Kino

Für Frauen ist das kein Problem Herr Raabe, gar nicht stickum

Für Max Raabe war dieses feuchte Shooting jedenfalls kein Problem.

Für Max Raabe war dieses feuchte Shooting jedenfalls kein Problem.

Sein neues Album heißt "Für Frauen ist das kein Problem". n-tv.de sprach mit dem Sänger in Berlin über die Liebe, kleine Lügen, Werkzeug, Schrippen, Wecken, Sport, Rammstein und die Kunst, ein Gentleman zu sein.

n-tv.de: Es geht um die Liebe dieses Mal – was bedeutet Liebe denn für Sie?

Max Raabe: Na, die Liebe ist doch das, was das Leben ausmacht, in allen Dingen. Also, man muss ja jetzt nicht speziell, sondern allgemein denken. Es geht doch um die Liebe, die man zum Leben hat, zum Genuss, zum Freundeskreis und zur Familie. Zu seinem Partner, selbstverständlich.

Wir wissen recht wenig Privates über Sie – und fürchten, das soll auch so bleiben …

… ja … (lacht)

… aber verraten Sie uns doch mal eine Anekdote aus der Kindheit, zum Beispiel. Man stellt Sie sich gut in kurzen Hosen wie "Emil und die Detektive" vor, aber so wird es nicht gewesen sein, oder?

Na, doch, die kurzen Hosen kommen schon hin, aber ich war mehr Emil ohne die Detektive (lacht). 

Bei der Arbeit: Max Raabe in seinem Element.

Bei der Arbeit: Max Raabe in seinem Element.

(Foto: picture alliance / dpa)

 Und was für ein Kind waren Sie?

In der Nachbarschaft haben alle die Werkzeugschuppen abgeschlossen, wenn ich in der Nähe war. Weil ich immer was zu hämmern und zu sägen hatte, und das dann immer verwendet habe, um Baumhäuser zu bauen oder Sachen zusammenzunageln. Ich habe aus Kinderwagen gerne Seifenkisten gebaut und dann hab ich das Werkzeug verbummelt oder verkramt. Ich hatte also keinen so guten Ruf bei den Nachbarn.

Und diese Art von Kreativität hat sich bis heute gehalten?

(lacht) Das würde ich nicht unbedingt kreativ nennen. Ich bastel‘ jetzt nicht mehr an Dingen, ich bastele an Formulierungen und Texten.

Um wieder auf die Liebe zurückzukommen: Ist das eine Art Liebe zwischen Ihnen und Frau Humpe? Wenn man so eng miteinander arbeitet, dann muss man sich doch sehr mögen …

Wir haben uns vor der Zusammenarbeit an den letzten beiden Alben ja gar nicht groß gekannt. Ich kannte sie ein bisschen über Inga (ihre Schwester, Anm. d. Red.), und dann fiel irgendwann das Wort "Seelenverwandtschaft", ja, und ich finde, da ist was dran. Wir haben einen ähnlichen Blick auf die Dinge, sie vor allem auf ihre Umwelt. Was ich von mir jetzt nicht unbedingt behaupten würde. Sie kann Dinge auf den Punkt bringen, und sie ist unheimlich offen und ehrlich. Auch damit hab ich es nicht so. Ich bin schon ehrlich (lacht), aber ich bin immer vorsichtiger in meinen Formulierungen. Das hat aber wohl weniger mit Rücksicht zu tun, sondern eher mit Zurückhaltung  oder Schüchternheit.

Bremst sie Sie manchmal?

Nein, aber sie erkennt Wahrheiten, vor denen ich mich vielleicht drücke.

Sind Sie sich ähnlich? Oder total verschieden?

Wir haben eine Kindheit in Westfalen erlebt. Und entdecken jetzt manchmal Worte wieder, die jeder von uns so im Spaß verwendet, plötzlich, aber das letzte Mal vor zwanzig Jahren gehört hat. Zum Beispiel das Wort "stickum".

Stickum?

Ja, das bedeutet, einsilbig zu sein. Du bist heute so stickum, sagt man dann, wenn einer verschlossen ist.

Seelenverwandte: Annette Humpe und Max Raabe.

Seelenverwandte: Annette Humpe und Max Raabe.

Sie sind ja beide Wahlberliner – können Sie die ganze Diskussion um Berlin mit "Wir sagen hier Schrippen und nicht Wecken" nachvollziehen? Oder ist Ihnen das herzlich egal?

Man muss die Variationen der deutschen Sprache nutzen, finde ich. Es gibt Brötchen, die sind Wecken, und es gibt Brötchen, die sind Schrippen. Eigentlich ganz einfach. Das Drama ist doch viel eher, dass die Brötchen trotz unterschiedlicher Namen alle gleich schmecken, weil sie dieselbe Backmischung zur Grundlage haben. 

Ja, das sind die Probleme, die die Welt bewegen – für Frauen allerdings nicht.

Super Überleitung … (lacht)

… naja. Also: Sie sagen doch, "Für Frauen ist das kein Problem" - bekommen Sie diese Antwort eigentlich öfter?

Es fing damit an, dass wir etwas gestrauchelt sind mit der selbstironischen Formulierung "Für MÄNNER ist das kein Problem". Da sollte mit einem schrägen Humor beschrieben werden, was Männer so alles können. Natürlich ironisch. Das war aber banal. Es kam uns nicht mehr spannend vor, da haben wir uns auf die Frauen gestürzt. Es macht einfach Spaß, über Frauen zu schreiben. Etwas Hymnisches. Und ein bisschen ist doch auch was dran, an diesem Mythos des weiblichen Multitasking. Oder?

Sicher.

Für mich ist das absolut glaubhaft. Ich dagegen kann nicht mehrere Dinge gleichzeitig. Fernsehen und Zeitung lesen gleichzeitig kann ich nicht.

Ich auch nicht. Und bügeln beim Fernsehen kann ich auch nicht.

Nee, geht nicht. Ich sehe aber, dass es Frauen gibt, die das können. Manche Männer aber auch (lacht).

Ich habe das auch gedacht, bis ich es probiert habe. War nix. 

Man darf sich natürlich nicht zum Opfer des eigenen Klischees machen (grinst).

Ich habe es gelassen.

Selbstverständlich. So ist es mit anderen Dingen ja auch: Männer sind empfindsam, Frauen sind noch empfindsamer – alles Quatsch, es gibt diese und jene Exemplare auf beiden Seiten. Es geht hier nun aber um Unterhaltungsmusik, wo zauberhafte Dinge über Frauen gesagt und gesungen werden sollen. Das macht einfach Spaß.

Sind Frauen denn so viel zauberhafter?

Aber SELBSTVERSTÄNDLICH.

Schön, das wollte ich hören. Sind Frauen die besseren Menschen, gar die besseren Männer?

Das muss man abwägen. Es gibt auch ganz schreckliche Frauen.

Max Raabe fühlt sich als Mann nicht überflüssig.

Max Raabe fühlt sich als Mann nicht überflüssig.

Natürlich.

Die, die zum Beispiel mit ihrer Familie schreckliche Sachen anstellen, aber Männer gibt's da natürlich sowieso. Man muss es von Fall zu Fall sehen. Manchmal kommt man doch in einen Raum, und da steht jemand, der einem schon in der ersten Sekunde komplett auf die Nerven geht. Das lösen Frauen UND Männer aus.

Ist das irgendwann nicht unsexy? Oder unheimlich? Wenn Frauen  immer den Eindruck machen, dass sie  alles können?

Das tun sie ja nicht, das tun nur Männer!

Fühlt der Mann sich denn nicht überflüssig?

Nein. Aber das Gefühl, alles zu können, verbreiten nur Männer, das habe ich bei Frauen eher selten erlebt. Das ist doch Balzverhalten!

Die andere Seite der Liebe ist ja der Liebeskummer – und damit sollte man möglichst humorvoll umgehen, habe ich mal gehört. Gelingt Ihnen das?

Nein. Wer Liebeskummer hat, der ist weit davon entfernt, Humor in dieser Sache zu entwickeln. Das ist leider so. Aber man kann sich dann vielleicht ein Stück anhören, in dem man sich wieder findet, und zum Beispiel ein Sänger aus den Erfahrungen seines bisherigen Lebens schöpft und Tatsachen auf den Punkt bringt (lacht), in denen man sich dann vielleicht erkennt und dann auch darüber lachen kann. Und einen Hoffnungsschimmer sieht.

Was raten Sie einem Freund mit Liebeskummer?

Ich rate gar nichts! Das muss man aussitzen! Da muss man durch, es ist eine schlimme Sache, aber es geht auch vorbei.

Nehmen Sie das Leben generell mit Humor?

Ich habe bemerkt, dass ich in fast allen Dingen des Lebens etwas Komisches erkenne. (kurze Pause) Auch, wenn ich selbst das Opfer bin. 

"Ist doch nur ein Gefühl" – singen Sie, "das haut mich nicht um". Was haut Sie denn um?

Mich haben in der Vergangenheit schon viele Sachen umgehauen. Wenn ich die jetzt aufzähle, klingt das aber irgendwie banal.  Oder vielleicht auch zu traurig.

Zu traurig?

Na, Verluste von Menschen, das ist einfach zu traurig. So etwas.

Und kleine Lügen? Wie gehen Sie damit um?

Die helfen einem durch den Tag, denke ich. Sie sind oft ein Mittel der Diplomatie. Da wir uns bereits Gedanken darüber gemacht haben, kann ich Ihnen quasi eine druckreife Antwort geben: Man darf lügen, wenn man damit einen anderen Menschen nicht verletzt. Wenn eine Lüge Schaden zufügt, gehört sie sich nicht.

Gerade in der Liebe liegen Wahrheit und Not-Lüge oft nah beieinander, oder?

Ich rede ja nur über die kleinen Alltagslügen. Dieses: "Ja, doch, du siehst wirklich toll aus, Schatz", und "Nein, das Kleid ist nicht zu eng!"

Haben Sie eigentlich auch mal Lust auf etwas ganz anderes? Eine völlig andere Art von Musik? Ein anderes Auftreten?

Dann würde ich das sofort machen! Aber ich bin dem Repertoire der zwanziger und dreißiger Jahre total verfallen, englisch oder deutsch, egal. In den späten Zwanzigern, Anfang der Dreißiger, entdecke ich immer wieder, dass das meins ist, weil die Texte einfach zu gut sind. Das hat es weder davor noch danach so gegeben. Dafür bin ich anfällig. Und das, was ich jetzt mit Annette Humpe zusammen geschrieben habe, das ist für mich schon sehr neu und sehr anders (lächelt). Die Arrangements sind poppig! Und die Zitate, die man auf den quantisierten Beats hört, sind ja eher siebziger und achtziger Jahre. Ich hatte auch schon bei "Küssen kann man nicht allein" anfangs die Sorge, dass die Leute das falsch verstehen könnten. Aber das ist zum Glück nicht passiert, man sagt mir sogar, dass die neuen Texte eine Weiterführung der alten sind. Und wir haben jüngeres Publikum dazugewonnen.

Dann ist ja alles gut!

Die Texte sind auch kinderkompatibel. Bis auf "Ganz langsam" vielleicht – der könnte auch von Till Lindemann von Rammstein sein!

Frauen können auch schrecklich sein - und auch stickum.

Frauen können auch schrecklich sein - und auch stickum.

Mit dem wurden Sie vor Kurzem gerade verglichen.

Wegen des rollenden Rrrrs, meinen Sie?

Nein, wegen der Export-Fähigkeit Ihrer Musik. Sie sind beide, so unterschiedlich Sie auch sind, der Renner in Übersee. Das deckt die ganze Bandbreite ab.

Ja, jeder von uns bedient seine Klischees. Von martialisch bis zum subtilen Witz ist alles dabei.

Ist es eigentlich anstrengend, immer den Gentleman zu geben?

Ich gebe den nicht, ich bin so (lacht). Und meine Schulfreunde sagen, ich war schon immer so. Und meine Oma hat gesagt, du bist wie dein Onkel -  es wurde mir also in die Wiege gelegt.

Bald gehen Sie wieder auf Tournee – ist das eher eine große Freude oder anstrengend?

Beides. Ich bin fit, meine Stimme macht das immer besser mit, zwar nerven mich lange Flüge, dafür sind wir aber auch bald zum Beispiel in Los Angeles und lassen den Winter hier hinter uns, das ist doch herrlich!

Sind Sie ein Sportler?

Nur, wenn es nicht anstrengend ist! Ich fahre gerne Rad, ich reite gerne und ich surfe. Aber Gewichte stemmen mag ich nicht. Und es muss immer Spaß machen. Mit meinen sportlichen Aktivitäten kann ich keinen Pokal gewinnen … Ich kann nämlich auch sehr gut einfach nur rumsitzen.

Sie haben sich vor Kurzem als den glücklichsten Menschen der Welt beschrieben – was macht Sie so glücklich?

Ich kann machen, was ich will. Ich mache Musik, ich reise mit einem fantastischen Orchester, ich bin nie allein auf meinen Tourneen, da sitzt immer jemand an der Bar, und da haben wir’s dann nett. 

Mit Max Raabe sprach Sabine Oelmann

Sein Album "Für Frauen ist das kein Problem" ist am 11. Januar erschienen.

Quelle: ntv.de

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