"Muss man gehört haben" Ich hab' noch einen Ohrwurm in Berlin
01.04.2015, 14:36 Uhr
Ideal: Annette Humpe, Eff Jott Kruger und Ernst Ulrich Deuker steh'n auf Berlin.
(Foto: imago stock&people)
Im Kino lädt Regisseur Oskar Roehler mit "Tod den Hippies!! Es lebe der Punk!" zur Zeitreise. Dabei hätten es für den Rezensenten gern ein paar Songs mehr aus den Tiefen der 1970er- und 1980er-Jahre sein dürfen. n-tv.de legt nach mit der Mauerstadt-Playlist.
Sex Pistols – "Holidays in the Sun" (1977)
"I had no reason to be here at all, but now I gotta reason, it's no real reason and I'm waiting at Berlin Wall"
In London wollte man den Sex Pistols Mitte der 70er den Garaus machen, bei einer Reise nach Berlin fanden die jungen Punks fast so etwas wie innere Ruhe. Sänger Johnny Rotten verewigte seine Eindrücke im Opener ihres Klassikers "Never mind the Bollocks".
Frieder Butzmann – "Waschsalon Berlin" (1979)
Die Künstlergruppe Geniale Dilletanten dilettierte einst nicht nur bei der Schreibweise, auch ihre Musik, Klänge und Collagen basierten auf inspiriertem Nichtskönnen. Ein vergessener, etwas anstrengender Klassiker ist die stadtindustrielle Lautmalerei des Musikers aus Konstanz.
DAF – "Kebapträume" (1982)
"Kebabträume in der Mauerstadt, Türk-Kültür hinter Stacheldraht, Neu-Izmir ist in der DDR, Atatürk der neue Herr."
Aufgenommen wurde der Song zuerst von den Düsseldorfern Mittagspause, anschließend von den nachfolgenden Fehlfarben unter dem Titel "Militürk"auf "Monarchie und Alltag" verewigt. Robert Görl und Gabi-Delgado setzten qua Neubearbeitung schließlich dem damals neu aufkommenden Grundnahrungsmittel im Titel ein Denkmal.
PVC – "Wall City Rock" (1978)
"I’ve been living by the wall. Look out of the window and you see it all"
PVC liebten Punkrock und Leder, konnten sich aber von ihren Spiegelsonnenbrillen und Schnurrbärten doch nicht ganz trennen. Das Ergebnis war eine Berliner Biker-Variante der neuen Musik. Legendär ein alter Live-Clip (bitte YouTube checken) mit Knut Schallers punktgenauer Ansage: "Viel Spaß. Flippt nicht aus. Das ist Punkrock Berlin!"
Killing Joke – "SO 36" (1980)
"Jeder, der nicht in die Armee wollte, ging nach Berlin. Jeder, der da war, war auf der richtigen Seite. Es war fantastisch!" (Sänger Jaz Coleman im Interview)
Die Mauer auf dem Cover ihres Debüts steht in Derry und nicht etwa Berlin, der Song "SO 36" dreht sich jedoch unmissverständlich um die Mauerstadt, wo Jaz Coleman und seine Band schon bald nach Gründung Ende der 70er erste Shows spielten. Später lebten die Engländer zweitweise in Berlin und nahmen dort drei Alben auf.
Nina Hagen - "Auf'm Bahnhof Zoo" (1978)
" ... im Damenklo"
Ende 1976 hatte Nina Hagen offiziell rübergemacht, mitten hinein in die Blütezeit des noch jungen Punkrock. Ihr Debütalbum, eingespielt mit den alten Kumpels von Lokomotive Kreuzberg, probierte sich am Spagat zwischen englischem Punk, klanggewordenem Feminismus und einem als Hardrock getarnten, urbanen Chanson-Update.
Japan – "Suburban Berlin" (1978)
"No more information. Go follow navigation in your head. Welcome to suburban Berlin."
David Sylvian und seine femininen Jungs waren nicht nur vernarrt in Japan, auch alles was Bowie (und dessen Berlin-Eloge "Heroes") anging, ließen die Gentlemen mit den Polaroids einst kreischen. Japan aus London veröffentlichten passenderweise auf dem Berliner Hansa-Label und thematisierten das Stadtgeschehen auf ihrem zweiten Album "Obscure Alternatives".
Einstürzende Neubauten – "Steh' auf Berlin" (1981)
"Ich hol dich nicht raus. Ich steh' auf Zerfall. Ich steh' auf Krankheit. Niedergang. Ende. Schluss. Aus. Hölle. Ich steh' auf."
"Die Berliner Krankheit" hieß eine legendäre Tour anno 1981, bestehend aus den "Mauer-Combos" Sprung aus den Wolken, Mechanik Destrüktiw Komandöh und eben jenen Einstürzenden Neubauten. Im Gepäck hatten Blixa Bargeld und Co. ihr erstes Studioalbum "Kollaps", darauf die alles zersetzende Huldigung an Berlin, im Untertitel "Krieg in den Städten" genannt. Ein Evergreen der angespannten Art.
Ideal – "Wir steh’n auf Berlin" (1980)
"Im Affenzahn die Rolltreppe rauf, zwei Türken halten die Beamten auf. Oranienstraße, hier lebt der Koran, dahinten fängt die Mauer an. Mariannenplatz rot verschrien, ich fühl' mich gut, ich steh' auf Berlin!"
Der Kultursenat finanzierte das Ganze, aufgenommen wurde in den Wilmersdorfer Beat-Studios. Gepresst hatte man lediglich 1000 Exemplare, die auf dem bandeigenen Label Eitel Imperial veröffentlicht wurden. Die waren jedoch flugs vergriffen, der Rest ist Jeschichte.
Aktuell im Kino
Oskar Roehlers "Tod den Hippies!! Es lebe der Punk!" mit Tom Schilling, Emilia Schüle und andere - außerdem "B-Movie: Lust & Sound in West-Berlin", ein Dokumentarfilm über die Musik- und Kunstszene im West-Berlin der 80er-Jahre, von Jörg A. Hoppe, Heiko Lange und Klaus Maeck.
Quelle: ntv.de