Kino

Charlotte Roches Seelenstriptease Viel Sex, aber nicht nur

Sie wollen wieder Schwung in ihre Ehe bringen - klappt das im Bordell?

Sie wollen wieder Schwung in ihre Ehe bringen - klappt das im Bordell?

(Foto: dpa)

Guten Kaffee zu machen ist schwerer als blasen. Das findet Elizabeth in Charlotte Roches Romanverfilmung "Schoßgebete". "Du hast sie nicht mehr alle", findet ihr Mann, aber auch das: nichts Neues. Neu jedoch: mal eine wirklich gute Romanverfilmung.

Eine Katastrophe, die sie da zum Film macht. Und dennoch gelingt es sowohl der Autorin als auch jetzt dem Regisseur, daraus kein reines Drama zu machen, sondern die Geschichte auf eine heitere Art zu erzählen. Diese typische Art, mit der Charlotte Roche unheimlich oft nervt, weil sie manchmal so plakativ ist, aber wenn man ehrlich ist: Das Leben ist plakativ und es nervt an manchen Stellen auch gewaltig. Wenn wir also weiter machen wollen, dann doch am besten mit ein bisschen Humor.

Man kann sie mögen oder nicht: Irgendwas hat sie, die Charlotte.

Man kann sie mögen oder nicht: Irgendwas hat sie, die Charlotte.

(Foto: picture alliance / dpa)

Nach den umstrittenen "Feuchtgebieten" kommt nun auch Charlotte Roches zweiter Roman auf die Kino-Leinwan d. "Sommermärchen"-Regisseur Sönke Wortmann bringt "Schoßgebete" ins Kino, die  Geschichte über eine neurotische und schwer traumatisierte Frau und ihre ungewöhnliche Ehe. Elizabeths (Lavinia Wilson) Leben gerät aus den Fugen, als ihre Geschwister bei einem Autounfall auf dem Weg zu ihrer Hochzeit ums Leben kommen. Seitdem rechnet sie immer mit dem Schlimmsten und ist in erster Linie damit beschäftigt, über ihr Testament nachzudenken. Ihre Asche beispielsweise möge bitte im Hausmüll versinken. Nicht ganz einfach manchmal, die Gedanken seiner Frau nachzuvollziehen, aber in der Rolle des Ehemannes Georg ist Jürgen Vogel zu sehen, der ihr trotz vieler Schwierigkeiten zur Seite steht.

Perfekte Mutter, Hausfrau, Liebhaberin

Im Mittelpunkt steht nun also tatsächlich die wahre Geschichte der Charlotte Roche, die damit den Tod ihrer drei Brüder, die 2001 bei einem fürchterlichen Autounfall auf dem Weg zu Roches geplanter Hochzeit ums Leben kamen, zu verarbeiten sucht. "Ich glaube, ich kann nicht anders schreiben", sagt sie deswegen auch und beschreibt neben Kindererziehung, Biokost und Therapie daher ebenso detailliert die gemeinsamen Bordellbesuche von Elizabeth mit ihrem Mann. Diese junge und bereits hochneurotische Frau macht sich um alles und jeden permanent Sorgen - wer würde es ihr verdenken bei der Biografie? "Bei der Geschichte nicht völlig durchzudrehen, ist doch schon mal was", findet auch Regisseur Sönke Wortman, und fragt ganz nebenbei noch an: "Wie halte ich meine Beziehung frisch, wenn ich zehn Jahre verheiratet bin?"

Lavinia Wilson und Sönke Wortmann.

Lavinia Wilson und Sönke Wortmann.

(Foto: dpa)

Da hat Elizabeth einen Tipp, denn nur bei einer einzigen Tätigkeit ist sie völlig entspannt und angstbefreit: beim Sex. Deshalb ist der ihr auch so wichtig. Elizabeth will allen Rollen gerecht werden, sie will nicht nur perfekte Mutter sein, sondern auch perfekte Ehefrau und Liebhaberin. Ein Anspruch, der - und darin werden sich einige Frauen wieder erkennen können - ziemlich zermürbend sein kann, und bei dem Humor durchaus hilfreich ist.

Humor ist nun also auch - in Charlottes Welt zumindest -, wenn man mit seinem eigenen Mann in den Puff geht. Dort treiben sie es auf jede erdenkliche Art und Weise, doch da der Film ab 12 Jahren freigegeben ist, geht der Regisseur nie so tief ins Detail wie die Buchautorin. Danke dafür. Und es geht ja auch nicht mehr um Analfissuren und schlimmen eitrigen Ausfluss, um behaarte oder unbehaarte Körperteile (obwohl, die Frage nach zehn Jahren Ehe: "Juckt's dich am Po auch manchmal?" darf nicht fehlen), sondern es geht um die Seele einer Frau. Bei ihrer Therapeutin (Juliane Köhler) sucht sie die Antworten auf dringende Fragen, die nicht nur so traumatisierte Menschen wie Elizabeth durchaus stellen: Wie gehe ich mit meinen Ängsten um, mach ich alle richtig mit meiner Familie und kann mein Mann mich überhaupt noch attraktiv finden, nachdem er nun weiß, dass es mich am Po juckt?

Charlotte Roche erzählt viel von sich selbst: Sexualität, Mutterschaft, Trauma, und da bei Roche nicht ein Aspekt mehr bedeutet als der andere, kann das manchmal etwas anstrengend sein, aber auf der anderen Seite - wenn das Leben so anstrengend ist, was soll man machen? Schauspielerin Lavinia Wilson selbst gibt ihrer Figur sehr viel von Charlotte, bis hin zur unverwechselbaren Sing-Sang-Stimme der Autorin und Moderatorin, die immer wieder aneckt.

Dass Jürgen Vogel gern den Macho gibt, wissen wir. Dass er aber eine ganz andere Seite hat, zeigt er mit folgender Aussage: "Die Gedankenwelt dieser Frau ist rührend und lustig zugleich. Wir sind so geprägt von Männerfiguren im Film, da ist es schön, mal was anderes zu sehen."

"Schoßgebete" von Sönke Wortmann startet am 18.9. in den Kinos.

Quelle: ntv.de, mit dpa

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