Kino

Und wenn sie nicht gestorben wäre Grace von Monaco - ein Märchen

Viel ist nicht mehr übrig von Nicole Kidman ...Was ist passiert?

Viel ist nicht mehr übrig von Nicole Kidman ...Was ist passiert?

(Foto: imago/Manfred Segerer)

Als Grace Kelly, die zur Fürstin Gracia wurde und ihre Hollywood-Rolle gegen die größte Rolle ihres Lebens tauschte, zeigt uns Nicole Kidman mit erstaunlich reduzierter Mimik, wie das so war damals, als De Gaulle eigentlich Monaco plattmachen wollte.

Die vielen Gesichter der Nicole Kidman: Mädchenhaft verschämt, ...

Die vielen Gesichter der Nicole Kidman: Mädchenhaft verschämt, ...

(Foto: AP)

Alle, die sie je getroffen und gesprochen haben, sagen, dass sie ja so ein nettes Ding von nebenan ist, handfest, witzig, real. Die Bilder sprechen oft eine andere Sprache. Und wir wollen sie ja gut finden, wirklich. Irgendwas hat sie, die Nicole. Ihr Schneewittchen-Teint, ihre blauen Augen, der kirschrote Kussmund, der scheue Blick, das goldblonde Haar - all dies sind Dinge, die jede Frau gerne hätte, dazu noch die Figur von makellos schlanker Gestalt. Wenn Nicole Kidman das zerwühlte Bett verlässt, hat sie bereits ein elegant fallendes Seidennachthemd an und huscht mit graziöser Geste in einen Morgenmantel.

Wenn man realistisch ist, wird einem selbst das nie gelingen, zu Bonnie-Tyler-mäßig das Haar, zu peinlich das Boyfriend-T-Shirt, zu verlebt der verwaschene Bade- (nicht Morgen-)mantel. Hach, aber falls es uns noch nicht aufgefallen ist, wir leben ja auch nicht an der Côte d'Azur, nicht im Grimaldi-Palast, und uns wird auch nicht in die Jeans geholfen, bevor wir unser Toast selbst schmieren. Dafür allerdings hat das Leben im Plebs auch wieder ganz große Vorteile: Weder stört uns eine konsequent durchs Bild laufende Hofschranze, wenn wir dem Liebsten mal wieder näher kommen wollen, noch müssen wir uns Sorgen um unser Hollywood-Karma, die Weltpolitik oder die intrigante Schwester machen.

Stets tränenumflort

... verschmitzt, ...

... verschmitzt, ...

(Foto: dpa)

Jawoll, das Leben einer Nicht-Prinzessin hat was. Aber nun betrachten wir mal, was Nicole Kidman da so treibt in Monaco, und das ist schnell gesagt, wenn man den Film meint: Ein wahnsinnig schöner Film ist das, wenn man, sagen wir mal, auf schicke Kleidung, tolle Paläste, warmes Licht und großartige Autos steht. Dann noch die Ahnung des mediterranen Windes, der einem um die nicht sonderlich verwöhnte Büronase weht - hach, seufz, das Lebens kann schon schön sein an manchen Fleckchen dieser Erde. Wie es dennoch zu einem Goldenen Käfig werden kann, zeigt Olivier Dahans Film sehr anschaulich. Viele Großaufnahmen von Miss Kidmans perfekter Haut, ihren stets tränenumflorten Augen (sei es nun vor Glück, vor Schmerz, vor Wut, vor Einsamkeit, vor Kampfeslust) und die zarte Stimme, die, wenn es sein muss, aber durchaus auch mal - bildlich - auf den Tisch hauen kann, machen den Film zu einem optischen Genuss. Und wer auf Märchen steht, der kommt voll auf seine Kosten.

... wie Doris Day, ...

... wie Doris Day, ...

(Foto: REUTERS)

Wer den alten Zeiten nachhängt, in denen hemmungslos indoor geraucht werden durfte, auch der wird glücklich gemacht mit der Erinnerung an qualmverhangene Nachmittage voller Müßiggang. Und da sind wir auch schon bei Tim Roth, der den Fürsten Rainier darstellt und dessen Regieanweisungen höchstens gelautet haben können: "Tim, jetzt zieh' mal an der Zigarette! Jetzt puste aus. Und jetzt gucke bedeutungsschwanger." Kein Wunder, dass Fürst Albert, Rainiers Sohn und nun mittendrin in Rainiers Job, sich das nicht vorhandene Haupthaar raufen möchte bei der Betrachtung des "BioPics" über seine Eltern und ihre Eheprobleme - die mehr oder weniger nebenbei gelöst werden. Denn vor allem wenn es um staatsmännische Krisen geht, dann kommt Mutti ins Spiel.

Grace against the Machine

... und eine Augenbraue kann sie zur großen Überraschung auch noch bewegen!

... und eine Augenbraue kann sie zur großen Überraschung auch noch bewegen!

(Foto: AP)

Doch so traurig das auch war damals, als die schöne Fürstin bei einem tragischen Autounfall verstarb, so sehr stellt man sich dennoch die Frage: Sollte tatsächlich sie die Geschicke der Monegassen mit ein paar Brioches, neuen Französisch- und Etikettekenntnissen und einem Hollywood-geprüften, geradezu rehhaften Augenaufschlag (von dem wir dachten, dass erst Lady Di ihn erfunden hätte) so geschickt gelenkt haben? Soll der Rot-Kreuz-Ball, mit dem sie quasi Charles De Gaulle davon abgehalten hat, Bomben auf Monaco zu werfen, ihr einziges Vermächtnis sein? Mit Verlaub, euer Durchlaucht, wohl kaum.

Der Prinz, der echte, drehte vorerst ein wenig am Rad - was dem Film zumindest eine große Medienpräsenz bescherte. Dann verweigerte er die Teilnahme an den Startfeierlichkeiten der Filmfestspiele in Cannes, wo "Grace of Monaco" zwar nicht im Wettbewerb, aber als Eröffnungsfilm gezeigt wurde. Und da hagelte es dann auch weitere Kritik: Zwar lächelten die Hauptdarsteller tapfer in die Kameras, vor Buh-Rufen jedoch, sowohl am Teppich als auch nach der Vorstellung, konnten sie ihr Gehör nicht verschließen. Den Film wie in der englischen Presse als "idiotisches Melodram" zu verreißen, liegt uns an dieser Stelle fern, zu sehr möchte man ab und zu an märchenhafte Momente glauben. Aber an "And they lived happily ever after", daran glauben wir nicht. Dass die interessanteste Zeit die ist, die nach einer Märchenhochzeit, dem "Happy End", beginnt, steht doch wohl außer Frage.

Und dass es nicht immer happy zugehen kann, ist logisch. Dass Ehe auch Arbeit bedeutet, sollte allen klar sein - warum sollte das am Hof eines altes Adelsgeschlechts anders sein? Hat wirklich jemand geglaubt, dass Grace Kelly keine Lust mehr hatte, Filme zu drehen, wenn ihr die schönsten, witzigsten Männer an die Seite gestellt werden sollten? Ein Prinz mit Bauchansatz und Menjou-Bärtchen sollte fortan der einzige sein, der ihr Regieanweisungen gab? Wohl kaum. Aber so romantisch auch alles aussah und so sehr das Fürstenpaar sich auch geliebt haben mag (Rainier war nach dem Tod seiner Frau ein gebrochener Mann, da er nun die Hälfte, mit der er ein unbestreitbar ideales Team an der Spitze des kleinen Glamour-Felsens Monaco bildete, verloren hatte) - natürlich war das Leben nicht Friede, Freude, Eierkuchen. Dass die eigenen Kinder das nun nicht auf der Leinwand sehen wollen, ist verständlich.

Fortsetzung folgt?

Ein bisschen schade ist hingegen, dass tatsächliche Fakten so filmkompatibel umgeschrieben wurden, dass einiges einfach nicht mehr stimmt. Ein Beispiel: Im Film intrigiert Rainiers Schwester Antoinette, sie beansprucht seinen Thron. Das ist tatsächlich passiert, allerdings lange, bevor Grace Kelly auf der Bildfläche auftauchte. Im Film wird die Schwester nun gar von "Grazia" überführt, und letzten Endes sogar des Landes verwiesen. Wahr ist aber, dass die Schwester ihrem Bruder nach ihrem Putschversuch wieder so nahe gekommen ist, dass sie ihm nach dem Tod seiner Frau bis zum Ende stets zur Seite stand.

Egal - man sollte den Film als das sehen, was es ist: Eine Erzählung, die auf wahren Tatsachen beruht und die in schöne Bilder und fantastisches Licht getaucht ist. Dieser Film will bestimmt nicht die Welt verbessern, retten oder einen Preis abräumen.

Hoffen darf man jedoch, dass Nicole Kidman fortan die Finger von Botox und Co lässt (einige Publikationen vermuten einen ungesunden Hang zu der Beauty-Droge bei ihr), dann könnte sie im zweiten Teil prima die älter gewordene Prinzessin Grazia darstellen - denn der Film endet vor ihrem Tod, vor der Geburt des dritten Kindes, da ist also noch viel Raum. Ach, und die eingangs erwähnte Natürlichkeit des Stars wird unter anderem in der "Vogue" folgendermaßen beschrieben: "Kidman wartet nicht in einem VIP-Trailer. Gemeinsam mit ihr bedienen sich wartende Tontechniker und Beleuchter aus derselben Keksdose. Die 46-Jährige ist hier nicht der Star, sondern ein Teammitglied." Aha, da haben wir's, wie Grace anno dazumal.

Quelle: ntv.de

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