Musik

Muss man gehört haben Belle and Sebastian gegen den Weltschmerz

Jetzt rappelt's im Karton!

Jetzt rappelt's im Karton!

Von wegen verspielt: Auf ihrem neuen Album "Girls in Peace Time want to dance" entdecken die Hipster-Lieblinge Belle and Sebastian ihren inneren David Guetta und erfinden sich zu wummernden Beats fast vollständig neu.

Im Englischen gibt es den Begriff "twee", den man meistens mit goldig und niedlich übersetzt, aber wie so oft trifft es nicht ganz. Als Belle and Sebastian Ende der 90er-Jahre ihre ersten Alben "Tigermilk", "If You're Feeling Sinister" und "The Boy with the Arab Strap"  herausbrachten, fanden es manche heimischen Musikjournalisten ein bisschen "twee". Da war die sehr verträumte Stimme von Stuart Murdock und der verspielte Sound der sechsköpfigen Band mit Keyboards, Cello und Trompete. Aber die Kritiker übersahen, dass die Schotten sehr wohl auch die inneren Velvet Underground herauskehren konnten.

Absoluter Discostampfer

Sie belieben zu scherzen ....

Sie belieben zu scherzen ....

Oder wie jetzt im Fall von "Girls in Peace Time Want to Dance", das Ende der Woche in Deutschland erscheint, den inneren David Guetta. Als die Band vor einigen Monaten die Single "Party Line" veröffentlichte, musste man erst zweimal hinhören, denn es klang wie ein absoluter Discostampfer. Die Botschaft ist klar: Tanzt, Leute! Und das macht man doch gern. Die Beats wummern, während Murdoch mit seiner hellen Stimme trällert, dass die Welt da draußen keine schöne ist, aber das sollte einen nicht davon abhalten zu tanzen. Auch bei "Enter Sylvia Plath" zuckt das Bein, das Ganze erinnert an den Sound der Pet Shop Boys. Disco-Bombast, aber wie der Titel schon vermuten lässt, handelt der Text nicht davon, dass man am Strand entlangschlendert.

Die Lieder von Belle and Sebastian erzählen immer wieder kleine wunderbare Geschichten, oft autobiografisch. Murdoch leidet seit über 20 Jahren am Erschöpfungssyndrom. Anfangs war es so schlimm, dass er jahrelang nicht arbeiten konnte. Auf dem neuen Album erinnert das hypnotische "Nobody's Empire" an diese furchtbare Zeit der Isolation.

Augenzwinkernde Attacke auf die Bioladen-Generation

Belle and Sebastian waren aber nie nur Stuart Murdoch allein und bei "Girls in Peace Time Want to Dance" toben sich auch die anderen Bandmitglieder aus. Auch Sarah Martin gibt sich in "The Power of Three" den Beats hin, während Kollege Stevie Jackson seine Bioladen-Generation augenzwinkernd hochnimmt: "sexual tension at the fridge, he makes for the organ figs". Das ist alles ziemlich funky, aber die alten Fans müssen jetzt nicht Trauer flaggen, dass ihre Helden und Heldinnen komplett in den Club-Orbit verschwunden sind. Mit dem sanften "Ever Had A Little Faith" und dem verspielten "The Story of You" bleiben die Briten ihren Anfängen treu.

Aber die Musiker erkundeten neues Terrain und holten sich Anregung von außen. 2003 war es Trevor Horn, der ihr "Dear Catastrophe Waitress" aufpoppte, dieses Mal half ihnen der Grammy-Produzent Ben H. Allen in Atlanta auf die Sprünge. Mit Erfolg: "Girls in Peace Time Want to Dance" ist der erfolgreiche Versuch, musikalische Grenzen zu verschieben und sich weiterzuentwickeln. Das Resultat: Gelungene Popsongs, zu denen man mit Vergnügen wippt und deren Geschichten man gerne lauscht - in diesen tiefdunklen Zeiten braucht es ein bisschen Sonnenschein für die Seele und die wunderbaren Popsongs von Belle and Sebastian schimmern und geben genügend Licht.

Belle and Sebastian "Girls in Peacetime Want to Dance" - bei Amazon bestellen

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen