Zwergenaufstand in 3D Gnomeo und Julia
24.03.2011, 13:49 Uhr
Das muss Liebe sein: Gnomeo und Julia - ab sofort im Kino.
"Romeo und Julia" als Animationsfilm? Mit Gartenzwergen? Ist das nicht doof und albern? Nein, es ist lustig und funktioniert. "Gnomeo und Julia" ist ein Kinospaß für Groß und Klein ebenso wie für Shakespeare-Kenner und Literatur-Banausen.
Die Story von "Gnomeo und Julia" an sich hat natürlich einen Bart, der länger ist als der von jedem Gartenzwerg. Für die augenzwinkernd an "Romeo und Julia" angelehnte Liebesgeschichte gilt das allemal. Aber auch die Idee, Alltagsgegenständen Leben einzuhauchen, ist selbstredend alles andere als das Ei des Columbus. Das gab es in Zeichentrick- und Animationsfilmen schon dutzende Male - von "Der tapfere kleine Toaster" über "Cars" bis hin zu "Toy Story".
Nun also Gartenzwerge, die einen auf Romeo …, pardon, Gnomeo und Julia machen. Doch so abgedreht dies auf den ersten Blick auch scheinen mag - irgendwie ist das Ambiente durchaus passend für eine Persiflage des Shakespeare-Klassikers. Die Assoziation von Gartenzwergen mit Spießbürgertum und Laubenpieper-Streitereien am "Maschendrahtzaun" ermöglicht den Machern des Streifens, so manche hintersinnige Parallele zur historischen Vorlage zu knüpfen. Aus der Familienfehde der Montagues und Capulets in "Romeo und Julia" wird so flugs der Krieg zweier benachbarter Kleingärtner - verlängert in die Feindschaft ihrer Gartenzwerge.
Von Tybalt bis Paris
Die Anspielungen auf das Original und seinen Erfinder ziehen sich durch den ganzen Film, so dass wahre Shakespeare-Kenner an der einen oder anderen Stelle einmal mehr schmunzeln dürften als die Kinobesucher ohne literarisches Vorwissen. Egal, ob es um Gnomeos Widersacher geht, der wie in der Tragödie Tybalt heißt und im Kampf mit seinem Rivalen "stirbt", um den Plastik-Flamingo Featherstone, der sein klassisches Vorbild in Pater Lorenzo hat, oder um den originalgetreu Paris genannten Loser-Zwerg, mit dem ihr Vater Julia zu verkuppeln versucht.
Zwei Unterschiede gibt es dann aber doch: Statt wie "Romeo und Julia" in Verona leben die Gartenzwerge in Shakespeares Geburtsstadt Stratford-upon-Avon, was natürlich abermals reihenweise Bezüge zu dem großen Dramatiker erlaubt. Und - da nehmen wir nun wirklich nicht zu viel vorweg - selbstverständlich gibt es im Unterschied zur literarischen Vorlage in der Welt der Wichtel ein Happy-End.
Aber auch wer wie einst Zlatko Shakespeare für eine Biermarke hält und von Romeo und Julia genauso wenig Ahnung hat wie vom Tuten und Blasen, kommt auf seine Kosten. Dass die ewig alte Liebesgeschichte immer wieder aufs Neue funktioniert, beweist allein die Tatsache, dass sie schon dutzende Male auf beinahe jede nur erdenkliche Weise verfilmt wurde. Und natürlich sorgte das "Gnomeo und Julia"-Team um Regisseur Kelly Asbury - der unter anderem schon an zwei "Shrek"-Filmen, an "Toy Story" und an Tim Burtons "The Nightmare Before Christmas" mitwirkte - für alle Fälle vor. Wenn etwa die doch eher dralle und betagte Besitzerin des einen Kleingartens " Don't cha wish your girlfriend was hot like me" von den Pussycat Dolls vor sich her trällert, wenn ein Bananen-Symbol ihren Laptop ziert, wenn sich die Zwerge ganz im Stil der "Ninja Turtles" in die Schlacht stürzen und wenn ein Killer-Rasenmäher namens "Terrafirminator" außer Kontrolle gerät, dann strapaziert das so oder so die Lachmuskeln - Shakespeare hin oder her.
"Wochenlang unter Gartenzwergen"
Die Original-Stimmen des Streifens stammen zum Teil von hochkarätigen Schauspielern wie etwa Emily Blunt (Julia), Jason Statham (Tybalt) oder Patrick Stewart, der zwar als "Star Trek"-Kapitän Jean-Luc Picard weltberühmt wurde, aber auch Shakespeare-Schauspieler ist und dementsprechend - natürlich - einer Statue des Dichters in dem Film zum Sprechen verhilft. Für die deutsche Synchronisation traten unter anderem Bürger Lars Dietrich als Gnomeo ans Mikro und Anke Engelke als Nanette - eine überdrehte (Keramik-)Froschdame, die Zwergen-Julias beste Freundin ist.
"Wochenlang habe ich mich unter Gartenzwerge gemischt, um sie zu studieren", sagt Dietrich, der in dem Streifen seine Synchronisations-Premiere feiert, verschmitzt. Engelke indes ist schon beinahe ein alter Hase in dem Geschäft - nicht nur, weil sie schon bei diversen Kinofilmen als Synchronsprecherin fungierte, sondern natürlich auch und vor allem, weil sie Mutter Marge bei den "Simpsons" ihre Stimme leiht. Doch ein Charakter ist für sie bis heute unerreicht: Dorie aus "Findet Nemo" - "so lieb ich Nanette jetzt auch gewonnen habe".
Nein, an die verwirrte und unter Gedächtnisschwund leidende Dorie kommt Nanette sicher genauso wenig heran wie "Gnomeo und Julia" insgesamt an den großartigen "Findet Nemo". Das lässt sich auch mit Hilfe von Elton John, der nicht nur die Musik zu der Shakespeare-Persiflage beisteuerte, sondern auch als ausführender Produzent tätig war, nicht erreichen. Dennoch: Ein Kino-Vergnügen für Groß und Klein ist der Zwergenaufstand in 3D auf jeden Fall. Und wenn er dem einen oder anderen vielleicht sogar die Auseinandersetzung mit dem literarischen Vorbild ein Stückchen näher bringt, dann hätte der Streifen sogar kulturelle Aufklärungsarbeit geleistet. Mit Gartenzwergen. Was will man mehr.
Quelle: ntv.de