Herbstmusik II Futter für Ihren CD-Player
27.09.2011, 16:14 UhrWer kennt das nicht: Man steht stundenlang vor dem CD-Schrank, probiert erfolglos eine Scheibe nach der anderen aus, und der Freund weiß auch keinen Rat. Wieder mal nichts anzuhören also? Das muss nicht sein - mit unseren CD-Tipps.
Awolnation - Megalithic Symphony
Eigentlich glaubt man ja, heutzutage alles schon mal gehört zu haben. Man ist fest davon überzeugt, dass alle Musikstile schon einmal gekreuzt, gesampelt und ineinander gerührt wurden. Denkste! Das Debütalbum von Awolnation lässt einen mit vor Staunen offenen Mund zurück. Awolnation - das ist im Prinzip nur Aaron Bruno. Der US-Amerikaner, der sich früher in der Band "Under The Influence Of Giants" verdingte, zieht nicht nur die Fäden bei "Megalithic Symphony", sondern auch wirklich alle Register. Hier trifft Erasure-Pop mit "Lalala"-Gesängen (zum Beispiel "Jump On My Shoulders") auf aggressive "Electronic Body Music", 70er-Jahre-Bombast-Rock und Soul. Bruno singt dazu mal wie ein Engelchen und mal, als wäre The-Hives-Sänger Per Almquist in ihn gefahren. Schon mal Electro-Soul gehört? Nein? Dann hören Sie sich die erste Singleauskopplung "Sail" an. Wer's eher ein wenig punkig mag, sollte seinen Ohrmuscheln dagegen vielleicht mal "Burn It Down" gönnen. Und weil es auf dem Album musikalisch ja noch nicht bunt genug zugeht, gibt es von diesen beiden Songs zum Schluss noch einmal Remix-Versionen, die Club-Stimmung aufkommen lassen. "Megalithic Symphony" ist auf CD gepresster Irrsinn, für den es nur eins geben kann: Schulnote: 1* (vpr)
Hard-Fi - Killer Sounds
Britischer geht es nicht, schießt es einem bei den ersten Klängen des dritten Hard-Fi-Albums "Killer Sounds" durch den Kopf. Beim Eröffnungssong "Good For Nothing" lässt der gute alte Rave nicht nur grüßen. Das klingt vielmehr so, als käme er gleich mitsamt der gesamten Posse von Primal Scream und den Stone Roses im Gepäck durch die Boxen zu uns ins Zimmer geschneit. Doch siehe da: Schon beim zweiten Song "Fire In The House" schallt uns auf einmal ein ganz anderes, eher an 80er-Jahre-Synthie-Pop erinnerndes Sound-Gebräu entgegen. Und so geht es weiter. Wer jedoch meint, das Ergebnis wäre ein wirres Sammelsurium, liegt komplett daneben. Hard-Fi behalten während des gesamten Albums immer eine Hand an der Indie-Rock-Gitarre, während die Beine unablässig in Richtung Tanzfläche zappeln. "Dance-Rock" heißt das in der Genre-Sprache. Und in unserer: Vielleicht keine "Killer Sounds", aber hörenswert allemal. Schulnote: 2 (vpr)
"Killer Sounds" von Hard-Fi im n-tv Shop bestellen
Y'Akoto - Tamba (EP)
Sie ist 23 Jahre jung. Und trotzdem liest sich ihr Lebenslauf schon fast wie ein Roman. Als Tochter einer Deutschen und eines Ghanaers in Hamburg geboren, wuchs sie weitgehend in Ghana auf. Aber auch ein bisschen in Kamerun, Togo und dem Tschad. Inzwischen pendelt sie zwischen Hamburg, Lomé und Paris. Und wer weiß, wo es sie morgen hin verschlägt. So versprühen die vier Songs auf ihrer Debüt-EP "Tamba" dann auch einen kosmopolitischen Flair - man könnte das wohl als "Weltmusik" im wahrsten Sinne des Wortes bezeichnen. Tief verankert im R&B schwebt sie irgendwo zwischen Soul, Reggae, Folk und Songwriter-Klängen und lässt auch ihre afrikanischen Wurzeln immer wieder aufblitzen. Entspannte Musik für die Seele. Schulnote: 2 (vpr)
"Tamba" von Y'Akoto im n-tv Shop bestellen
Example - Playing In The Shadows
Die britische Dubstep-Welle schwappt seit geraumer Zeit schier unaufhaltsam auch aufs europäische Festland. Bands wie Chase & Status oder Nero sind ebenso Aushängeschilder des wuchtigen Elektro-Sounds wie Example alias Elliot Gleave. Schon im vergangenen Jahr enterte der 29-Jährige die Single- und Album-Charts in seiner Heimat. Und 2011 wird er zum regelrechten Abräumer. Sein Song "The Way You Kissed Me" ging ebenso an die Spitze der britischen Hitparaden wie die Nachfolge-Single "Stay Awake". Kein Wunder, denn einmal gehört, bekommt man die Melange aus schweren und düsteren Beats, Rap und Pop kaum noch aus dem Kopf. Mal ganz abgesehen davon, dass es sich dazu natürlich nur allzu vorzüglich im Club abzappeln lässt. Hält aber "Playing In The Shadows", was die Vorab-Singles versprechen? Leider nein. Gehen die ersten Songs des Albums - darunter neben "The Way You Kissed Me" und "Stay Awake" auch die kommende Auskopplung "Natural Disaster" - noch gut nach vorne, scheint es fast, als hätte irgendjemand in der Mitte der CD den Stöpsel gezogen. Von da an geht es mit angezogener Handbremse weiter, wobei bei "Microphone" sogar maximal noch müde Schrittgeschwindigkeit erreicht wird. Im Klartext: Hier liefert Example aus unerfindlichen Gründen auf einmal nur noch schmalbrüstigen Synthie-Pop ab, dem die Power der Hits vollständig abgeht. Die Folge: Eine zwiespältige Bilanz und die Schulnote: 3-4 (vpr)
"Playing In The Shadows" von Example im n-tv Shop bestellen
Rosenstolz - Wir sind am Leben
Mmh, schwierig. Man muss Rosenstolz gut finden, um die neue CD auch gut zu finden. Es gibt Textstellen, die sind so wahr ("Wir küssen Amok"), dass man einfach nur zustimmen möchte, aber es gibt auch Textstellen, die einen irgendwie befremden. Es kommt in vielen Liedern die Phrase "ich möchte fliegen" vor - das ist ja schön und gut, aber irgendwann müssen auch Peter Plate und AnNa R. kapieren, dass Menschen nicht fliegen können und wenn es ihnen dann doch gelingt, dann werden sie früher oder später ja doch wieder auf die Schnauze FLIEGEN!!!!! Auch als Nicht-Rosenstolz-Fan kann man das Album getrost als "typisch Rosenstolz" einordnen, was die Fans freuen dürfte. Andere werden es vielleicht ein wenig belanglos finden und enttäuscht sein darüber, dass die dreijährige Zwangspause, verursacht durch Peter Plates Burnout-Diagnose, nicht mehr gebracht hat an Substanz. Schön: "Irgendwo in Berlin". Schulnote: Für Liebhaber 2-, für Nichtliebhaber 3- (soe)
"Wir sind am Leben" von Rosenstolz im n-tv Shop bestellen
Alexandra Stan - Saxobeats
"You make me this, bring me up, bring me down, play it sweet, make me move like a freak - Mr. Saxobeat" - wer diesen sinnfreien Text nicht mitsingen kann, muss den vergangenen Sommer in einem Vakuum verbracht haben. Vor dem Song von Alexandra Stan gab es nun wirklich kein Entrinnen. Klar, dass darauf auch ganz dringend ein Album folgen musste, auch wenn man dafür nur acht Songs zusammenklauben konnte und den vielen freien Platz auf der CD deshalb mit Remix-Versionen dieser Lieder auffüllte. Das Cover von "Saxobeats" spricht bereits Bände. Immerhin: Auf der Frontseite darf Frau Stan noch ihr Gesicht zeigen. Aber auf der CD-Rückseite bekommen wir dann doch lieber den Knack-Popo der 22-Jährigen präsentiert. Irgendwie muss die männliche Käuferschaft ja animiert werden - wenn das schon nicht die Musik leisten kann. Denn die ist grauenhaft: Ein holzschnittartig zusammengeschustertes Album mit allerlei Versatzstücken aus dem House- und Electro-Supermarkt, zu denen die Rumänin irgendwas über Lollipos und Ting Tings trällert. Das Album eines One-Hit-Wonders eben. Schulnote: 6 (vpr)
"Saxobeats" von Alexandra Stan im n-tv Shop bestellen
The Pierces - You & I
Schon beim Anblick des Covers der neuen CD von The Pierces fühlt man sich in gute alte Zeiten zurückversetzt. Verwaschene Farben und ein leichter Schatten auf dem Bild, der so tut, als würde sich - wie wie früher manchmal bei LPs - die kreisrunde Form der CD auf dem Papier der Hülle abzeichnen. Und auch musikalisch bleiben sich die Schwestern Catherine und Allison Pierce auf ihrem mittlerweile vierten Longplayer treu. "You & I" bietet schönsten Flowerpower-Pop, der einen sofort loslaufen und über eine Blumenwiese tollen lassen will. Man könnte meinen, die Pierces sind einfach im falschen Jahrzehnt geboren. Doch dass ihre Mischung aus Folk, Pop und Hippie-Spirit auch heutzutage zu begeistern weiß, wird nicht zuletzt durch ihren direkten Top-Ten-Eintritt mit "You & I" in den britischen Albumcharts untermauert. Produziert wurde die CD übrigens von Coldplay-Bassist Guy Barryman und Rik Simpson, der in der Vergangenheit nicht nur bei Coldplay, sondern auch bei Bands wie Portishead oder Kasabian bereits an den Reglern saß. Anspieltipps: "You'll Be Mine", "Glorious", "Kissing You Goodbye". Schulnote: 1 (vpr)
"You & I" von The Pierces im n-tv Shop bestellen
Gypsy And The Cat - Gilgamesh
Sie kommen aus … Australien. Woher auch sonst? Down under scheint schließlich mittlerweile die Heimat elektronischer Retro-Klänge zu sein. Siehe MGMT, Empire Of The Sun & Konsorten. Dabei drehen Gypsi And The Cat die Retro-Schraube hier und da nochmal um ein paar Jahre zurück. "Wir lieben die großen Bands der Siebziger und Achtziger, sie sind unser Haupteinfluss", gibt Lionel Towers, neben Xavier Bacash ein Teil des Duos, unumwunden zu. Und so hört sich "Gilgamesh" über weite Strecken an, als würden das Electric Light Orchestra und Orchestral Manoeuvres in the Dark zusammen Kammermusik machen. Ab und an schauen dann auch noch mal die Bee Gees und Ultravox vorbei - und fertig ist die Mixtur. Nett, aber frei von jeglichen Höhepunkten. Nachdem das Album durchgeplätschert ist, bleibt nicht mehr als die Schulnote: 3 (vpr)
"Gilgamesh" von Gypsy And The Cat im n-tv Shop bestellen
Blue October - Any Man In America
Deutsche Bands sind es gewohnt, dass es für sie schwer ist, im Ausland - zumal den USA - Erfolg zu haben. US-Gruppen indes haben es deutlich leichter, auch im guten, alten Europa Gehör zu finden. Denkste! Jedenfalls, wenn man sich Blue October vor Augen hält. 1995 gegründet, veröffentlichen die Art-Rocker mit "Any Man in America" bereits ihr sechstes Studioalbum. Doch bislang war ihnen größerer Erfolg eigentlich nur in den Staaten vergönnt. Mit dem von dem Briten Tim Palmer - der auch schon bei Bands wie U2, The Cure oder Pearl Jam Hand anlegte - produzierten Werk könnte sich das wirklich ändern. Der grundsätzlich melancholische Rock-Sound des Albums wird immer wieder durch andere Einflüsse, seien es Rap-Einlagen, Synthesizer-Teppiche oder ein Trompeten-Solo ("For The Love"), angereichert. Das klingt nicht immer überzeugend, aber summa summarum ist der Band um Sänger und Songwriter Justin Furstenfeld doch ein durchaus hörenswertes Album gelungen, das bei Coldplay-Jüngern und Düsterrockern gleichermaßen Anklang finden könnte. Schulnote: 2 (vpr)
"Any Man In America" von Blue October im n-tv Shop bestellen
Joshua Radin - The Rock And The Tide
Joshua Radin liefert so etwas wie moderne Fahrstuhlmusik. Ob in Fernsehserien wie "Scrubs" oder "Grey's Anatomy", ob in Spielfilmen oder Werbetrailern - Kompositionen von ihm wurden bereits dutzendfach als Begleitgeplänkel verwurstet. Das liegt wohl nicht zuletzt daran, dass der US-Amerikaner auf seinen ersten beiden Alben eher unprätentiöses Gitarren-Geschrammel ablieferte, das nicht stört und keinem weh tut. Auch auf "The Rock And The Tide" ist das nicht viel anders, wenngleich Radin hier ab und an durchaus nochmal eine Schippe drauflegt. Bei einem Song wie "Think I'll Go Inside" wird das Ganze sogar schon geradezu tanzbar. Manchmal sagt es wirklich viel aus, wenn man sich die Produzenten und Mischer eines Albums ansieht. In diesem Fall waren das Martin Terefe, der auch schon James Morrison und Cat Stevens in Klanggewänder gehüllt hat, und Mark Endert, der sich etwa Arbeiten mit Maroon 5 auf die Fahne schreiben kann. Wenn man sich "The Rock And The Tide" anhört, passt das ganz gut. Schulnote: 3 (vpr)
"The Rock And The Tide" von Joshua Radin im n-tv Shop bestellen
Dear Reader - Idealistic Animals
Dear Reader - das ist Cherilyn MacNeil. Zumindest auf dem neuen Album "Idealistic Animals", denn die Sängerin hat sich nach dem viel gelobten Debüt "Replace Why With Funny" vor zwei Jahren von ihrem musikalischen Counterpart Darryl Torr getrennt, ist von Johannesburg nach Berlin umgesiedelt und hat das neue Werk im Alleingang eingespielt. Tut das der Musik der Südafrikanerin einen Abbruch? Nein, ganz im Gegenteil. "Idealistic Animals" ist ein wunderschönes Album geworden - verträumt, erhaben und melodramatisch. Irgendwo zwischen Pop und Folk, zwischen Emiliana Torrini und Kate Bush und inmitten ihres ganz eigenen Klangkosmos hat MacNeil eine zeitlose kleine musikalische Perle erschaffen. Und auch bei den Texten der elf Songs, die alle Tiernamen wie "Monkey" oder "Giraffe" haben, lohnt es sich ein wenig genauer hinzuhören. In ihnen wirft die Sängerin aus Sicht unserer Mitgeschöpfe einen Blick aufs menschliche Dasein. Stark. Schulnote: 1 (vpr)
"Idealistic Animals" von Dear Reader im n-tv Shop bestellen
Vince - Tief
Die Stimme könnte Ihnen bekannt vorkommen - Vince Bahrdt ist die eine Hälfte des Duos Orange Blue ("She's Got That Light"), oder vielleicht sollte man lieber sagen, die andere Hälfte, denn bekannter ist sicher Volkan Baydar, der Sänger des Duos. Jedenfalls hat Vince nun ein Album ohne seinen Kumpel aufgenommen (das machen beide übrigens immer mal wieder, zwischendurch allein arbeiten). Ganz allein ist allerdings nicht richtig, denn er hat Unterstützung von Udo Lindenberg (für den Vince textet und von dem Udo sagt "großer Kollege und Freund, hat geile Ideen und so ..."), Cosma Shiva Hagen und auch von Siegfried Lenz. Interessante Mischung finden Sie? Stimmt. Das macht den Künstler aus. Seine Palette ist groß: Er schreibt für Lotto King Karl, er bastelt an einer neuen Scheibe mit Orange Blue, komponiert Stücke, die nicht einfach für den Hausgebrauch sind, sondern die auch nach großem Orchester, großer Oper verlangen. Er selbst empfindet das als "echte Musik", was er jetzt machen darf. Er lässt Ben Becker zu Wort kommen, er arbeitet mit Bertrand Gille zusammen, der sehr "beeindrückt" war, von dem was Vince ihm angeboten hat. Nehmen Sie sich Zeit, besuchen Sie ein Konzert, es wird Sie flashen, wenn Sie sich darauf eingelassen haben. Vince fragt sich in einem Song. "Is This What I Should Really Do?" Yes. Schulnote: 1 (soe)
"Tief" von Vince im n-tv Shop bestellen
Der Polar - Herz + Blut
Ein talentiertes Bürschchen ist Stephan Piez allemal, daran kann sicher niemand zweifeln. Der 29-jährige Aachener ist Der Polar, der mit "Herz + Blut" nun sein Debütalbum vorlegt. Fleißigen MTV-Guckern (falls es die in Zeiten des Pay-MTV noch geben sollte) dürfte er bekannt sein, schließlich schaffte er es hier mit seiner Single "Ich bin bei dir" auf Platz eins der Videocharts. Seine Wurzeln hat Der Polar eigenem Bekunden nach in der elektronischen Musik, doch am ehesten ist er wohl als eine Art moderner Singer-Songwriter zu charakterisieren. "Herz+Blut" ist eine Sammlung entspannt-ruhiger Songs mit intelligenten Texten, bei denen Tempo-Ausreißer wie das Lied "Wir sind Helden" die Ausnahme bilden. Nicht unbedingt nötig gewesen wären die kurzen, als "Skit" bezeichneten Versatzstücke zwischen den Liedern, die in der Regel als eine Art Intro funktionieren. Und mancher Song wie etwa das Bossa-Nova-mäßige "Die Frisur" ist leider auch musikalisch ein kleiner Ausrutscher. Schulnote: 3 (vpr)
"Herz+Blut" von Der Polar im n-tv Shop bestellen
Doreen - Vorsicht zerbrechlich
Erinnern Sie sich noch an Nu Pagadi? Sie wissen schon, eine der "Popstars"-Retorten-Bands, deren Zeit beinahe schneller vorüber als gekommen war. Zu den vier, die das "Glück" hatten, Teil dieser Castingcombo zu sein, ehe sie sich nach nicht mal einem Jahr auflöste, gehörte Doreen Steinert. Doch nach eigenem Bekunden hat die Potsdamerin aus der Pleite viel gelernt: "Schon nach kurzer Zeit habe ich nämlich begriffen, wie das Musik-Business läuft. Ganz anders, als ich dachte und viel erbarmungsloser, als ich es mir vorstellte." So unerbittlich das Musik-Geschäft jedoch auch sein mag - ein Grund, ihm den Rücken zu kehren, ist das für die 24-Jährige offenbar nicht. Vielleicht spielt dabei ja auch eine Rolle, dass sie die Langzeitfreundin und inzwischen auch Verlobte von keinem Geringeren als Sido ist. Und so liegt mit "Vorsicht zerbrechlich" nun das Debüt-Album der Sängerin, die sich in dieser Funktion schlicht Doreen nennt, vor. Wer ihr auf Grund ihrer Nu-Pagadi-Vergangenheit von Vornherein keine Chance geben sollte, ist falsch gewickelt. "Vorsicht zerbrechlich" ist ein solides deutsches Soul-Album geworden, das allerdings kräftig im Kielwasser von Cassandra Steen schippert. Wenn da mal nicht Sido die Finger mit im Spiel hatte … Schulnote: 2 (vpr)
"Vorsicht zerbrechlich" von Doreen im n-tv Shop bestellen
Marlon Roudette - Matter Fixed
Mit seinem Song "New Age" ist Marlon Roudette schon so etwas wie eine kleine Sensation gelungen. Der war nicht nur im Kinofilm "What A Man" von Matthias Schweighöfer zu hören, sondern schaffte auch aus dem Stand den Sprung an die Spitze der Charts. Mit "Matter Fixed" liegt inzwischen auch das Album des früheren Mattafix-Sängers vor, dem das Korsett seiner Band mit dem Welthit "Big City Life" zu eng geworden ist. "Viele Leute wissen überhaupt nicht, dass ich ursprünglich aus der Karibik komme", sagt der Londoner. "Aber mir war sehr wichtig, diesen Aspekt meines Lebens zu erklären." So verschmelzen auf "Matter Fixed" Pop und Soul mit Reggae und karibischem Steeldrum-Flair ("Brotherhood Of The Broken", "Didn't I"). Das geht gut ins Ohr und hat Potenzial, einem den Restsommer zu versüßen. Nur manchmal würde man sich noch etwas mehr Schwung und weniger Pathos ("Hold On Me", "City Like This") wünschen. Schulnote: 2 (vpr)
"Matter Fixed" von Marlon Roudette im n-tv Shop bestellen
Luxuslärm - Carousel
Irgendwie weiß man bei Luxuslärm nicht, wo man dran ist. Auf jeden Fall nicht an "Deutschlands Rocksensation", wie die Plattenfirma die Band feiert. Soll das ernsthaft Rockmusik sein? Oder doch eher Schlager? Im letzteren Falle müssten wir die Rezension hier wohl abbrechen, da wir uns in diesen Gefilden keine wirkliche Beurteilungskompetenz anmaßen. Aber nachdem das Label von Rock spricht, bewerten wir "Carousel" auch nach diesen Maßstäben. Und da kommt es dicke: Sängerin Janine Meyer müht sich redlich, wie eine Deutsch singende Doro Pesch daher zu kommen, hört sich dabei aber häufig viel zu überexaltiert an. Musikalisch indes klingt das Album wie ein ziemlich langes Bewerbungsschreiben um ein Dauerabo im ZDF-Fernsehgarten. Und textlich balancieren Luxuslärm ein ums andere Mal auf einem schmalen Grat zwischen den Abgründen Kinderkanal und MDR-Hitparade. Womöglich hängt das alles damit zusammen, dass die Band in jüngster Zeit ordentlich durcheinander gewürfelt wurde und von der Originalbesetzung nur noch Janine Meyer und Schlagzeuger Jan Zimmer übrig sind. Schließlich galt die Gruppe nach ihren ersten beiden Alben wirklich als neue deutsche Rockhoffnung. Schulnote: 5 (vpr)
"Carousel" von Luxuslärm im n-tv Shop bestellen
Pearl Jam - 20
Mit der Doppel-CD "20" bringen Pearl Jam ein komplettes Soundtrack-Album heraus. Es ist der Soundtrack zu ihrem eigenen, gleichnamigen Film. Regisseur Cameron Crowe (u.a. "Singles", "Vanilla Sky") zeichnet in einer im Oktober 2011 auf DVD erscheinenden Dokumentation die Geschichte der Band nach, die neben Nirvana Anfang der 90er-Jahre zum Aushängeschild des Grunge avancierte. Die zwei CDs des Albums sind randvoll mit raren und teils bislang unveröffentlichten Aufnahmen der Supergruppe - von Live-Mitschnitten über Demos bis hin zu Instrumentals und Unplugged-Versionen. Dementsprechend variiert die Sound-Qualität sehr stark und reicht gelegentlich kaum über schlechte Bootleg-Standards hinaus. Wer kein eingefleischter Fan ist, sollte daher die Finger von "20" lassen. Wahre Pearl-Jam-Enthusiasten indes werden sich wohl sowohl das Album als auch die kommende DVD ins Regal stellen. Als Sonderveröffentlichung nicht bewertet (vpr)
"20" von Pearl Jam im n-tv Shop bestellen
Wolf Gang - Suego Faults
Nein, das ist nicht der Wolfgang - sondern die Wolf Gang! Nun ja, ganz stimmt das auch nicht, denn hinter dem Pseudonym verbirgt sich mit dem Briten Max McElligott ein musikalischer Solokämpfer. Mit seinem Album "Suego Faults" begibt er sich wie schon einige vor ihm in das Fahrwasser von Bands wie MGMT und Empire Of The Sun. Von Synthesizern nach vorne getriebene Popsongs, überlagert von manchmal arg fisteligem Gesang, die mit mindestens einem Nasenloch den Glam der Siebziger einatmen. Dazu passt natürlich, dass das Album von Dave Fridmann produziert wurde, der auch schon bei den Flaming Lips, Mercury Rev oder eben MGMT an den Reglern schraubte. Musik, die den Zeitgeist trifft, aber nicht unbedingt für die Ewigkeit bestimmt ist. Schulnote: 3 (vpr)
"Suego Faults" von Wolf Gang im n-tv Shop bestellen
Chris Rea - Santo Spirito
Sieht aus wie Chris Rea, klingt wie Chris Rea, fühlt sich an wie Chris Rea. Seine Musik war ja schon immer etwas ruhiger, aber jetzt ist er eben auch noch älter geworden, hatte 'ne lange Pause, da wird man ganz ruhig, tiefenentspannt, hat Zeit für gute Texte ... 13 neue Stücke finden sich auf "Santo Spirito", besonders schön ist "Lose My Heart In You", wo ganz viel von dem alten, bzw. dem jüngeren Rea drin zu stecken scheint. Ein Schmankerl ist auf alle Fälle das ganze Set, mit dem er wieder aufgetaucht ist: Im 5-Disc-Box Set (3 CDs & 2 DVDs) beschreitet Chris Rea neue, ungewöhnliche Wege für einen Musiker. Das Box Set enthält, neben der CD, zwei Feature-Filme und deren Soundtracks als Audio-CDs, die eine neue Verbindung von Film, Musik und Songwriting schaffen. Mit dem Thema "Stierkampf" widmet sich Rea einem ganz aktuellen, heißen Eisen: Gerade wurde der letzte Stierkampf in Katalonien ausgeführt, heftige Proteste dafür und dagegen begleiteten das Spektakel. Rea setzt sich auf der DVD mit einem Stierkampf aus der Sicht des Matadors und aus der Sicht des Stieres auseinander - eine alte Auseinandersetzung mit den Themen Tod, Ehre, Tradition und Männlichkeit. Chris Rea hat dazu gesagt: "Ich kann mich nicht mehr damit abgeben, einfach eine neue CD zu machen. Es muss Interessanteres geben, als nur zehn Songs auf eine CD zu bringen." Rea, der sich nach einer schweren Krankheit erfolgreich nicht nur der Malerei, sondern auch der Gestaltung seiner Großprojekte widmete, steuert seither völlig neue, kreative Ufer an. Dafür schonmal Schulnote: 2 (soe)
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Daft Punk - Interstella 5555 (Blu Ray)
Aus den Videoclips zu Songs wie "One More Time" oder "Harder, Better, Faster, Stronger" dürften Einige schon Teile von "Interstella 5555" kennen. Doch tatsächlich produzierten die Kult-DJs von Daft Punk 2003 einen kompletten Anime-Film zu ihrer Musik. Regie bei dem etwas mehr als eine Stunde langen Streifen führte der japanische Manga-Spezialist Leji Matsumoto, gezeichnet wurde im japanischen Produktionshaus Toei. Selten zuvor dürften Bilder und Musik so gut zusammengepasst haben wie bei dieser Science-Fiction-Geschichte, die in Wahrheit zwischen den Zeilen ein ironischer Blick auf das nur allzu irdische Musikgeschäft der Gegenwart ist. "Interstella 5555" erscheint in diesen Tagen erstmals auf Blu Ray. Das lohnt sich, denn die Schärfe macht's gerade bei den feinen Anime-Zeichnungen. Zudem bietet die Disc noch diverse Extras wie Trailer und Biografien von Daft Punk und Matsumoto. Wer sich also nicht schon früher die DVD zugelegt haben sollte, sollte jetzt zugreifen. Als Re-Release nicht bewertet (vpr)
"Interstella 5555" (Blu Ray) von Daft Punk im n-tv Shop bestellen
Quelle: ntv.de