Film und Serien

Die Dinge des Lebens Caroline Links letzte Ausfahrt heißt Marrakesch

Eine unmögliche Liebe, aber das ist in diesem Moment egal.

Eine unmögliche Liebe, aber das ist in diesem Moment egal.

Vater und Sohn rauchen ganz schön viel in dem Film, aber das gehört wohl zum Erwachsenwerden. Vor allem wenn man mit seinem Vater unfreiwillig in Marokko unterwegs ist. Wie man aus großer Distanz eine Annäherung schafft, zeigt Caroline Link in ihrem fabelhaften Film "Exit Marrakech".

Sind Kinder vielleicht die besseren Erwachsenen? Ist ihr unverstellter Blick auf die Dinge des Lebens nicht der klügere? Bringen Kinder einen nicht immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück und zeigen einem, was wirklich wichtig ist im Leben? Zum Beispiel, sich Zeit zu nehmen?

Das könnte man so annehmen, wenn man sich Caroline Links neuen Film "Exit Marrakech" angesehen hat. Ein Sohn (großartig: Samuel Schneider) besucht seinen Vater (nicht minder großartig: Ulrich Tukur) in den Ferien in Marrakesch. Der Vater inszeniert dort ein Theaterstück, Emilia Galotti, mit dem er durchs Land tourt, und nachdem der renommierte und vielbeschäftigte Theaterregisseur seinen Sohn, den er lange nicht gesehen hat, nicht einmal selbst vom Flughafen abholt, sondern einen Fahrer schickt, ihm dann auch noch erzählt: "Lies doch ein Buch über Marokko, die Fiktion ist meist viel schöner als die Wirklichkeit", reicht es dem Jungen, der mit diesem Vater, wenn er denn schon mal da ist, wenigstens etwas unternehmen möchte.

Flirts am Pool und kleine Fluchten

Sie haben sich doch mehr zu sagen, als sie dachten ....

Sie haben sich doch mehr zu sagen, als sie dachten ....

Der jedoch ist, wie vielleicht etwas klischeehaft üblich für Kulturschaffende in Deutschland, blass und sonnenempfindlich, findet, dass "Marokko früher eh besser war" und hat mehr Lust auf einen Flirt am Pool mit einer jungen Angestellten als mit seinem Sohn auf echte Abenteuerjagd zu gehen. Es kommt, wie es kommen muss. Der Junge büxt aus, nicht ohne seinen Vater noch wissen zu lassen, was er von ihm und seiner Arbeit hält. Der Pubertierende fragt sich nämlich, ob es den Marokkanern überhaupt recht ist, das deutsche Kulturgut aufgezwungen zu bekommen.

Natürlich ist der Alleingang des Jungen nur ganz kurz ein harmloser Ausflug. Bald schon merkt er, dass dieses Land viele Abenteuer bereit hält, gute und ein paar sehr anstrengende und teilweise sogar gefährliche. Er verliebt sich in eine Prostituierte (sehr schön: Hafsia Herzi), er darf Liebemachen, er lernt Marokko abseits der Touristenrouten kennen, und als sein Vater dann beginnt, sich Sorgen um den Verbleib des Sohnes zu machen, kommt die Beziehungskiste der beiden endlich in Gang.

Artenschutz für das Kulturgut Zeit

Manch einer kann sagen, hui, da will aber jemand - die Regisseurin - ganz schön viel: Tolle Bilder, tolle Story, tolle Schauspieler, vielleicht ein bisschen zu viel toll?

Exit_Marrakech_Plakat_article.jpg

Vielleicht ... aber vielleicht wird einem Erwachsenen erst so wieder klar, worum es geht, was die Dinge des Lebens eben ausmachen: Liebe, zu seinem Wort stehen und Zeit haben. Vor allem Zeit haben wollen. Dieses Kulturgut sollte man vielleicht unter Artenschutz stellen, denn es geht uns Bildungsbürgern definitiv verloren, will der Film sagen.

Müssen wir dafür nach Afrika? Eventuell. Aber vielleicht gehen wir erst einmal nur ins Kino und gucken dabei zu, wie eine Frau ein Vater-Sohn-Spiel inszeniert, in dem es an leisen Tönen nicht mangelt und in dem die Darsteller so gut sind, dass wir über eine von Zeit zu Zeit überfrachtete Geschichte (der Ausflug zur Familie der Prostituierten gehört dazu) hinweg sehen und uns ganz zart wachrütteln lassen.

"Exit Marrakech" läuft seit dem 24.10. in den deutschen Kinos. 

Quelle: ntv.de

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