Kino

"Silent Hill: Revelation" trifft auf "Mass Effect" Von Blutkeulen und Weltraumhelden

Heather muss nach Silent Hill zurück - und bekommt es mit einer fanatischen Sekte zu tun.

Heather muss nach Silent Hill zurück - und bekommt es mit einer fanatischen Sekte zu tun.

(Foto: Concorde)

Die Außerirdischen kommen, um Menschen von Fehl Prime zu ernten. Hoffnungslos in der Unterzahl, müssen Leutnant Vega und seine Marine-Einheit den Aliens entgegentreten. Während der Animationsfilm "Mass Effect: Paragon Lost" mit Klischees entsetzt, packt "Silent Hill: Revelation" die Blutkeule aus. Ein übergangsloser Trip in den Wahnsinn, der den Zuschauer verwirrt zurücklässt.

"Mass Effect: Paragon Lost" ist bei WVG Media als Blu-ray und DVD erschienen.

"Mass Effect: Paragon Lost" ist bei WVG Media als Blu-ray und DVD erschienen.

(Foto: WVG Media)

Der Spieleindustrie ist der Buchmarkt nicht genug, also wird der Filmbereich immer mehr ins Visier genommen. Die verschiedenen Medien im thematisch verwandten Rahmen sollen die Verkaufszahlen gegenseitig fördern. Das ist effektiver, als jedes Mal die erzählte Welt oder ein komplettes Universum neu erfinden zu müssen. Bei Comics funktioniert das bereits hervorragend: Eine ganze Reihe von Helden setzen ihre Superkräfte bereits gewinnbringend auf den Kinoleinwänden ein - egal, ob Batman, X-Men oder Spider-Man.

"Mass Effect" ist eine erfolgreiche SciFi-Action-Rollenspielserie, mit der Electronic Arts den Sprung in den Filmmarkt versucht. Commander Shepard, Protagonist in den drei Spielvorlagen, fehlt allerdings im Animationsfilm "Paragon Lost". Eigentlich eine kleine Enttäuschung, doch diese Geschichte hat der Spieler ja bereits zum Teil mitbestimmen können. Als Figur ist Shepard trotzdem vorhanden - er ist der größte Held der Erde im 22. Jahrhundert. Und ein Vorbild für Leutnant James Vega, den muskelbepackten Marine, der das verkörpert, um was es in solchen Geschichten um Konflikte zwischen Menschen und Aliens so häufig geht: Selbstsicherheit, Unbekümmertheit, Heldentum und das Streben nach Erfolg.

So ist auch Vega, Teil einer neuen Marine-Einheit in einem fernen Sternensystem, zeitlich vor dem dritten Teil der Spieleserie angesiedelt. Das Abbaugebiet für Arzneimittelwirkstoffe ist ungemein wichtig für die Menschheit. Fehl Prime muss gehalten werden. Der Kommandeur fällt früh. So früh, dass Vega den Anfängertrupp zum Sieg über einen Angriff der Kroganer führt. Zum Dank werden die Marines der menschlichen Allianz auf dem Planeten fest stationiert. Das gefällt den kampfeshungrigen Jungspunden gar nicht. Der Film beginnt wie ein schlechter Action-Streifen.

Störsignal für Klischeereiterei

Übliche Charakterkonstellation: das Marine-Team um Leutnant Vega.

Übliche Charakterkonstellation: das Marine-Team um Leutnant Vega.

(Foto: WVG Media)

Fast jedes Klischee wird bedient, wenn es um Dialoge und Charakterentwurf geht: Die taffe junge Frau, die vom blonden Sunnyboy und Sprücheklopfer pausenlos mit flachen Witzen angegraben wird, die Außerirdische, der moralisch integre Vega und auch der Quoten-Nerd, der direkt in der ersten Einstellung an seiner Brille erkennbar ist, sind in der Truppenkonstellation vorhanden. Ein bisschen menschliches Kanonenfutter ist auch da. Zunächst bleibt es über Jahre ruhig, dann bemerkt das Kommando das Störsignal, ausgehend von einem unbekannten Gegenstand.

Es folgt ein Raumschiff mit außerirdischen Invasoren. Die sogenannten Kollektoren "neutralisieren" die Siedler, betäuben und transportieren sie in Kapseln ab. Vegas Einheit verschanzt sich und versucht herauszufinden, was die mit Hilfe ihrer Flügel umhersurrenden Eindringlinge vorhaben. Dann kommt es zu einer Wendung, die "Paragon Lost" zumindest ein wenig Spannung verleiht, ein bisschen Tiefe. Es ist kein Kinderfilm - hier fliegen die gezeichneten Fetzen, die FSK empfiehlt ihn ab 16 Jahre.

Trotzdem, von jemandem wie Regisseur Atsushi Takeuchi, der auch am Manga-Klassiker "Ghost in the Shell" sowie dem erfolgreichen "Star Wars: The Clone Wars" mitgearbeitet hat, wäre mehr zu erwarten gewesen. Da reicht es auch nicht, dass der Japaner die politische Karte der Fremdenfeindlichkeit spielt, die auch im kommenden Jahrhundert noch nicht ausgerottet ist - nur, dass sie zwischen den Menschen und den Alien-Rassen ihren Niederschlag findet.

"Mass Effect: Paragon Lost" braucht etwas, um sich von den Fesseln seiner Gemeinplätze zu befreien. Dann wird es ein höchstens mittelmäßiges Sci-Fi-Grafikabenteuer und am Ende trotz seiner Geradlinigkeit ein wenig dramatisch, wenn Leutnant Vega vor einer großen moralischen Entscheidung steht. Belanglos bleibt es trotzdem. Commander Shepard aus den Spielevorlagen kann Vega nicht helfen. Das kommt erst in "Mass Effect 3", wenn er als erfahrener Soldat der menschlischen Allianz zu den Mitstreitern seines Vorbildes gehört.

Gestapelte Wirklichkeiten in Silent Hill

Heather steckt im Nebel.

Heather steckt im Nebel.

(Foto: Concorde)

Sie war bereits in Silent Hill, und sie will auf keinen Fall zurück - zumindest am Anfang von "Silent Hill: Revelation" nicht: "Namen bedeuten nichts", sagt die junge, blonde Heather Mason am Anfang des Films, der auf einem Videospiel von Konami basiert. Zu Beginn ist der Horror-Streifen ein Verwirrspiel von Namen und Zeiten. Was echt ist, was Träume sind, ist nicht klar. Es gibt nur endlos übereinandergestapelte Wirklichkeiten, wie ein Mitglied des Ordens aus der Irrenanstalt sagt; keinen Unterschied zur Fantasie.

Es ist das alte Spiel, das schon seit den Filmen um Freddy Kruger in den 1980er Jahren funktioniert: Träume können tödlich sein. Nur, dass die Übergänge in "Revelation" fließend sind. Der zweite Film im "Silent Hill"-Universum wartet mit einem Arsenal an Schockmomenten auf. Die sind durch ihre Häufigkeit jedoch wenig effektiv. Vater Harry, gespielt von Sean Bean ("Soldiers Of Fortune", "Cleanskin"), wird vom Orden entführt, um Heather (hölzern: Adelaide Clemens) doch nach Silent Hill zu locken. Das Bergwerksdorf ist in Rauchschwaden gehüllt, weil die Flöze unter der Erde seit Jahrzehnten brennen.

Parcours ohne Spannungskurve

"Silent Hill: Revelation" ist bei Concorde auf DVD und Blu-ray erschienen, auch in 3D.

"Silent Hill: Revelation" ist bei Concorde auf DVD und Blu-ray erschienen, auch in 3D.

(Foto: Concorde)

Spätestens in dem fiktiven US-amerikanischen Ort wird die Handlung zu einem Parcours der Abnormitäten und sinnloser Brutalität, eine Charaktertour ohne echte Spannungskurve. Unter einem steten Ascheregen wirkt "Revelation" wie eine Umsetzung, die zu nah an der Videospielvorlage ist. Survival-Horror heißt das Genre, und so ist auch der Film geraten: Ein Kampf hier, ein Versteckspiel dort, eine Mutation, ein Monster, eine skurrile Foltermethode. Eine Aufgabe nach der anderen stellt sich der Protagonistin, die sie mehr oder minder erfolgreich meistert. Das Brutalitätslevel ist hoch. Überraschend, dass der Film eine Altersempfehlung von 16 Jahre bekommen hat.

In der Realität von Heather und Vince - ein junger, adretter Helfer - gibt es noch die Dunkelheit, die den Orden davon abhält, sich außerhalb von Silent Hill zu bewegen. Die religiöse Sekte ist gefangen. Der Rummelplatz, den Heather irgendwann besuchen muss, arbeitet unbeirrt und in voller Beleuchtungspracht, auch ohne Besucher. Doch Lichtblicke sind in "Revelation" eigentlich nur die eingestreuten Anspielungen auf andere Filme des Genres, etwa von Stephen King.

Insgesamt ist die Filmumsetzung der "Silent Hill"-Serie visuell gut gemacht: Kostüme, Maske, Licht und Sound sind auf einem guten Horrorniveau. Das meiste andere lässt der Streifen jedoch vermissen. Spannung ist mehr oder weniger Fehlanzeige, dafür verliert sich die Geschichte in abstrusen Passagen aus Metall, Blut und Fleisch.

Schade, denn die Vorlage und der Ansatz einer fanatischen religiösen Sekte, die die Welt von ihren Sünden befreien will, birgt Potenzial für wesentlich mehr.

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Quelle: ntv.de

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