Kino

Social-Slasher-Horror: "Comedown" Willkommen zum tödlichen Happening

Einmal nicht aufgepasst ... In "Comedown" wird aus einer ausgelassenen Party ein Kampf ums simple Überleben.

Einmal nicht aufgepasst ... In "Comedown" wird aus einer ausgelassenen Party ein Kampf ums simple Überleben.

(Foto: Capelight)

Düster und bedrohlich überragt der abrissreife Wohnblock Mercy Point das Stadtviertel, in dem Lloyd und seine Freunde leben. Mercy Point war einst ihr Zuhause. Sie sollen deshalb dort einen Job für einen Piratensender erledigen. Der Deal verspricht schnelles Geld, Drogen und jede Menge Partyspaß. Doch in den Gängen lauert ein letzter Bewohner - und den sollte man nicht reizen.

Düster und bedrohlich: "Comedown" (Capelight) spielt im Mercy Point-Wohnblock.

Düster und bedrohlich: "Comedown" (Capelight) spielt im Mercy Point-Wohnblock.

(Foto: Capelight)

Manche Häuser sollte man einfach nicht betreten. Wenn sich vor einem ein abrissreifes Hochhaus in den düster-verhangenen Wolkenhimmel reckt, als bäume es sich zu einem letzten tödlichen Atemzug auf, sollte man wegrennen. Wenn die Fassade des Blocks von dutzenden unkontrolliert brennenden Feuern geschwärzt ist, sollte man wegrennen. Wenn statt sauber geputzter Fenster einem nur dunkle Löcher anstarren und zu fragen scheinen: Was willst du hier? - sollte man erst recht wegrennen. Woher man so etwas weiß? Nun, bei Hänsel und Gretel war das Lebkuchenhaus beispielsweise sogar noch süß und lecker anzuschauen, und die Geschichte wäre für die beiden Kinder dennoch fast in die Hose gegangen. Mercy Point dagegen zeigt mit seinem heruntergekommenen Äußeren bereits, dass hier etwas Bösen lauert.

Der Teenager Lloyd (Jakob Anderson; "Game Of Thrones") steht vor Mercy Point, den abgewrackten Überresten eines Wohnblocks, dessen besten Jahre bereits Jahrzehnte zurückzuliegen scheinen. Lloyd hat gerade eine mehrmonatige Haftstrafe abgesessen und will seine ersten Stunden in Freiheit mit seinen Freunden und vor allem seiner schwangeren Freundin Jemma (Sophie Stuckey, "Die Frau in Schwarz") verbringen. Spaß haben, mal wieder auf den Putz hauen. Aber dafür braucht die Gruppe Geld. 50 Pfund springen immerhin dafür heraus, für einen Piratensender eine Antenne anzubringen - im obersten Stockwerk des seit Jahren verlassenen und aufgegebenen Mercy Point.

Lloyd und seine Freunde müssen nicht lange nachdenken: Mercy Point war einst ihr aller Zuhause. Sie kennen sich hier aus. Es gibt keinen Gang, keine Treppe, keine Ecke, keinen Winkel des Wohnblocks, in dem sie nicht schon gewesen waren - denken sie. Also flugs ein paar Party-Utensilien gepackt - Bier, Drogen, Ghettoblaster - und los geht’s: Mercy Point, wir kommen!

Dieses Haus ist böse

Die erste Überraschung: Einer der Fahrstühle funktioniert noch. Das sollte den Trupp eigentlich schon einmal stutzig machen. Aber hey, wieso nicht einfach einmal Glück haben? Das Leben im heruntergekommensten sozialen Brennpunkt der Stadt ist doch eh schon hart genug. Aber nicht alle wollen mit dem Fahrstuhl fahren und so teilt sich die Gruppe auf.

Partypeople in the house!

Partypeople in the house!

(Foto: Capelight)

Na, das geht doch niemals gut aus, mag der geneigte Horror-Schocker-Fan da bereits denken. Aber nichts passiert. Lloyd und der Rest kommen wohlbehalten im obersten Stockwerk an. Die Geräusche, die aus den Wänden überall im Haus zu kommen scheinen, das Knarzen und Quietschen von kaputten und altersschwachen Türen und Treppen, ignorieren sie. Auch die Schattenspiele an den mit Graffiti beschmierten Wänden lassen sie kalt. Ein Fehler.

Zuerst verschwindet Lloyds schwangere Freundin Jemma spurlos. Lloyd ist der Einzige, der sie suchen will. Der Rest des Partyvolks ist bereits auf Wolke sieben. Dorthin ist auch Lloyd unterwegs, denn in seinem Bier haben seine Kumpels eine Pille verschwinden lassen, damit Lloyd mal "runterkommt und lockerer wird".

Wer ist Freund, wer Feind? In "Comedown" verwischen die Grenzen.

Wer ist Freund, wer Feind? In "Comedown" verwischen die Grenzen.

(Foto: Capelight)

Doch die Zeit dafür ist längst vorbei: Lloyd spürt urplötzlich, dass sie nicht allein in dem verlassenen Haus sind. Als dann noch eine verstümmelte Leiche auftaucht, wissen es auch Lloyds Freunde. Irgendjemand befindet sich außer ihnen noch in Mercy Point - und der will um jeden Preis seine Ruhe haben. Koste es, was es wolle.

Böse. Böse. Böse.

Ehrlich, Mercy Point bei Nacht? Als Zuschauer will man da nicht einmal tagsüber rein. Der Block verströmt eine zutiefst unheimliche und bedrückende Stimmung, die auch den Zuschauer von "Comedown" unweigerlich erfasst. Klar kann man bereits am Beginn des Films erahnen, wie er ausgeht. Aber der Weg bis dahin ist das Ziel - und sorgt für wohliges Unbehagen.

Natürliche Auslese im Mercy Point: Nur die Stärksten überleben.

Natürliche Auslese im Mercy Point: Nur die Stärksten überleben.

(Foto: Capelight)

Die Hauptfiguren entsprechen den typischen Stereotypen eines solchen Slasher-Horrors: der Held, der Möchtegern-Anführer, die Schöne, der Tumbe und so weiter. Aber im Endeffekt sind die Charaktere wie die Hauptdarsteller austauschbar. Was zählt, ist das Ambiente - und der Bösewicht (Geoff Bell; Tommy Hatcher aus "Hooligans", "RocknRolla"). Was wäre Hänsel und Gretel ohne Hexe? Was "Nightmare On Elm Street" ohne Freddy Krueger?

Und genau bei diesen beiden essenziellen Punkten kann "Comedown" überzeugen. Der Bösewicht ist so abgrundtief monströs wie der "Collector". Moral? Pffft. Überflüssig. Stattdessen hat der "Mercy-Point-Massenmörder" so manche Falle in petto, so manchen tödlichen Spaß in der Hinterhand. Da juckt auch der etwas hanebüchene Grund für seinen Aufenthalt im Wohnblock und seinen Hass auf die Teenager um Lloyd nicht wirklich. Warum muss es eigentlich auch immer einen triftigen Grund geben, um abgrundtief böse zu sein? Wie ist die Hexe so geworden, dass sie kleine Kinder nicht leiden kann?

Nicht wegrennen. Anschauen!

"Comedown" ist der zweite Film des britischen Regisseurs Menhaj Huda nach seinem viel beachteten Debüt "Kidulthood". Das Thema des Films ist nicht neu: In den vergangenen Jahren gab es vielmehr eine Schwemme aus Social-Horror- und -Action-Filmen. Da wäre etwa "Harry Brown" mit Michael Caine, "Dredd", "The Raid" oder auch der französische Zombie-Streifen "Die Horde" zu nennen. Und auch "Attack The Block" und der diesjährige Fantasy-Filmfest-Nights-Beitrag "Citadel" fallen in diese boomende Kategorie.

Noch fehlt ein deutscher Beitrag, aber auch hierzulande gibt es immer mehr leerstehende und vor sich hin rottende Hochhausblocks in den Großstädten. Es wird also Zeit. Bis dahin lässt sich aber mit "Comedown" prima die Zeit überbrücken. Wenn man düstere Bilder und wenig Licht mag, wenn man keine allzu tiefen Charakterstudien möchte und stattdessen auf "hausgemachten" Social-Slasher-Horror steht, dann sollte man vor "Comedown" nicht wegrennen.

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Quelle: ntv.de

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