Die Erben des Sonnenimperiums They Are The People: Bag Raiders
03.06.2011, 10:45 Uhr
Die Bag Raiders: Chris Stracey (l.) und Jack Glass.
(Foto: Universal Music)
Bag Raiders? Kenn' ich nicht, denken Sie sich jetzt vielleicht. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass Sie das Lied "Way Back Home" der Australier bereits mitsingen können, ist trotzdem ziemlich hoch. Schließlich ist das der Song, der die großen Fußstapfen, die Empire Of The Sun mit "We Are The People" in der Werbung hinterlassen haben, ausfüllen soll. Doch die aus Jack Glass und Chris Stracey bestehenden Bag Raiders sind mehr als nur ein Werbespot-Duo. Ihr Debütalbum, das am 17. Juni 2011 erstmals auch in Deutschland erscheint, landete im Heimatland der beiden Musiker bereits weit oben in den Charts. n-tv.de sprach im Interview mit Chris Stracey über den Erfolg, die Furcht vor dem Reklame-Makel, Haie und das Oktoberfest.
n-tv.de: Ihr wart im Mai in Deutschland auf Tournee. Wie war es denn?
Chris Stracey: Oh, wir hatten viel Spaß. Es war tatsächlich das erste Mal überhaupt, dass wir in Deutschland waren. Insofern war es wirklich eine tolle Erfahrung.
Euer Konzert in Hamburg fand am 14. Mai statt. Das war der Tag des Eurovision Song Contests. Es heißt immer, der sei in Australien auch sehr populär. Stimmt das?
Ja, aber ich glaube, der ist auf der ganzen Welt populär - oder? Ich weiß auf jeden Fall, dass viele unserer Freunde in Australien ihn sich angesehen haben. Bei unserem Konzert in Hamburg war das auch echt lustig. Das fand nämlich in einem Club auf der Reeperbahn statt. Davor auf der Straße haben sich hunderte Menschen den Contest auf einem Monitor angesehen.
Aber Ihr konntet nicht, Ihr musstet spielen …
Ja, das stimmt. Wir haben unsere eigene Eurovision im Club gemacht.
O.k., Ihr wart jetzt für Eure Tour in Deutschland. Aber ich muss sagen: Die Australier, die ich bisher hier getroffen habe, waren eigentlich alle wegen des Münchner Oktoberfests hier …
Oh ja, da würde ich auch echt gerne mal hin - zumal mein Geburtstag im Oktober ist. Das wäre mit Sicherheit die perfekte Geburtstagsparty. Man muss wissen: Wir lieben Bier in Australien. Und wir trinken speziell deutsches Bier wirklich gerne. Das Oktoberfest klingt insofern nach einem guten Plan.
Wenn ich mir Euer Album anhöre, weiß ich nur nicht, ob Euch da die Musik gefallen würde …
(lacht) Ja, das weiß ich natürlich auch nicht so genau.
Bleiben wir bei Eurem Album: In Deutschland wird es erst jetzt, am 1. Juli, veröffentlicht. In Australien hingegen ist es schon im vergangenen Jahr auf den Markt gekommen - und ist da ziemlich erfolgreich, oder?
Ja. Wir können uns nicht beklagen. In Australien ist es bisher echt gut gelaufen. Ich glaube, wir sind in der ersten Woche auf Platz sieben in die Charts eingestiegen. Und wir waren Nummer eins bei iTunes, was wirklich eine tolle Sache ist.
Es ist ja immer schwierig, Musik zu beschreiben. Aber bei Euch ist es irgendwie besonders schwierig. Einerseits ist das Dance-Musik mit House-Einflüssen, andererseits gibt es diverse Songs mit Gesang auf dem Album, die man wohl einfach als elektronische Popmusik bezeichnen könnte. Wie würdest Du Euren Stil charakterisieren?
Ach, ich glaube elektronischer Pop trifft es schon ganz gut. Stimmt schon, viel von unserer Musik ist "dancy", weil wir da unsere Wurzeln haben. Als wir mit der Musik angefangen haben, haben wir erst mal sehr viel für DJs gearbeitet und Remixe von straighter Club-Musik gemacht. Aber als es darum ging, ein Album aufzunehmen, wollten wir variieren und mit unterschiedlichen Musikstilen und Songs experimentieren.
Zu denen, die die Gesangsparts auf dem Album übernommen haben, gehören Leute wie Rhys Taylor, Giselle Rosselli oder Martin Solomon. Ich muss zugeben: Die Namen sagen mir nichts …
Die meisten von ihnen sind Freunde von uns, also Leute aus Australien, die selbst ihre eigenen Bands hier haben und teils auch aus einer ganz anderen musikalischen Ecke als wir kommen. Eine Ausnahme ist Dan Black. Er ist ein Engländer, der in Paris lebt. Ihn hatten wir tatsächlich zuvor noch nie getroffen, mochten aber seine Stimme total gern. Also haben wir ihn über das Internet kontaktiert und ihn in einer E-Mail gefragt, ob er nicht einen Song mit uns aufnehmen möchte. Und erfreulicherweise hat er Ja gesagt.
Das Album hat ja keinen Titel, sondern heißt schlicht wie Ihr "Bag Raiders" - weil Ihr zu faul wart, Euch einen Titel auszudenken?
Ja, vielleicht weil wir zu faul waren. Vielleicht aber auch, weil wir es mit Namen nicht so haben. Außerdem finde ich, dass die Gelegenheit, ein selbstbetiteltes Album zu haben, nie schlechter ist als beim ersten Album. (lacht) Und: Das Artwork für das Album hat uns wirklich sehr beeindruckt. Es steht für sich selbst und sieht einfach besser aus, wenn da nur das Band-Logo ist und nicht noch ganz viel anderer Text.
Es heißt, Ihr hättet Euch für die Aufnahmen zu dem Album in einem "Geheimbunker" eingenistet und nahezu komplett von der Außenwelt abgeschottet. Was ist da dran?
Nun ja, es ist nicht wirklich ein Bunker, sondern unser Studio. (lacht) Tatsächlich war das früher mal ein Pferdestall - das ist also schon ein ziemlich interessanter Ort. Als wir die Hauptarbeiten zu unserem Album machten, war es Winter. Wir haben uns da wirklich für mehrere Monate mit unseren Synthesizern und Computern ziemlich eingegraben und Tag und Nacht sehr hart gearbeitet. Und wir haben uns fette Bärte in der Zeit wachsen lassen ...
Stimmt, das habe ich gelesen. Wie lang waren die Bärte denn?
Gar nicht so lang. Aber wirklich fett. Es war auf jeden Fall der fetteste Bart, den ich je hatte. Immer wenn ich meiner Großmutter zu der Zeit begegnet bin, wollte sie mir Geld geben, damit ich zum Barbier gehe.
Manchmal habt Ihr das Studio also doch verlassen. Es heißt, auch um Schnorcheln zu gehen …
Ja, aber erst als es wieder wärmer wurde. Hauptsächlich sind wir allerdings rausgegangen um Essen und Rotwein zu besorgen.
Bleiben wir trotzdem mal beim Schnorcheln. Das klingt nach dem Klischee der Surfer-Boys, das viele hierzulande bei Australien im Kopf haben. Passt Ihr da rein?
Nein, keiner von uns beiden surft. Aber wir gehen sehr gerne schwimmen und lieben das Meer. Und Schnorcheln ist eine unserer Lieblingsbeschäftigungen im Sommer. Wir leben in der Nähe von Bondi (Stadtteil Sydneys mit dem Bondi Beach, Anm. d. Red.).Da gibt es echt viele Fische. Es ist ziemlich entspannend, sich einfach auf dem Wasser treiben zu lassen und ihnen zuzusehen.
Aber da gibt es doch auch Haie. Bist Du jemals einem begegnet?
(lacht) Nein, nie. Zum Glück!
Wenn wir schon bei Begegnungen sind - wie seid Du und Dein Bandpartner Jack Glass Euch eigentlich über den Weg gelaufen?
Wir gingen beide auf dieselbe Schule. Daher kennen wir uns schon ziemlich lange. Jack war allerdings eine Klasse über mir, so dass wir da gar nicht so viel zusammen abhingen. Wir waren jedoch gemeinsam im Orchester. Wir sind so High-School-Musik-Typen. Ich habe Geige gespielt und Jack Piano. Wir haben also eine Verbindung über die klassische Musik. Aber dass wir richtig viel Zeit miteinander verbracht, uns über Musik ausgetauscht und uns CDs vorgespielt haben, das kam erst einige Jahre nach der Schulzeit. Und das hat schließlich zu dem geführt, was wir jetzt musikalisch machen.
In Deutschland kann Euch derzeit eigentlich keiner entkommen. Euer "Way Back Home" ist der neue Song der Werbekampagne von Vodafone. Wie ist es dazu gekommen? Wart Ihr in die Entscheidung eingebunden?
Es war so, dass Vodafone auf unsere Plattenfirma zugegangen ist und die Zusammenarbeit vorgeschlagen hat. Die Plattenfirma wiederum hat uns den Deal erklärt und gefragt, ob wir das machen wollen. Wir haben Ja gesagt. Es eröffnet uns einfach die Chance, ganz viele Menschen zu erreichen, die sonst wahrscheinlich nie unsere Musik hören würden. Von daher ist das wirklich gut für uns. Alles, was dazu beiträgt, unsere Musik bekannt zu machen, ist eine gute Sache.
Das ist der eine Aspekt. Auf der anderen Seite gibt es aber auch die Gefahr, dass irgendwann jeder nur noch sagt: Ach, dass ist diese Band aus der Werbung …
Ja, darüber haben wir schon auch nachgedacht. Aber gleichzeitig wussten wir, dass wir auch hierherkommen würden, um eine Reihe von Konzerten zu spielen und uns in einem größeren Rahmen vorzustellen. Natürlich wollen wir nicht die "Vodafone-Band" sein, weil wir mehr zu bieten haben als das. Wir haben schließlich ein komplettes Album draußen. Ich denke, das ist schon ganz cool so.
Ihr seid in dieser Kampagne ja die Nachfolger von Empire Of The Sun. Ihr "We Are The People" wurde nicht zuletzt wegen der Werbung zu einem Riesenhit. Magst Du den Song?
Ja, ich finde, das ist ein wirklich guter Song. Und Empire Of The Sun haben echt eingeschlagen, als sie rausgekommen sind. Ein paar Freunde von uns spielen übrigens in deren Live-Band.
Ja, Empire Of The Sun kommen ja auch aus Australien. Was ist eigentlich das Geheimnis dahinter, dass in jüngster Zeit so viele Bands von "down under" zu uns herüberschwappen?
Stimmt, das ist lustig: Zur Zeit gibt es echt viele Bands im Bereich der Synthesizer- und Pop-Musik bei uns, die groß rauskommen. Aber das ist auch cool. Wir haben eine starke Szene für diese Musik in Australien. Und dass die nun auch im Rest der Welt immer bekannter wird, ist fantastisch.
Zum Schluss noch zu Eurem Namen: Ihr nennt Euch "Bag Raiders". Das könnte man als "Taschendiebe" übersetzen. Wieviele Taschen habt Ihr in Eurem Leben schon geklaut?
(lacht) Noch keine wirklich. Zu dem Namen sind wir so gekommen: Bevor wir mit unserer eigenen Musik angefangen haben, haben wir ein DJ-Mix für einen Freund von uns gemacht. Das Blöde war, dass wir zu der Zeit nicht sehr viele Platten hatten - Freunde von uns, die DJs waren, aber schon. Also haben wir ihre Plattenkoffer nach Platten durchstöbert, die wir für das Mix verwenden wollten. Wir haben die Mix-CD dann "Bag Raiders" genannt - und der Name ist an uns hängengeblieben.
Mit Chris Stracey von den Bag Raiders sprach Volker Probst
Quelle: ntv.de