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Das Grand-Prix-Tagebuch, Tag 2 Die irren Iren

Durchgeknallt, aber charmant: Jedward.

Durchgeknallt, aber charmant: Jedward.

(Foto: picture alliance / dpa)

Sonntag, 8. Mai, 23.30 Uhr: Zurück in Köln
Eigentlich gehört das nicht hier her, aber allein darüber könnte man einen ganzen Roman schreiben: Die Bahn ist eine Zumutung, zumindest an diesem Wochenende im Bereich Köln-Düsseldorf. Angeblich wegen Gleisbauarbeiten herrscht hier das absolute Chaos - kein Zug, der nicht verspätet ist, gerammelt volle Bahnsteige und Züge, in denen man kaum noch atmen kann, falsche Anzeigen, zu wenig bis gar keine Durchsagen. Wenn denn mal eine Durchsage kommt, dann endet sie mit den Worten "Wir bitten um Entschuldigung." So viel, wie wir allein in den vergangenen zwei Tagen entschuldigt haben, könnten wir einen Ablasshandel aufmachen. Sollte das am Wochenende des ESC-Finales genauso ablaufen, dann wird wohl mancher ausländischer Besucher mit dem Eindruck, er sei in einem Entwicklungsland gewesen, die Heimreise antreten. Der lustigen Chaostruppe von der Bimmelbahn jedenfalls sei Dank, dass es schon beinahe Mitternacht ist, als wir wieder in Köln sind. An der Hotelbar mischen wir uns unter die vereinsamten Geschäftsmänner und genehmigen uns einen Absacker. Für heute reicht es.

Sonntag, 8. Mai, 18.00 Uhr: Los jetzt, arbeiten
Da ist er wieder, der Tisch im Pressecenter, der danach ruft, dass wir unseren Laptop darauf stellen. Ja, ja, ist ja schon gut. Und so tippen wir, bis sie uns um 21 Uhr rausschmeißen.

Jedward-Fans mit Solidaritätsfrisurattrappe.

Jedward-Fans mit Solidaritätsfrisurattrappe.

(Foto: picture alliance / dpa)

Sonntag, 8. Mai, 17.00 Uhr, Lenas zweite Probe
Apropos Lena, da war doch noch was: Heute steht sie für ihre zweite Probe auf der Bühne. Und nachdem wir die Premiere am Vortag so grandios verpasst haben, dürfen wir uns das nicht entgehen lassen. Außerdem bietet das erstmals die Möglichkeit, das zur Song-Contest-Arena umgebaute Stadion von innen zu begutachten. Meine Güte, das ist schon echt ein Knaller geworden. Hinter der kreisförmigen Bühne erhebt sich eine monstergroße Videowand, die Masse der Scheinwerfer hier dürfte in freier Wildbahn eingesetzt reichen, eine Kleinstadt zu beleuchten, und das riesige Rund des geschlossenen Stadions an sich wirkt mit seinen bunten Sitzen und all den Lichtern beinahe wie ein Raumschiff. Mittendrin in diesem Moloch die zierliche Lena mit ihren tanzenden Kondom-Werbeträgerinnen, viele Techniker, eine Schar Journalisten und einige der Volunteers genannten Helfer mit dem Schriftzug "May I help you?" auf dem Rücken ihrer roten Shirts. Ansonsten gibt es bei den Proben natürlich noch keine Besucher. Wenn wir gehässig wären, würden wir sagen, dass Lena es ja gewohnt ist, vor leeren Hallen zu singen. Aber das sind wir nicht. Die Performance selbst ist absolut überzeugend. Lenas mit Hall unterlegte Stimme kommt kräftig rüber, die Projektionen der Tänzerinnen auf der Videowand geben dem Ganzen noch mal einen zusätzlichen düsteren Touch. Doch wenn die Musik verklungen ist und die Vorbereitungen für einen weiteren Probedurchgang laufen, gibt sich die 19-Jährige gewohnt undüster, legt sich der Länge nach auf die Bühne und spielt schlafen. Doch eins ist sicher: Einschlafen wird bei ihrem Auftritt beim Grand Prix niemand.

Diesmal ohne Schleife: Lena bei ihrer zweiten Probe.

Diesmal ohne Schleife: Lena bei ihrer zweiten Probe.

(Foto: REUTERS)

Sonntag, 8. Mai, 16.15: Jetzt aber mal Jedward
O.k., die Pressekonferenz der irren Iren gucken wir uns jetzt aber auch mal live und aus der Nähe an. Schließlich werden sie ja schwer als Mitfavoriten gehandelt. Jedward alias die eineiigen Zwillinge John und Edward sitzen da wie zwei Mensch gewordene Radieschen. Weil nicht jeder ihrer Fans (noch) in der Lage ist, sich eine ähnliche Frisur zuzulegen, helfen viele im Publikum mit einer um die Stirn gebundenen Nachbildung der Haarpracht aus Pappe nach. Keine Frage, einen gewissen Unterhaltungswert haben die beiden, die sich blödelnd die Bälle zuschieben. "Ich mag euch", bekennt ein polnischer Journalist zu Beginn seiner Frage. "Oh, ich mag dich auch", erwidert John. Oder Edward? Was denn passiert, wenn sie gewinnen, will einer wissen. Dann werde die Queen nach Irland kommen, geben die beiden selbstbewusst zurück. Ähnlich sicher sind sie sich auch, dass sie früher oder später bei Lena landen werden, auch wenn die in ihrer Pressekonferenz ein Date mit den Jungs - wir glauben mal, dass die beiden Jungs sind - ausgeschlossen und ihnen stattdessen Freundschaft angeboten hat. "Ja, sie will, dass wir nur Freunde bleiben. Aber so fängt das ja immer an", meint Edward. Oder John?

Sonntag, 8. Mai, ca. 15 Uhr: Konzentration bitte!
Während man schreibt, vergeht die Zeit im Flug. Und blöderweise ist man hier gerne mal abgelenkt. Immer wieder laufen Journalisten mit irgendwelchen der 43 Song-Contest-Teilnehmer im Schlepptau an einem vorbei, um mit ihnen Interviews oder Fotos zu machen. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Arbeitsbereich befindet sich zudem die Halle für die Pressekonferenzen, in der es zugeht wie beim Brezelbacken. Nach und nach stehen hier die Interpreten einer größeren Journalistenschar Rede und Antwort. Was bei den Pressekonferenzen passiert, kann man auch außerhalb auf den vielen Monitoren verfolgen. Zu überhören ist es ohnehin spätestens dann nicht mehr, wenn die Grand-Prix-Hoffnungen mit einem Ständchen für die Journalisten ihren Titelambitionen Nachdruck verleihen.

Willkommen in Metropolis - Lenas Bühnenshow ist futuristisch.

Willkommen in Metropolis - Lenas Bühnenshow ist futuristisch.

(Foto: REUTERS)

Sonntag, 8. Mai, 12.00 Uhr: Let’s work
Autsch, verflixtes Altbier! Aber selbst schuld, wir mussten ja nach vielen Jahren unbedingt mal wieder ausprobieren, wie das schmeckt. Diesem Umstand und der spitzen Bahnverbindung zwischen Köln und Düsseldorf sei Dank kommen wir erst gegen Mittag wieder auf dem Song-Contest-Areal an. Fix den Laptop auf einem der Hunderten von Tischen im Pressecenter ausgepackt und losgeschrieben. Womit wollten wir nochmal anfangen?

Das Grand-Prix-Tagebuch, Tag 1 - Lena, Party und viel Stress

Quelle: ntv.de

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