Film und Serien

Isabella plaudert aus dem Nähkästchen Erinnerungen an Rossellini

Roberto Rossellini ist einer der größten Regisseure der Kinogeschichte, gleichzeitig aber auch ein verkanntes Genie. Zeit, für seine Tochter Isabella, ihren Vater ins rechte Licht zu rücken - als Vater, Regisseur und "Sau".

Roberto Rossellini und Ingrid Bergman (© courtesy SchirmerGraf)

Roberto Rossellini und Ingrid Bergman (© courtesy SchirmerGraf)

Wenn Isabella Rossellini über ihren Vater sagt, er sei wie eine Sau, ist das herzlich gemeint und kommt tief aus dem liebenden Herzen der Tochter. Einer Tochter, die es mit dem berühmten Filmregisseur Roberto Rossellini als Vater und dem Hollywood-Star Ingrid Bergman als Mutter nicht unbedingt einfach hat. Die meistgestellte Frage an sie lautet: "Wie ist es, das Kind berühmter Leute zu sein?“ Ihre lakonische Antwort: "Ich hatte nie andere Eltern, daher fehlt mir der Vergleich.“

Das klinge für den Fragenden zwar unbefriedigend, sagt sie selbst, sei aber die einzige ehrliche Antwort. Wer mehr wissen will, muss das Buch "Im Namen des Vaters, der Tochter und der heiligen Geister“ lesen. Isabella Rossellini, mittlerweile selbst ein Star, hat es geschrieben - zu Ehren ihres Vaters, der 1977 gestorben ist. Er wäre am 8. Mai 106 Jahre alt geworden. Das Buch ist Isabellas Hommage an ihren "Daddy“, der Familienvater, stilbildender Filmregisseur der Nachkriegszeit und verkanntes Genie in einer Person war.

Ausschnitt aus "Rom, offene Stadt". (© courtesy SchirmerGraf)

Ausschnitt aus "Rom, offene Stadt". (© courtesy SchirmerGraf)

Im Buch finden sich ihre eigenen Erinnerungen und die der "heiligen Geister“, wie Isabella seine Freunde und Weggefährten wie Federico Fellini oder Francois Truffaut liebevoll nennt. Auch Ingrid Bergman, mit der Roberto von 1950 bis 1957 verheiratet war, porträtiert ihn. Und selbst der Meister des Neorealismus himself meldet sich mit persönlichen Statements zu Wort und offenbart dem Leser damit seine Gedanken zum Wesen der Schauspielerei, des Kinos und über sein eigenes filmisches Werk. Ein Werk, das laut Isabella immer mehr in Vergessenheit gerät - im Gegensatz zu den Filmen ihrer Mutter. Ein filmisches Werk, das aber wert ist, erhalten zu bleiben und in den Köpfen der Menschen weiterzuleben.

Ein Brief aus Amerika

Schlicht: Filmplakat "Stromboli" (© courtesy SchirmerGraf)

Schlicht: Filmplakat "Stromboli" (© courtesy SchirmerGraf)

Robertos Ruhm währt Nur kurz. Die Kritiker lieben ihn drei Filme lang: "Rom, offene Stadt“, "Paisa“ und "Deutschland im Jahre Null“. Dann lassen sie ihn brutal fallen. Schuld an allem ist ein Brief - aus Amerika, der Roberto am 8. Mai 1948 erreicht: "Lieber Herr Rossellini, ich sah ihre Filme ‚Rom, offene Stadt‘ und ‚Paisa‘, und sie gefielen mir sehr. Wenn Sie eine schwedische Schauspielerin gebrauchen können, die sehr gut Englisch spricht, die ihr Deutsch nicht vergessen hat, aber im Französischen nicht besonders gut zu verstehen ist und die auf Italienisch nur ‚Ti amo‘ sagen kann, dann bin ich bereit zu kommen und einen Film mit Ihnen zu drehen.“

Mit diesen Worten bittet Hollywood-Star Ingrid Bergman, so makellos und ikonenhaft, um eine Zusammenarbeit mit Roberto. Diese dauert fünf Filme und drei Kinder. Hollywood ist aber erbost darüber, dass ein kleiner, dicker Italiener, der sonst Laiendarsteller bevorzugt, der glitzernden Traumwelt eines ihrer schönsten Gesichter abspenstig macht - ja, eine wahre Diva die schmucklose Wahrhaftigkeit auf der Leinwand darstellen lässt, wie in "Stromboli“.

"Das Kino ist tot“ - Rossellini lebt

"Im Namen des Vaters,der Tochter und der heiligen Geister - Erinnerungen an Roberto Rossellini" ist im Verlag Schirmer/Mosel erschienen. (© courtesy SchirmerGraf)

"Im Namen des Vaters,der Tochter und der heiligen Geister - Erinnerungen an Roberto Rossellini" ist im Verlag Schirmer/Mosel erschienen. (© courtesy SchirmerGraf)

Rossellinis Satz "Il cinema e morto!“ ("Das Kino ist tot!“) benutzt die Kritik nun gegen ihn: "Il cinema di Rossellini e morto!“ ("Rossellinis Kino ist tot!“. Man mag es nicht glauben, liest man die beeindruckende Filmografie am Ende des Buches, in der auch seine zahlreichen Fernsehproduktionen enthalten sind, etwa über Blaise Pascal oder Sokrates, oder seine Dokumentationen über ganze Epochen wie "Die Ära des Eisens“.

Großes Publikum erreicht er nicht mehr, aber das war auch nie sein Anliegen. Er wollte die Realität zeigen: "Die Wirklichkeit ist stärker und spektakulärer als alles, was sich unser menschlicher Verstand ausdenken kann.“

Fotos aus der Privatschatulle

Für Isabella steht auch die künstlerische Kraft über dem reinen Kommerz und allein deshalb ist ihr Vater für sie schlichtweg ein "Genie“. Liest man "Im Namen des Vaters, der Tochter und der heiligen Geister“, kommt man zum gleichen Schluss. Ein weiterer: Das Können des Vaters blitzt auch bei der Tochter auf.

Isabella Rossellini (© courtesy SchirmerGraf)

Isabella Rossellini (© courtesy SchirmerGraf)

Das zeigt dieses Buch mitsamt den kleinen Geschichten und unzähligen privaten, zum Teil bisher unveröffentlichten Fotos rund um den Menschen und Filmemacher Roberto Rossellini - der es liebte im Bett zu arbeiten, der für Ferrari Rennen fuhr und der auf seinem Kopf immer einen Eisbeutel trug, "um das Gehirn abzukühlen“.

Roberto Rossellini, der Charlie Chaplin verehrte, obwohl er ihn nie kennengelernt hat. Roberto Rossellini, der den italienischen Neorealismus mitbegründete und Künstler der Nouvelle Vague ebenso inspirierte wie Martin Scorsese oder David Lynch. Roberto Rossellini, der gern die "Muttersau spielte“, um seine Kinder nah bei sich zu haben, wie Tochter Isabella in "Im Namen des Vaters, der Tochter und der heiligen Geister" (Verlag Schirmer/Mosel) ausplaudert.

Quelle: ntv.de

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