Musik

"Unterschätze nie dein Publikum!" LedZep-Legende Jimmy Page im Interview

Led Zeppelin im Oktober 2012: John Paul Jones (Bass), Sänger Robert Plant, Gitarrist Jimmy Page und Drummer Jason Bonham (v.l.)

Led Zeppelin im Oktober 2012: John Paul Jones (Bass), Sänger Robert Plant, Gitarrist Jimmy Page und Drummer Jason Bonham (v.l.)

(Foto: REUTERS)

Diese Leute können über irgendeinen Verstärker mit einer fremden Gitarre spielen - man wird sie immer erkennen. Das ist die Schönheit und die Magie des Spiels. Und auch ein gewisser Humor ist Teil davon, wie sich unser Autor im Gespräch mit Led-Zeppelin-Legende Jimmy Page in London überzeugen konnte.

n-tv.de: Jimmy Page, kürzlich die ersten drei Alben, jetzt folgen mit "IV" und "Houses of the Holy" schon die nächsten Remasters - es geht Schlag auf Schlag im Hause Led Zeppelin.

Jimmy Page: Ich wollte den zeitlichen Abstand nicht zu groß werden lassen, das Ganze sollte mehr als Einheit funktionieren. Es war wichtig, das Momentum zu nutzen, das für Led Zeppelin in diesen Tagen besteht.

Gutes Stichwort - in der Londoner U-Bahn sitzt mir eine Frau gegenüber, die die "Sun" liest. Auf der mir zugewandten Seite ist ein großes Foto von dir, in einer Hörerabstimmung von BBC Radio ist "Whole Lotta Love" zum besten Gitarrenriff aller Zeiten gewählt worden.

Oh, in der Tat. (studiert die mitgebrachte Seite). Ah, ok, "Layla" ist dabei, "Money" von Pink Floyd. The Smiths. Das sind auf jeden Fall alles klasse Riffs, keine Frage.

Johnny Marr ist ein gutes Beispiel für einen weiteren Gitarristen mit einem Trademark-Sound.

Ihn hörst du immer heraus. Lustigerweise sagt er dasselbe über mich. Jeder kann "Whole Lotta Love" nachspielen, sagte er jüngst in einem Interview, aber Page is the man. Man hört einfach, wenn er es ist. Und mit Johnny Marr ist es genauso. Er hat echten Charakter in seinem Spiel. Nimm jemanden wie ihn oder Brian May oder Keith Richards. Es ist der Mix aus Können, Stil und auch Attitude.

Auch für diese neuen Remasters hast du dich durch zahllose Tapes mit alten Aufnahmen gehört. Paul Weller sagte jüngst, allein der Gedanke wäre der reine Horror. Was gefällt dir daran?

Ohne Sonnenbrille gehts nicht mehr: Jimmy Page im September 2014.

Ohne Sonnenbrille gehts nicht mehr: Jimmy Page im September 2014.

(Foto: imago/Landmark Media)

Das kann ich dir sagen: Ich weiß, dass es wichtig ist für das essenzielle Bild von Led Zeppelin. Das ganze Konzept - die Studio-Arbeit, das Artwork, die Booklets - sollte stimmig sein, dafür war das einfach nötig. Da draußen gibt es eine leidenschaftliche Fanbase. Sie wollen einfach mehr davon wissen, sie wollen mehr davon hören, wie es wirklich war. Und das wollte ich mit diesem Projekt möglich machen.

Was ist das für eine Situation, in der du dann in diese historischen Aufnahmen eintauchst. Gibt es dafür ein bestimmtes Setting oder ist das reine Studioarbeit?

Ich hab' in einem Studio damit begonnen. Aber von dem Moment an, als es grünes Licht für das Konzept gab, wusste ich, dass hunderte von Stunden an Listening Sessions nötig werden würden und dann habe ich zu Hause damit weitergemacht.

Das klingt nach einem Haufen Arbeit.

Es dauerte lange. Aber spätestens in dem Moment, als sie veröffentlicht wurden, wusste ich, dass es absolut die richtige Entscheidung war.

Gab es eine Deadline?

Nein, die einzige Vorgabe war: Jeder Stein musste umgedreht werden. Bootlegs, alte Tapes ohne Aufschrift. Ich musste es so sorgfältig wie möglich machen.

Gab es dabei Entdeckungen, von denen du schlicht nicht mehr wusstest?

Wenn das mal so war, dann dauerte es zumeist nicht lange, bis ich dahinter stieg, wann das wo aufgenommen wurde. "Keys to the Highway" hatte ich ewig nicht gehört und da gab es ein Tape, was am Tag der Aufnahme gemacht wurde, das ich nicht kannte. Aber in dem Moment, wo es loslief, wusste ich sofort wieder, was damals passierte. Ich war wahrscheinlich der richtige Mann für diesen Job.

Spielst du dann auch mal Luftgitarre zu deinen Songs?

Ja, in der Tat kommt das öfter vor. Aber nicht nur zu meinen Songs. Ich habe neulich erst zu Link Wrays "Rumble" Airguitar gespielt. Ganz früher habe ich auch gern Airpiano gespielt, und zwar zu Songs von Jerry Lee Lewis. (lacht)

Wie fühlt sich diese Zeitreise für dich ganz persönlich an?

Das kann ich dir sagen: absolut fantastisch, eine Feier. Allein John Bonhams Spiel zu hören, dieser Spirit. Was für ein Verlust immer noch.

Seine Balance aus Groove und Kraft macht immer noch sprachlos.

Du sagst es. Und es war so laut, der Wahnsinn. Seine Kits wurden immer größer, allein diese Bassdrums. Er wollte, dass seine Drums wie Kanonen klingen. Bei aller Kraft war jedoch auch ein begnadeter Techniker. Auf dem "Rainsong" spielt er eine Version mit Jazzbesen. Auch das ist grandios. Aber es war ja nicht nur Bonham. John Paul Jones ist ein grandioser Musiker und Robert Plant war stimmlich zu jener Zeit unantastbar, gigantisch.

Für einen Song wie "When the Levee Breaks" mussten die Drums noch dicker klingen als ohnehin.

In der Tat. Wir waren in der Anfangsphase der Aufnahmen in Hadley Grange und wir bauten Bonhams Schlagzeug im Treppenhaus auf. Der Klang, der Hall, die Vertäfelung dort ergab einen im wahrsten Sinne des Wortes umwerfenden Sound. Das hörst du bis heute.

Wie würde Bonham dieses Projekt wohl gefallen?

Ich denke, er wäre thrilled. Ganz sicher. Aber wie gesagt, es geht um Led Zeppelin als Ganzes. Die Band als eine Einheit.

Lenny Kaye sagte über "IV" einmal: "Kein Song tritt dem anderen auf die Füße, jeder steht für sich. Das macht diesen Klassiker aus".

"Da draußen gibt es eine leidenschaftliche Fanbase."

"Da draußen gibt es eine leidenschaftliche Fanbase."

(Foto: REUTERS)

Die Platzierung der Tracks war wichtig. Viele sagte, "Stairway to Heaven" solle ans Ende, aber das war es einfach nicht. Es beendet die erste Seite - wir sprechen hier halt von Vinyl - und dann hast du als Closer des Albums diesen Wahnsinnstrack "When the Levee Breaks" in seiner ganzen Schwere und düsteren Aura. Die Reihenfolge war ausschlaggebend, keine zwei hintereinander in der selben Tonlage oder im selben Tempo Jeder Song malt sein eigenes Bild. Von daher trifft es schon zu, was Kaye sagt.

"IV" gilt heute als grundlegender Einfluss auf Hard Rock und Heavy Metal.

Für mich führt die Heavyness viel weiter zurück. Howlin’ Wolf etwa. Mann, das ist harter Stoff.

Ein Song wie "Rock’n Roll" funktioniert fast als Punkrock-Blaupause?

Auf jeden Fall.

Wie haben die anderen Zep-Mitglieder auf das Projekt reagiert?

Sie waren halt nicht so sehr involviert. Klar, Robert gab mir einen Karton mit Tapes, aber den Luxus, das alles zu hören, den hatte ich. Sie waren ziemlich beeindruckt von dem, was ich dann schließlich präsentierte.

Hat der Charts-Erfolg dich überrascht?

Ein wenig schon. Dennoch gilt auch heute: Unterschätze niemals das Publikum von Led Zeppelin. Als die DVD zur O2-Show veröffentlicht wurde, wurde die nur so aus den Regalen gerissen. Da gab es schließlich sogar Nachschub-Probleme. Und erinnere dich mal daran, wie die Ticketserver zusammenbrachen, als der Vorverkauf für die O2-Show begann.

Hätte es im Anschluss an die O2-Show eine Tournee geben - würden wir dann jetzt auch über die Remasters sprechen? Oder gäbe es nicht vielleicht ein ganz neues Album?

Ich habe die Idee ja schon länger, von daher kann ich das nicht so genau sagen. Ich bin auf jeden Fall glücklich damit, dass das jetzt so funktioniert hat. Es ist das Erbe von Led Zeppelin.

Früher hat Led Zeppelin mit schlechten Reviews zu kämpfen gehabt. Heute bringen Journalisten ihre Lieblingsplatte mit zum Interview und freuen sich über eine Widmung. Ist es komisch, das so zu erleben?

Nein, ich meine, klar, wir haben ordentlich an die Backen bekommen. Aber das waren oftmals die selben Leute und das hatte weniger mit Musik zu tun, sondern zuweilen mit reiner Gehässigkeit. Nicht nur bei den Platten, sondern auch bei den Konzerten. Das Publikum aber bildete sich seine eigene Meinung und hat das letzte Wort.

Wäre jetzt nicht ein perfekter Zeitpunkt, um wieder auf Tour zu gehen?

Da kann ich ganz klar sagen: Es sieht absolut nicht danach aus.

Mit Jimmy Page sprach Ingo Scheel.

Die Alben "Led Zeppelin IV" und "Houses Of The Holy", produziert und remastert von Jimmy Page, inkl. Companion-Discs mit unveröffentlichten Aufnahmen, in mehreren CD-, Vinyl- und Digital-Formaten sowie als Limited Edition Super Deluxe Box-Set, erscheinen am 24. Oktober 2014 - bei Amazon bestellen

Quelle: ntv.de

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