"Ich darf nicht schlafen" Nicole Kidman erlebt den Amnesie-Horror
13.11.2014, 10:05 Uhr
Mit Videobotschaften versucht Christine (Nicole Kidman), Ausschnitte aus ihrem Leben zu bewahren.
(Foto: 2014 Sony Pictures Releasing GmbH)
Nicole Kidman hält sich für eine Frau Anfang 20. Das ist kein Witz über ihre Botox-Begeisterung, sondern ihr Geisteszustand im Amnesie-Drama "Ich darf nicht schlafen". Ihren Filmmann spielt Colin Firth. Aber ist das eine gute Nachricht?
Amnesie ist im Kino ein zweischneidiges Schwert, das nur von Meistern geschwungen werden sollte. Wirksam eingesetzt kann sie zu großartigen Filmen führen - siehe "Vergiss mein nicht", "Memento" oder "Die Bourne Identität". Wer allerdings meint, dank der dramaturgischen Keule namens Gedächtnisverlust an Handlung oder gar Logik sparen zu können, irrt gewaltig.
Christine (Nicole Kidman) wacht in einem Bett auf. An sie geschmiegt schläft ein ihr fremder Mann. Sie huscht ins Badezimmer und schaut in den Spiegel. Statt einer Studentin Anfang 20 blickt ihr eine zwei Jahrzehnte ältere Frau entgegen. An der Wand hängen Fotos, die sie mit dem fremden Mann zeigen. Der ist mittlerweile aufgewacht und gibt sich als ihr Ehemann Ben (Colin Firth) zu erkennen. Geduldig erklärt er der verängstigten Frau: Sie leidet seit einem Autounfall vor einigen Jahren an Gedächtnisverlust. Die zweite Hälfte ihres Lebens ist wie ausgelöscht. Christine erwacht jeden Morgen ohne Erinnerung an den Tag oder die zwei Jahrzehnte zuvor.
Dann erhält die Hausfrau einen Anruf von einem Neuropsychologen (Mark Strong). Er erinnert sie wie jeden Morgen daran, dass sie auf einer versteckten Kamera ein Videotagebuch führt, um Bruchstücke ihrer Erinnerungen zu bewahren. Anhand ihrer Botschaften aus der Vergangenheit bemerkt Christine, dass ihr Mann sie belügt. Nicht ein Autounfall hat ihre Amnesie ausgelöst - sie wurde Opfer eines brutalen Angriffs, den sie beinahe nicht überlebt hätte. Doch wer trachtete ihr nach dem Leben und schwebt sie womöglich immer noch in Gefahr?
Dramaturgie vor Wissenschaft
Ein Held oder eine Heldin ohne Kurzzeitgedächtnis kann ganz schön nerven. Alles Gelernte und Erlebte ist sofort wieder ausgelöscht, Spannung kommt da nur schwerlich auf. Kein Wunder also, dass gewiefte Filmemacher gern der Dramaturgie den Vorzug vor den Wissenschaften geben und lieber die komplette Welt in eine Zeitschleife schicken - siehe "Und täglich grüßt das Murmeltier" oder "Edge of Tommorrow". Auch dort beginnen die Protagonisten immer wieder von vorn.
Ganz so weit wollte Autor S.J. Watson bei seinem Roman mit dem punktlastigen Titel "Ich. Darf. Nicht. Schlafen." (im Original "Before I Go to Sleep") nicht gehen. Der Kniff mit dem Videotagebuch, das quasi als elektronisches Gedächtnis fungiert und der Handlung ein Fortschreiten erlaubt, ist auf der Kinoleinwand allerdings nicht ganz überzeugend. So bequem es sich Regisseur Rowan Joffe bei einigen dramaturgischen Abkürzungen macht, so willfährig übersieht das Drehbuch die eklatanten Logiklücken, die das Kinovergnügen bis zum Schluss massiv trüben.
Sehenswert ist dagegen wie meistens Colin Firth. Dem Briten will man einfach nichts Böses unterstellen, weshalb er in einer ambivalenten Rolle wie dieser die perfekte Besetzung ist. Mal gucken, ob er und Kidman das nächste Mal mehr Glück haben: Im April 2015 kommen die Oscar-Preisträger im Drama "The Railway Man" erneut als Ehepaar ins Kino.
"Ich darf nicht schlafen" läuft ab 13. November in den deutschen Kinos.
Quelle: ntv.de