Herbstmusik I Futter für Ihren CD-Player
22.09.2011, 15:27 UhrOh ja, der Sommer geht zu Ende. Wie könnte man aus dieser Not besser eine Tugend machen, als sich bei guter Musik zu Hause einzumummeln? Wir sagen Ihnen, welche jüngst erschienenen CDs dafür die richtigen sein könnten - und von welchen Sie lieber die Finger lassen.
Alice Cooper - Welcome 2 My Nightmare
Mit "Welcome To My Nightmare" produzierte Alice Cooper einen Klassiker. Ein Konzept-Album, das die Zuhörer in die Albträume eines kleinen Jungen riss. Das war 1975. Mehr als ein Vierteljahrhundert später fand er es jetzt mal an der Zeit, eine Fortsetzung seiner Visionen von damals zu spinnen. Musikalisch hat das, was sich auf "Welcome 2 My Nightmare" befindet, allerdings nur selten mit dem Psychedelic-Rock des jungen Cooper zu tun. Stattdessen begibt sich der Altmeister auf einen wahren Parforceritt durch nahezu sämtliche Musik-Genres und Stilrichtungen. Das fängt schon beim Aufmacher "I Am Made Of You" an, in dem der einstige "Schockrocker" seine Stimme gleichsam einer männlichen Cher mit dem sogenannten Autotune-Effekt verfremdet. Und so geht es munter weiter - etwa, wenn bei "Disco Bloodbath Boogie Fever" die Synthesizer heulen oder man bei "Ghouls Gone Wild"meinen könnte, die Beach Boys seien auferstanden. Dazu versammelt Alice Cooper eine nun wirklich illustre Schar von Mitmusikern auf dem Album um sich - von früheren Bandmitgliedern und langjährigen Mitstreitern wie Bob Ezrin bis hin zu einer Pop-Göre wie Kesha. "Das ist meine Rebellion. Ich mag Leute, die eigentlich nicht ins Bild passen und trotzdem funktioniert das, was sie tun, perfekt", sagt Cooper. Und: "Wenn mir jemand sagt, dass etwas nicht passt, dann schraube ich, bis es passt und stopfe es ihnen in den Hals." Eigentlich kann sich der 63-Jährige mittlerweile alles erlauben - auch wenn "Welcome 2 My Nightmare" den Hörern einiges abverlangt. Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Schulnote: 2 (vpr)
"Welcome 2 My Nightmare" von Alice Cooper im n-tv Shop bestellen
Tony Bennett - Duetts II
Der Altmeister kann es noch immer. Und er ist nicht allein. Er hat sich tatkräftige, junge Unterstützer ins Studio geholt: Lady Gaga, Michael Bublé, Norah Jones und Carrie Underwood, um nur einige zu nennen. Aber auch alte Weggefährten wie Willie Nelson und Aretha Franklin teilen sich mit ihm ein Mikrofon. Ganz besonders erwartet wurde natürlich seine Zusammenarbeit mit Amy Winehouse, deren tragischer und zu früher Tod dafür sorgte, dass alles, was von ihr noch zu hören sein wird, besondere Aufmerksamkeit bekommt. Und so hören wir den 85-Jährigen mit ihr und dem Titel "Body & Soul". Wunderschön. Jetzt könnte man sagen: "Das kennen wir doch alles": "The Lady Is A Tramp", "The Way You Look Tonight", "It Had To Be You", "This Is All I Ask" ... Aber es gibt Musik, die ist zeitlos. Unsere Eltern haben sie gehört, wir hören sie, und unsere Kinder werden sie auch noch hören. Und Sie jetzt. Schulnote: 1 (soe)
"Duetts II" von Tony Bennett im n-tv Shop bestellen
The Pusher - The Art Of Hit Music
Das Cover der CD von "The Pusher" ist ein Lehrbeispiel dafür, wie man es nicht machen sollte. Jedenfalls nicht, wenn man mit der Verpackung das Richtige über den Inhalt aussagen möchte. Zwei Typen mit Sonnenbrille, ein androgynes Wesen und ein Kerl, der aussieht, als könne er sich nicht zwischen Bros und Bruce Willis entscheiden – irgendwie erwartet man, dass einem aus dem CD-Player gleich "Maja hi Maja ho"-Klänge à la "Dragostea Din Tei" von O-Zone anspringen. Aber so ist es nicht. Stattdessen sind die Schweden von "The Pusher" eher im Indie-Rock beheimatet, freilich begleitet von einem ordentlichen Synthie-Sound-Gewitter. Das hört sich dann über weite Strecken eher nach Coldplay an als nach einer moldawischen Boygroup. Okay, sagen wir nach schwedischen Coldplay, denn von der durchgängigen Qualität der US-Vorbilder um Chris Martin sind die vier Jungs mit der Ohrwurm-Single "Blinded By The Dark" auf ihrem Longplayer "The Art Of Music" dann doch Lichtjahre entfernt. Schulnote: 3 (vpr)
"The Art Of Hit Music" von The Pusher im n-tv Shop bestellen
Superheavy - Superheavy
Opa Mick hat keinen Bock auf Ruhestand oder Memoiren, die kleine Joss ist immer noch gerne barfuß und stimmgewaltig und Bob Marleys Sohn klingt so wie Mr. Reggae persönlich, dass man Gänsehaut bekommt. Da haben sich ein paar Musiker vollkommen ohne Not zusammen getan - außer Mr. Jagger und Fräulein Stone sind Eurythmics-Mastermind Dave Stewart, Grammy-Gewinner Damian Marley und Oscar-Preisträger A.R. Rahman ("Slumdog Millionaire") ins Studio gegangen. Und das ist eine schamlose Untertreibung, denn die Studios sind überall auf der Welt: Los Angeles, Südfrankreich, Zypern, Miami, Türkei, Karibik und Indien. So klingt das Ganze auch, es ist in keine Schublade zu packen. Jagger sagt nicht ohne Stolz: "Wir haben sämtliche Register gezogen." Rahman hat sich am Anfang wie "benommen" gefühlt und gefragt: "Was mache ich hier eigentlich?", doch Joss Stone hat den Herren gezeigt, was Sache ist: "So muss das laufen! Such' dir ein paar eigensinnige Musiker, die auf ihrem Gebiet zu den Besten gehören, und warte ab, was rauskommt!" Es ist etwas Gutes dabei herausgekommen. Ach ja, und Superheavy, was bedeutet das? Sicher keine schwere Kost, sondern: Improvisation, kreative Energie, Sessions und spontanes Arbeiten. Schulnote: 2+ (soe)
Die CD von "Superheavy" im n-tv Shop bestellen
Wilco - The Whole Love
Wilco findet mit "The Whole Love" zu meisterhafter Größe zurück. Die Band zeigt sich wieder experimentierfreudiger und hält die eine oder andere Überraschung bereit. Das Album beginnt mit dem siebenminütigen "Art Of Almost" und endet mit zwölf Minuten "One Sunday Morning". Während der Opener auch gut auf "Yankee Hotel Foxtrot" oder "A Ghost Is Born" gepasst hätte - Gefrickel à la Yo La Tengo, ein treibendes Schlagzeug und immer wieder elektronische Störgeräusche -, ist der letzte Track ruhig und elegisch und wird ganz von Jeff Tweedys wunderbarere Stimme getragen. Das sind die beiden Spannungspunkte, zwischen denen sich das Album bewegt. Da treffen krachige Indie-Gitarren ("Born Alone") auf melodiöse Pophymnen (die erste Single "I Might"), ruhige Reflexionen ("Black Moon") auf Americana-Songs ("Capital City"). "The Whole Love" hätte dabei eine beliebige Mixtur aus den Stilen werden können, die auch schon auf den sieben Vorgängern zu finden waren. Stattdessen vermeidet die Band aber die Extreme und zaubert so ein vielfältiges und doch einheitliches Album aus dem Hut, das zeigt, wie sehr die Gruppe in der jetzigen Besetzung zu einer Einheit gewachsen ist. Das merkt man schon daran, dass es auf dem neuen bandeigenen Label dBpm herauskommt. Sänger Jeff Tweedys zeigt auf jedem Song eine konstant hervorragende Gesangsleistung. In angenehmer Zurückhaltung sägt und slided sich Gitarren-Genie Nels Cline durch die Songs, um dann hin und wieder gewaltig hervorzubrechen. Leise und laut, ruhig und aufbrausend, nachdenklich und wütend - das sind die Markenzeichen von "The Whole Love". Gerade der Wechsel zwischen Experiment, ausufernden Gitarren, leisem Songwriting und wunderbarem Pop macht "The Whole Love" so großartig. Das Album spiegelt damit die mitunter schwierige Geschichte der Band auf meisterhafte Weise wider. Schulnote: 1 (mli)
"The Whole Love" von Wilco im n-tv Shop bestellen
Portugal.The Man - In The Mountain In The Cloud
Portugal.The Man sind konsequent. Seit 2006 haben sie jedes Jahr ein neues Studioalbum herausgebracht. Und auch 2011 macht mit "In The Mountain In The Cloud" da keine Ausnahme. Aber, Moment - eine Unregelmäßigkeit gibt es doch: Mit ihrem neuen Werk legen die US-Amerikaner, die trotz ihres europäisch klingenden Namens in Wahrheit ursprünglich aus dem frostigen US-Bundesstaat Alaska stammen, ihr Debüt bei einem großen Major-Label vor. Nix Indie mehr also! Und? Hört man das? Ja und Nein. Ja, weil "In The Mountain In The Cloud" das vielleicht bislang eingängigste Werk der Alternative-Rocker mit starkem Hang zu psychedelischen 70er-Jahre-Sounds geworden ist. Und nein, weil man bei Portugal.The Man eigentlich nie so ganz genau weiß, was sie als nächstes aushecken. Doch keine Sorge: Auch wenn es sich bei dem neuen Album leichter als je zuvor zu John Gurleys näselndem Gesang in andere Sphären abdriften lässt, haben Portugal.The Man noch genug Ecken und Kanten, an denen es sich gut reiben lässt. Schulnote: 2 (vpr)
"In The Mountain In The Cloud" von Portugal. The Man im n-tv Shop bestellen
Udo Lindenberg - MTV Unplugged
Locker wie ein Rocker: Ein alter Mann mit Hut, in engen Lederhosen, mit jungen Leutchen um sich herum - das scheint das Erfolgsgeheimnis fast jedes singenden Mannes zu sein. Warum nicht auch von Udo "Hallöchen" Lindenberg? "Da begrüßen wir another Freund von mir, Martin, kommste mal auf die Bühne?" Ja, wunderbar, unter anderem sind Max Herre, Clueso, Jan Delay ("Die beiden Derbsten"), Jennifer Rostock und Frida Gold ins Hamburger Unplugged-Studio geeilt, um mit dem Altmeister des deutschen Nuschel-Rocks ihr "Ding" zu machen. Inga Humpe und Stefan Raab ("Jonny Controletti") sind ebenfalls dabei, die Coolen Elbstreicher und selbstredend das Panikorchester. Die Aufnahme der Doppelzimmer-Edition ist so, dass man sich noch nachträglich in den Allerwertesten beißen möchte, weil man nicht dabei war. Selbst wenn man nicht der größte Udo-Fan ist - seine Texte, sein Witz, seine Lebendigkeit, seine Kodderschnauze und der Rhythmus, wo man einfach mit muss, bringen Freude pur. Zuhören kann Spaß machen. Schulnote: 1 (soe)
"MTV Unplugged" von Udo Lindenberg im n-tv Shop bestellen
Firefox AK - Color The Trees
Was ist denn das für ein Name, Firefox AK? Das war so: Als sie für eine Zeit lang in London lebte, kam Andrea Kellerman an einem Hydranten vorbei, auf dem "Firefox" geschrieben stand. Sie nahm das Wort, ergänzte es um ihre Initialen und fertig war die Laube. Denn Firefox AK ist Andrea Kellerman. Sie ist klein, süß und Schwedin, allerdings braunhaarig und nicht blond. Und, ganz nebenbei: Sie ist die Ehefrau von Tiger-Lou-Mastermind Karl Rasmus Kellerman. Aber das wirklich nur nebenbei, denn selbst ist die Frau, und so legt die 31-Jährige mit "Color The Trees" auch bereits ihr drittes Album vor. "Songwriterin trifft auf Elektro-Pop" lässt sich das Ganze vielleicht einigermaßen passend beschreiben, dabei stets mit einer leicht düsteren und melancholischen Note. "'Color The Trees' zu hören, ist wie aus der Stadt aufs Land zu reisen", meint die Plattenfirma, oder umgekehrt "von großartiger Natur in die Neonlichter der Clubs". Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Wir müssen mal überlegen, ob wir die Kutsche oder den Porsche für die Reise nehmen, und rufen Ihnen daher nur noch kurz zu: ein tolles Album, nicht nur zum Träumen an einem verregneten Sonntag. Schulnote: 1 (vpr)
"Color The Trees" von Firefox AK im n-tv Shop bestellen
Betontod - Antirockstars
Das haben wir ja gerne: Betontod, das sind fünf nicht mehr ganz junge Herren, die Punkrock mit deutschen Texten machen. Das Cover des neuen Albums hingegen ziert (wie schon das Cover der Vorgänger-CD) mal lieber ein leicht bekleidetes, dafür umso stärker tätowiertes junges Mädel. "Antirockstars" nennt sich die Scheibe. Und auch sonst tut die aus dem nordrhein-westfälischen Rheinberg kommende Gruppe mit Song-Titeln wie "Keine Popsongs!" oder "König Alkohol" so einiges, um Punk-Attitüde und Underdog-Flair zu versprühen. Musikalisch indes schrammt Betontod dabei ein ums andere Mal mehr am Metal vorbei als am Hau-immer-ordentlich-druff-Punk. Über allem schwebt der zwischen kratzig und versoffen klingende Gesang von Frontmann Oliver Meister. Originell ist das nicht. Innovativ ist das nicht. Schön auch nicht unbedingt. Aber - wer's mag - nach dem dritten oder vierten Pils mitgröltauglich. Schulnote: 4 (vpr)
"Antirockstars" von Betontod im n-tv Shop bestellen
Jools Holland & Friends
"Du kannst ein Pferd zum Wasser führen, aber du kannst es nicht zwingen zu trinken". Das singt er mit George Harrison. Herbert Grönemeyer singt englisch, und zwar "Marie", ein ganz anderes "Marie" als seine deutsche "Marie" (nämlich die von Randy Newman), aber mindestens genauso schön. Jetzt mal Butter bei die Fische, wer Herbert und George sind, wissen wir, aber wer ist dieser Jools Holland, der hier auch noch mit Bono, Sting, Ina Müller oder Roger Cicero trällert? Welch illustre Mischung, wie kriegt man die denn zusammen? Sowas schaffen sonst doch nur Moderatoren. Ja, und da liegt der Hase begraben: Jools, der eigentlich Julian heißt, ist nicht nur Pianist, Bandleader und Wanderer auf den Pfaden zwischen britischem Fernsehen und musikalischen Spitzenleistungen, er ist der Moderator der "Later ... with Jools Holland"-Show. Und die findet sowohl im Radio als auch im Fernsehen statt. Ein Traum für einen musikalischen Moderator, ein bisschen vielleicht, wie Stefan Raab, nur ein bisschen ernsthafter. Herr Holland jedenfalls fand, dass es in Deutschland viele gute Musiker gibt, die versammelt er auf seinem neuen Album und verrät, was Musik für ihn bedeutet. Und dem haben wir nichts hinzuzufügen: "Musik ist dann gut, wenn sie mich aufrichtet, wenn ich niedergeschlagen bin, oder wenn sie mich zum Tanzen animiert, wenn ich eigentlich nur herumliegen will. Musik ist gut, wenn sie nach Wiederholung ruft, aber auch, wenn sie den Hörer rätselnd zurück lässt." Schulnote: 1 (soe)
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Kasabian – Velociraptor!
Für nicht wenige zählen Kasabian zu den wichtigsten Rock-Exporten von der britischen Insel. Diesen mit ihren drei vorherigen Alben erkämpften Status gilt es für das Quartett auf "Velociraptor!" zu verteidigen. Gelingt das? Teils, teils. Denn auch wenn "Velociraptor!" definitiv kein Flop ist, so ist das vierte Werk der Briten auch alles andere als leicht bekömmliche Kost. Schlicht, weil Kasabian darauf etwas zu sehr versuchen, alles richtig und es allen recht zu machen. Im Ergebnis führt das jedoch in erster Linie dazu, dass man bei dem Album nie so richtig weiß, woran man ist. Oasis ("Let's Roll Just Like We Used To")? Primal Scream ("Days Are Forgotten")? Verve ("Goodbye Kiss")? Oder gar Hurts ("I Hear Voices")? Möglicherweise schafft man es beim mehrmaligen Durchhören die Sprünge doch noch zu verdauen. Bis dahin gibt es aber erst einmal nur die Schulnote: 3 (vpr)
"Velociraptor!" von Kasabian im n-tv Shop bestellen
David Guetta - Nothing But The Beat
Ob man will oder nicht, an David Guetta kommt seit geraumer Zeit niemand mehr vorbei. Spätestens seit seinem Welthit "When Love Takes Over" mit Ex-Destiny's-Child Kelly Rowland vor zwei Jahren gibt er - neben Lady Gaga - in der US-Musik-Szene den Ton vor. Von Madonna über Rihanna bis hin zu Bruno Mars - die Stars geben sich die Klinke in die Hand, um mit dem derzeit erfolgreichsten DJ der Welt wenigstens einen Song gemeinsam einzuspielen. Das ist auf "Nothing But The Beat" selbstredend auch nicht anders. Die Liste derjenigen, die zu den House- und Techno-Beats des Franzosen ans Mikrofon traten, umfasst diesmal unter anderem Namen wie Akon, Usher, will.i.am, Jessie J. oder Snoop Dogg. Und ob man will oder nicht, früher oder später fängt bei dem Sound jeder mit dem Mitwippen an. Mit "Where Them Girls At", "Little Bad Girl" und "Without You" zündeten allein in Deutschland bereits wieder drei Top-Ten-Hits aus dem Album. Man darf gespannt sein, ob Guetta den Erfolg seines vorherigen Werks "One Love", das ihm insgesamt fünf Lieder in den obersten Chart-Gefilden bescherte, noch übertreffen kann. Potenzial dafür gibt es auf CD 1 der Doppel-CD "Nothing But The Beat" genug, wenngleich sich durchaus auch der eine oder andere schwächere Song (z.B. "Without You" mit Usher) auf das Album gemogelt hat. Alle, denen das sowieso zu viel Kommerz und Proll-Techno ist, werden vielleicht mit CD 2 versöhnt. Hier zelebriert Guetta zehn Songs, die daran erinnern sollen, was er ja eigentlich mal war: ein Club-DJ jenseits der Pop-High-Society. Schulnote: 2 (vpr)
"Nothing But The Beat" von David Guetta im n-tv Shop bestellen
Boy - Mutual Friends

Wenn die Musik von Boy an Ihnen auch vorbeigegangen sein sollte, was quasi unmöglich ist, dann jetzt Augen und Ohren auf! Denn wer diesen Herbst nicht weiß, dass Valeska Steiner und Sonja Glass quasi über Nacht vom Geheimtipp zum musikalischen Must-Have der Saison geworden sind, der hat entweder verschlafen oder genauso viel Urlaub wie die Rezensentin gemacht und einfach was verpasst. Macht ja nichts, hier und jetzt holen wir das gemeinsam nach und sagen: Wir kaufen uns auf jeden Fall dieses Album und kopieren es never ever von unserer Freundin, die die CD mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ihr Eigen nennt. Wir unterstützen die beiden jungen Frauen aus der Schweiz und aus Hamburg auch, wenn sie auf Konzerttour gehen und fordern größere Veranstaltungsorte, denn die Tournee ist quasi ausverkauft. Neben "Little Numbers" fallen besonders "July" und "Waltz For Pony" auf, Musik, die durch Melodie und Text besticht. Weder süßlich noch kitschig, dafür kraft- und gefühlvoll. Englisch mit einem kleinen Schwyzer Einschlag. Mädels, geht da unbedingt nur mit einer Freundin ins Konzert, denn jeder Mann muss sich in die beiden Frauen verlieben. Trotzdem Schulnote: 1 (soe)
"Mutual Friends" von Boy im n-tv Shop bestellen
Fiddler's Green - Wall Of Folk
Seit mehr als 20 Jahren schrammeln sich die Erlanger Fiddler's Green mit irischem Folk-Pop-Punk durchs Leben. Keine Frage: Damit haben sie sich auch jenseits der gängigen Irish-Pub-Belegschaft eine ganz ordentliche Zuhörerschaft erfidelt. Mit - nomen est omen - "Wall Of Folk" legt die Band ihren sage und schreibe elften Studio-Ableger vor. Das Rezept hat sich dabei seit den Anfangstagen praktisch keinen Deut verändert - im Guten wie im Schlechten. Mitschunkel-Potenzial kann man Fiddler's Green ja grundsätzlich irgendwie nicht absprechen. Aber Sänger Ralf Albers gibt leider immer noch ein Englisch zum Besten, als wäre er gerade in der achten Klasse wegen ungenügender Leistungen in dem Fach sitzen geblieben. Mit dem teils auf Deutsch gesungenen "Fields Of Green / Nie zu spät" befindet sich auf "Wall Of Folk" zudem ein nur schwer erträglicher Schenkelklopfer, der fürs Fußball-Stadion gemacht ist. Und dann machen sich die Jungs auch noch daran, Klassiker wie "Irish Rover" und "Dirty Old Town"zu Leibe zu rücken. Das haben die Pogues schon vor 25 Jahren gemacht. Authentischer und um Längen besser. Sorry, aber das tut weh. Schulnote: 5 (vpr)
"Wall Of Folk" von Fiddler's Green im n-tv Shop bestellen
Jonathan Jeremiah - A Solitary Man
Vor einiger Zeit hätte man Jonathan Jeremiah vielleicht noch als eine Art männliche Amy Winehouse bezeichnen können. Jetzt hört sich das freilich ein wenig geschmacklos an. Sagen wir es also so: Dieser Mann hat Soul! Sage und schreibe sieben Jahre hat der Londoner an seinem Debüt "A Solitary Man" gefeilt. Herausgekommen ist ein Album, dass ganz und gar nicht britisch anmutet, sondern so klingt, als wäre es erst in der legendären Motown-Schmiede zusammengebaut und anschließend tief in ein orchestrales Soundbad getaucht worden. Auch insofern stimmt der Vergleich mit Amy Winehouse nicht so ganz, denn Jeremiah vergräbt sich noch weit stärker in den Wurzeln des Soul und kommt deshalb deutlich weniger poppig rüber als die verstorbene Diva. Seine Hitchancen dürften damit zwar etwas geringer sein, aber vor allem die Damenwelt wird beim sonoren Klang seiner Stimme dahinschmelzen. "Ich muss wohl 14 gewesen sein, als meine Stimme diesen unglaublich tiefen Bariton ausgebildet hat. Damals war das nicht so toll …", sagt Jeremiah. Heute indes erweist sich das als ein Sechser im Lotto. Schulnote: 1 (vpr)
"A Solitary Man" von Jonathan Jeremiah im n-tv Shop bestellen
Anni B Sweet - Start Restart Undo
Och, wie süß! Tja, wenn einem schon der Name der Sängerin eine Süßigkeit verspricht, dann erwartet man beim Drücken der Play-Taste am CD-Spieler auch eine. Und was soll man sagen? Ja, man kriegt die volle Ladung Zuckerwatte. Rassig is' nicht, auch wenn die mit richtigen Namen stilecht Ana López heißende Anni B Sweet waschechte Spanierin ist. Stattdessen präsentiert sich die 23-Jährige auf ihrem Debüt "Start Restart Undo" als Songwriterin, die ihre durchgängig selbst komponierten Songs meist nur spärlich und akustisch instrumentiert mit Engelsstimme vorträgt. Fast durchgängig. Denn mit "Take On Me" von A-ha befindet sich auch eine Coverversion auf dem Album, derer sich bereits ein bekannter Fast-Food-Konzern in seiner Werbung bemächtigt hat. Ich liebe es. Süß eben. Schulnote: 2 (vpr)
"Start Restart Undo" von Anni B Sweet im n-tv Shop bestellen
Game - The R.e.d. Album
Raider heißt jetzt Twix, P. Diddy wahrscheinlich gerade Puff Mutti und The Game nur noch Game. Kein "The" mehr also. Bitte beachten. Aber Obacht! Das mittlerweile vierte Album des Rappers hört selbstverständlich auf den Namen "The R.e.d. Album". Nicht dass jetzt jemand auf die Idee kommt, nur vom "R.e.d. Album" zu sprechen. Nachdem das geklärt ist, noch ein paar Worte zu der Scheibe und ihrem Macher an sich: In den USA ging sie direkt von Null auf Eins. Schließlich ist Game alles andere als ein Nobody in der Hip-Hop-Szene, sondern gewichtiges Aushängeschild für das Revival des Westküsten-Rap. Als Produzent half Pharrell Williams mit. Zudem hat Game auf dem Album nicht nur die Unterstützung seines Entdeckers Dr. Dre, sondern auch befreundeter Rap-Ikonen wie Snoop Dogg und Lil Wayne. Wer hingegen nicht sein Buddy ist, muss sich warm anziehen, denn der 31-Jährige nimmt wie gewohnt kein Blatt vor den Mund. Schon beim Album-Aufmacher "The City" (nach dem "Dr. Dre Intro") schallt es einem nur so "Motherfucker", "Fucking" und "Asshole" entgegen. Die erste Single "Red Nation" enthält unterdessen Samples des deutschen Techno-Klassikers "Kernkraft 400". Und nicht zuletzt bei "Mama Knows" zeigt Game mit der Hilfe von Nelly Furtado, dass er auch anders kann, als nur den Dicken zu markieren. Für Rap-Fans ein Muss. Schulnote: 2 (vpr)
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Lil Wayne - Tha Carter IV
Wenn Sie die vorherige Rezension gelesen haben, dann dürfte Sie diese hier auch interessieren. Denn, ja, auch Lil Wayne hat ein neues Album am Start. Und auch das ging in den USA von Null auf Eins. Mit seinem neunten Studioalbum "Tha Carter IV" setzt der Ex-Knasti auf seine "Tha Carter"-Trilogie der Jahre 2004 bis 2008 noch einen drauf. Und ja, wie in diesen Kreisen üblich, greifen selbstredend auch Lil Wayne zahlreiche Künstler wie Drake, T-Pain oder Jadakiss unter die Arme. Mit ihrer Hilfe nölt sich der Südstaaten-Rapper in bewährter Manier von Song zu Song. Doch irgendwie scheint dem vierfachen Grammy-Gewinner dabei ein wenig die Puste auszugehen. Wirkliche Highlights: Fehlanzeige. Stattdessen haben die zahlreich mit Auto-Tune verzerrtem Gesang garnierten Stücke auf Dauer einen echt hohen Nervfaktor. Dann doch lieber The Game … ups, wir meinen natürlich Game. Schulnote: 4 (vpr)
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LaFee - Frei
Wie doch die Zeit vergeht! Fünf Jahre ist es her, dass LaFee mit Rubbel-Tattoo im Gesicht, Lolita-Gothic-Stil und pubertärem "Prinzesschen"-Gedisse Teenie-Herzen höher und die Bravo Purzelbäume schlagen ließ. Eine ganze Zeit lang ging das gut, doch dann wurde es auf einmal still um das deutsche Fräuleinwunder. Doch 2011 ist Christina Klein, wie der schnöde bürgerliche Name der Rheinländerin lautet, auf einmal wieder da - inzwischen ganze 20 Jahre alt, mit Afro statt Tattoo und neuem Album. Das heißt "Frei", weil sich die Sängerin erst jetzt wirklich fit für freie Entscheidungen fühlt: "Heute kann ich die Dinge viel besser einschätzen und bewerten. Vor allem weiß ich jetzt, was ich will." Und was will sie? Auf jeden Fall etwas erwachsener klingen als früher. Das kann ihr, trotz aller möglicherweise vorhandenen Vorurteile und Vorbehalte, niemand absprechen. Die Betonung muss allerdings auf "etwas" liegen. Denn auf Augenhöhe mit deutschen Rock- und Popgrößen wie Juli oder Silbermond kommt sie noch lange nicht. Auch den beinahe gleich alten Jungs von Tokio Hotel schaut sie maximal auf die Kniescheiben. Das liegt nicht nur an ihren leider nach wie vor ziemlich banalen Texten, sondern auch an den überwiegend platten Sounds. Statt in Gothic-Gewässern zu fischen, schrammt LaFee nun ein ums andere Mal an Ballermann-artigen Disco-Stampfern vorbei. Ach, sei's drum. "Herzlich willkommen" schallt es uns beim Opener des Albums entgegen. Und wir sind uns sicher, dass die Generation 13+ das gerne auch zurückruft. Schulnote (mit Teenie-Augen gesehen): 4 (vpr)
"Frei" von LaFee im n-tv Shop bestellen
Lenny Kravitz - Black And White America
Lenny Kravitz hat Potenzial. Zumindest, wenn es um die Frauen geht, die bei seinem Namen reihenweise nur so dahinschmelzen. Doch wir wollen Herrn Kravitz selbstredend nicht darauf reduzieren. Nein, er hat auch musikalisch Potenzial. Gehabt. Und zwar vor 20 Jahren. Seither läuft er eigentlich nur noch den glorreichen Tagen seines Debüts "Let Love Rule" hinterher. Vergebens und mit immer größerem Rückstand. Auch sein neuestes Werk "Black And White America" macht da leider keine Ausnahme. Im Gegenteil: Kravitz büßt damit nochmals ein paar Rundenmeter ein. Von vorne bis hinten ist das Album ein einziger zäher, gewollt, aber nicht gekonnter Sound-Brei aus Funk und Rock. Schnellere Stücke wie "Rock Star City Life" sind kleine Lichtblicke, die jedoch schon beinahe einfältig zu nennende Schmachtfetzchen wie "Superlove" rasch wieder zunichtemachen. Schwach. Schulnote: 5 (vpr)
"Black And White America" von Lenny Kravitz im n-tv Shop bestellen
Lauri - New World
Ach, Kinder, wie doch die Zeit vergeht … Hoppla, das haben wir ja schon bei La Fee geschrieben. Aber ist doch wahr: Seit dem Riesenhit "In The Shadows" von The Rasmus sind tatsächlich schon wieder acht Jahre vergangen. Acht Jahre! Und natürlich sind die Finnen in dieser Zeit nicht nur tatenlos herumgesessen. Schon gar nicht Sänger Lauri. Er hat für The Rasmus fleißig Songs geschrieben. Blöd nur, dass er an einem gewissen Punkt feststellen musste, dass das von ihm in jüngster Zeit verfasste Material nicht so recht zu seiner Band passen will. Die Lösung: Ein Soloalbum (aber The Rasmus haben sich NICHT aufgelöst!). Herausgekommen ist ein gänzlich gitarrenfreies Elektro-Sound-Gebräu, das sich sowohl an 80er-Jahre-Synthie-Musik als auch an 90er-Jahre-Techno-Klängen abarbeitet. Oder das zumindest versucht. Denn der Begriff Gebräu umschreibt es schon ganz gut. Lediglich der Opener "Disco-nnect" versprüht noch einen gewissen Charme, danach versinkt Lauri im seelen- und einfallslosen Gefrickel. Die Melodien und sein Gesang sind dabei stellenweise schon fast schlagerartig geraten. Ja, man traut es sich kaum zu sagen, hier und da (z.B. "In The City") fühlt man sich gar an Modern Talking erinnert. Autsch! Schulnote: 5 (vpr)
Quelle: ntv.de