"In Island ticken die Uhren anders" Of Monsters And Men melden sich zurück
05.06.2015, 12:16 Uhr
Es fällt also gar nicht mehr so auf, dass sie eine Frau ist??
Denkt man an Island, dann ziehen Bilder von sprudelnden Geysiren, blauen Lagunen und mystischen Landschaften vor dem geistigen Auge vorüber. Auch musikalisch kocht man auf der größten Vulkaninsel der Erde gerne sein eigenes Süppchen. Björk, Emiliana Torrini, GusGus, Sigor Ros: Von gängigen Mainstream-Sounds ist man in Island normalerweise in etwa so weit entfernt wie vom Südpol. Gäbe es da nicht eine Band namens Of Monsters And Men. Hinter dem düster anmutenden Namen verbergen sich vier Männer und eine Frau, die mit ihrem Debütalbum "My Head Is An Animal" im Jahr 2012 so ziemlich alle musikalischen Island-Klischees auf den Kopf stellten. Plötzlich zogen von der Insel umgarnende Harmonien im Folk-Pop-Gewand um die Welt. Drei Jahre später legen Of Monsters And Men nun endlich mit ihrem zweiten Studioalbum "Beneath The Skin" nach. n-tv.de sprach mit der Sängerin Nanna Bryndís Hilmarsdóttir über hohe Erwartungen, musikalische Veränderungen und die Kraft der Gemeinschaft.
n-tv.de: Nanna, ihr habt mit eurem Debütalbum weltweit große Erfolge feiern können. Seitdem sind drei Jahre vergangen. Nun steht endlich euer zweites Album in den Startlöchern. Warum habt ihr euch für den Debüt-Nachfolger so lange Zeit gelassen?
Nanna Bryndís Hilmarsdóttir: Ich weiß, dass sich viele Leute ein zeitnahes zweites Album von uns gewünscht hätten. Wir mussten aber nach den ganzen überwältigenden Eindrücken, die uns im Debüt-Jahr förmlich überrollten, erst einmal alles sacken lassen. Da gab es unheimlich viel zu verarbeiten. Wir haben mit einem derartigen Erfolg ja gar nicht gerechnet. Plötzlich standen wir im Rampenlicht. Und das nicht nur in Island, sondern überall, wo wir hinkamen. Das war schon ziemlich aufwühlend für uns.
Gab es Momente, die dir auch heute noch nicht aus dem Kopf wollen?
Es ist eher das große Ganze, das uns immer noch ein bisschen zu schaffen macht. (lacht) All die vielen Konzerte, das permanente Rumgereiche und der unerwartete Chartserfolg in den USA: Das sind alles Dinge, die eine kleine bescheidene Band aus Island ganz schön aus der Bahn werfen können. Das mussten wir erst einmal verarbeiten.
Wäre euch im Nachhinein ein Einstieg ins große Business durch die Hintertür lieber gewesen?
Das habe ich mich auch schon oft gefragt. (lacht)
Und?
Nun, es gibt Tage, da genießen wir die Situation. Und dann gibt es aber auch Tage, an denen uns alles ein bisschen über den Kopf wächst. Aber wir leben uns immer besser ein. Grundsätzlich denke ich, dass es unheimlich wichtig für uns war, erst einmal einen Gang runterzuschalten. Ich meine, wir lagen ja auch nicht auf der faulen Haut. Wir waren in den letzten drei Jahren fast ständig unterwegs. Es hat ein bisschen gedauert, bis die Köpfe wieder frei waren für neue Songs.
Songs, die um einiges düsterer und persönlicher um die Ecke kommen.
Ja, das stimmt. Wir sind nicht mehr die Band, die wir vor drei Jahren waren.
Was hat sich verändert?
Wir haben uns entwickelt. Aus der kleinen fragilen Band aus Island ist ein stabiles Kollektiv geworden, das viele neue Leute und Länder kennenlernen durfte. Das hat uns irgendwie zusammengeschweißt. Auf dem ersten Album lag der Fokus noch verstärkt auf unserer Heimat. Wir stellten uns lediglich vor, wie es denn da draußen in der großen weiten Welt zugehen könnte. Mittlerweile haben wir viele Erfahrungen außerhalb Islands sammeln können. Das hatte zur Folge, dass wir uns diesmal primär mit unseren eigenen Gefühlen auseinandergesetzt haben. "Beneath The Skin" ist ein sehr persönliches Album geworden. Und wenn man sich mit sich selbst beschäftigt, dann geht es manchmal auch mitunter ziemlich düster zu. Das bleibt nicht aus.
Eine große Herausforderung?
Ja, absolut. Aber auch ein wichtiger Schritt in unserer Entwicklung als Band.
Wie arbeitet es sich eigentlich zusammen mit vier Männern?
Ganz entspannt. Zumindest wenn es um die Musik geht. (lacht) Die einzige Auseinandersetzung die wir bei diesem Album hatten, drehte sich um das Finish. Ich weiß noch, dass unsere Studiozeit zu Ende ging und wir unseren Flieger erwischen mussten, der uns von Los Angeles wieder zurück nach Island bringen sollte. Wir saßen aber noch am letzten Song des Albums. Irgendwie konnten wir uns nicht auf ein passendes Ende einigen. Nach einigen hitzigen Diskussionen fanden wir dann aber zum Glück doch noch einen gemeinsamen Nenner.
Nimmst du dann in solchen Situationen als einzige Frau eine besondere Position ein?
Nein, ich denke nicht. Zumindest lässt mich das keiner spüren. Wir kennen uns alle schon so lange. Dass ich eine Frau bin, spielt keine Rolle mehr. Weder für mich noch für die Jungs.
War das schon immer so?
Ja, eigentlich schon. Sicher, anfangs gab es hin und wieder Situationen, in denen man das eine oder andere erst einmal untereinander besprechen musste. Ich denke da an unsere ersten Reisen im Tourbus. (lacht) Frauen haben ja mitunter eine etwas andere Vorstellung von Privatsphäre. Aber das hat sich alles ganz schnell eingespielt. Mittlerweile sind wir eine feste Gemeinschaft, in der jeder weiß, wie der andere tickt.
Klingt nach einem rundum glücklichen Dasein.
Ja, alles läuft super. Ich hoffe natürlich, dass es auch so bleibt. In diesem Business weiß man ja nie, woran man ist.
Das ist aber doch auch das Spannende daran, oder?
Naja. Ein bisschen mehr Ruhe täte uns schon ganz gut. In Island laufen die Uhren halt ein bisschen anders. Dort lässt man auch gerne mal die Dinge einfach so laufen. Das kann man sich im internationalen Pop-Geschäft aber nicht erlauben. Und wir wollen ja schließlich noch ein paar mehr Alben veröffentlichen. Also müssen wir uns anpassen. Aber wir wollen uns nicht beschweren. Wir sind mittlerweile sehr anpassungsfähig.
Auf dass es so bleibt.
Wir arbeiten dran. (lacht)
Mit Nanna Bryndís Hilmarsdóttir sprach Kai Butterweck
Quelle: ntv.de