Roadtrip mit alter Frau und jungen Männern Frau Ella spaziert in unser Herz
19.10.2013, 15:55 Uhr
Pfeilchen-Schießen mit Frau Ella in Frankreich.
(Foto: dpa)
Mal ehrlich: Sie denken eher selten daran, dass Sie mal alt sein werden, oder? Auch wenn Sie jetzt viel dafür tun, alt zu werden, so ist doch der Zustand "Alt-Sein" nicht unbedingt das, wonach wir uns sehnen. Matthias Schweighöfer und August Diehl geht es mit Ruth Maria Kubitschek -"Frau Ella" - ganz genauso - bis sie feststellen, dass die Generationen doch mehr verbindet als trennt.
Es ist wohl gerade ganz angesagt, sich Gedanken über unsere älteren Mitbürger zu machen, wie sie so leben und was sie denken, und sich auch mal zu fragen, was sie denn überhaupt noch wollen vom Leben. Wir werden ja alle mal alt, also im Idealfall, auch, wenn wir in jungen Jahren noch nicht darüber nachdenken wollen und es gerne verdrängen. So auch Matthias Schweighöfer, der im Interview mit n-tv.de sagt: "Mit dem Tod beschäftige ich mich schon, gerade jetzt wegen der Rolle, aber ich hör' dann auch wieder damit auf, weil ich ja noch so jung bin. Irgendwie will ich mich damit noch nicht so beschäftigen, glaube ich." August Diehl sieht das ganz anders: "Ich denke eigentlich immer wieder über den Tod nach, fast täglich," erzählt er offen. "Ich finde, das ist eine unglaubliche Sache, ein Skandal, und ich will ihn nicht akzeptieren. Vor allem, wenn man über so große Begriffe wie Liebe und Tod, wie es ja in dem Film thematisiert wird, nachdenkt, dann macht man sich in besonders glücklichen Momenten doch auch immer unweigerlich Gedanken über das Ende, somit auch über den Tod." Und er führt den Gedanken noch weiter aus: "Ich glaube mal gelesen zu haben, dass in Ländern oder Kulturen, wo der Tod präsenter ist, die Menschen glücklicher sind, weil sie sensibler mit ihrer Zeit und ihrem Leben umgehen."
Mehr Mut, bitte!
Filme mit, über und von älteren Menschen scheinen zu boomen: Gerade rennt auch Dieter Hallervorden dem Leben entgegen. Für "Sein letztes Rennen" erntet er viel Lob, von jung und alt. Das Thema "Wie wollen wir leben und wollen wir zusammen leben, wenn wir mal alt sind?" ist in aller Munde. Im Film "Frau Ella" gibt es sogar noch Liebe und ganz warme, wenn auch keine heißen, Gefühle mehr. Schweighöfer: "Am Ende des Lebens bereut man doch die Dinge, die man nicht getan hat, und nicht das, was man getan hat, oder? So jedenfalls steht es in einem Buch, das eine australische Krankenschwester veröffentlicht hat, die mit alten Menschen gesprochen hat. Sie haben sich gewünscht, dass sie mehr Mut gehabt hätten, die Dinge zu tun, die sie immer hatten machen wollen und warum auch immer nicht getan haben."
Seien wir doch ehrlich: Alte Leute können einem schon auf den Keks gehen. Neulich auf dem Parkplatz vor einem Supermarkt: Ein sehr betagtes Paar will sein sehr großes Auto rückwärts ausparken. Er hinterm Steuer, sie hinterm Kofferraum, rufend, gestikulierend. Den weiteren Verkehr aufhaltend. Kann ja mal passieren, und man selbst lächelt freundlich und nickt aufmunternd mit dem Kopf. Eben noch an der Kasse hat das Pärchen den großen Einkauf bewundert ("Sie haben wohl eine Menge Kinder?", "Naja, deutscher Durchschnitt, 1,72, aber eben sehr verfressen", irritierter Blick) , jetzt steht die alte Dame mit der gepflegten Frisur vor dem eigenen Kühler und bedeutet den weiteren Verkehrsteilnehmern auf dem großen, wirklich sehr großen Parkplatz, anzuhalten und zu warten, bis der Gatte den Benz in Fahrtrichtung gebracht hat. Gut. Dass sie dabei aber auf den Kühler klopft, um ihrem Wunsch Nachdruck zu verleihen und beide auf dem extra ausgeschilderten Mutter-Kind-Parkplatz geparkt haben, in der heißesten Mutter-Kind-Einkaufszeit des Tages, nach Schulschluss, macht dann doch langsam auch die geduldigste Alte-Leute-Versteherin säuerlich.
Raus aus der Zielgruppe, rein ins Altersheim?

Er will ein Einzelzimmer, sie noch was erleben: Ruth Maria Kubitschek fand "das mit den grauen Haaren" nicht so leicht.
(Foto: dpa)
Irgendwann geht's weiter, doch der Gedanke lässt einen nicht mehr los: Sollte man nicht mehr Verständnis haben? Aussteigen und anbieten, das Auto selbst auszuparken? Eine Partei gründen, die eine erneute Führerscheinprüfung ab 70 fordert? Autohändler boykottieren, die Autos an Mitbürger über 65 verkaufen? Und während man so vor sich hingrübelt, schleicht sich dieser Gedanke ein: Wie werde ich eines Tages sein, wenn ich so alt bin? Zack, da isser, und er lässt einen nicht mehr los. Man hat akzeptiert, dass die eigenen Kinder einen theoretisch uralt finden, dass jüngere Kollegen einem Faceboook und Twitter erklären wollen ("So, schau, und wenn du das likest, also magst, dann musst hier auf Thumbs up, also Daumen hoch, klicken, gell?"). Sei's drum - aber wie wird es dann sein, eines Tages, wenn man selbst noch denkt, hey, alles noch ganz fit im Schritt, und das Gegenüber dir einen Sitzplatz anbietet?
Zurück zum Film: Es geht ja auch immer um verpasste Chancen - eine Situation, die die beiden männlichen Hauptdarsteller (noch) nicht kennen. Diehl: "Ich habe nicht das Gefühl, dass ich etwas verpasse. Ich gebe gerne 100 Prozent, im Beruf und mit der Familie, dass das nicht immer geht, ist mir dennoch klar. Manchmal möchte man vielleicht die Zeit anhalten oder zurück drehen, aber das ist doch normal. "
In "Frau Ella" treffen drei Leute mutige Entscheidungen: Sascha (Matthias Schweighöfer) und sein bester Kumpel Klaus (August Diehl) genießen ihr lockeres Leben - bis Saschas Freundin Lina (Anna Bederke) schwanger wird. Sie ist nur mit Baby zu haben, er nur ohne. Im Trennungsstress baut Sascha einen Unfall, und als ob der Totalschaden nicht reichen würde, hat er bald darauf die redselige Seniorin Ella (Ruth Maria Kubitschek) am Hals, die ihm aber in einem überlegen ist: Erfahrung. Und Frau Ella will mit ihren Tipps und Tricks Saschas Liebesleben wieder in Ordnung bringen. Währen das ungleiche Paar sich annähert, immer unterstützt von Kumpel Klaus, kann aber auch "Frau Ella" noch eine Menge lernen - und ihr Leben umkrempeln.
Ganz schön gefühlvoll ist das alles, und selbst Regisseur Markus Goller hat zwischendrin überlegt, ob es nicht vielleicht ein bisschen "too much" ist, aber: Nein, ist es nicht, ein bisschen Alltagskitsch hat noch nie geschadet, und Gefühle sowieso nicht.
Der Film - unter Umständen für die ganze Familie - läuft seit 17. Oktober in den deutschen Kinos.
Quelle: ntv.de