, die die Familie in der Gegend hat: Sie wird angefeindet, weil sie Umweltschützer sind und die einzige Möglichkeit, Geld zu verdienen, in der Region darin besteht, die uralten Wälder abzuholzen. Vor allem der Junge Bike wächst David ans Herz. Erste Zweifel an seinem Job werden wach und nagen am "Hunter". Dann überstürzen sich die Ereignisse.
David stößt bei einer seiner Expeditionen auf eine Spur des Tasmanischen Tigers. Er findet ein totes Tier, dessen Herz fehlt. David weiß, dass der Tasmanische Tiger zuerst das Herz seiner Beute frisst. Er sieht Spuren, folgt ihnen, lauert - und dann bekommt auch "The Hunter" seine Beute zu Gesicht. Aber mittlerweile haben auch andere von seiner Jagd Wind bekommen und wittern das schnelle Geld. Zudem spielt Davids Auftraggeber, die Biotech-Firma, ein doppeltes Spiel. Und dann brennt auch noch das Haus der Armstrongs und nicht alle überleben ...
Schüsse und Tränen
"The Hunter" ist ein unglaublich gewaltiger Film - in allen Details: Bild, Sound, Darsteller, Story. Die Landschaften, die Kameramann Robert Humphreys ("Triangle", "The Barrows") einfängt, verwöhnen die Augen der Zuschauer. Wer auf Natur steht, pur, rau und menschenleer, kommt bei "The Hunter" voll auf seine Kosten. Die Story basiert auf dem gleichnamigen Bestseller von Julia Leigh und wird von Regiedebütant Daniel Netthews gekonnt umgesetzt.
All das wird aber durch das Schauspiel von Hauptdarsteller Willem Dafoe in den Schatten gestellt. Seine ruhige Art zu spielen und seine unglaubliche Präsenz verleihen "The Hunter" die nötige Tiefe, die den Film zu etwas Besonderem macht.
Es ist kaum zu glauben, dass seit seiner Oscar-Nominierung für die Rolle des Sgt. Grodin in "Platoon" mehr als ein Vierteljahrhundert vergangen ist. Dafoe gehört auch heute noch zu den besten Charakterdarstellern Hollywoods - und irgendwie kann man seiner Rolle sogar das Ende von "The Hunter" verzeihen: Ein Söldner bleibt eben ein Söldner, aber Dafoes Martin Davis ist immerhin einer mit Herz.
Quelle: ntv.de