Cash & Cooke Raritäten aus dem Rock'n'Roll-Museum
17.11.2013, 15:50 Uhr
Vor zehn Jahren starb Johnny Cash 71-jährig in Tennessee. Sein 1956 erschienenes Debütalbum gibt es jetzt wieder im Handel.
(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)
Johnny Cash und Sam Cooke gehören zweifellos zu den Großen der US-Musikgeschichte. Der eine wurde zur internationalen Legende, der andere ist heute nur noch selten zu hören. Doch von beiden gibt es nun wieder eine (nicht ganz) neue Platte.

"With His Hot And Blue Guitar": Johnny Cashs Erstling hat zwar schon 56 Jahre auf dem Buckel, doch vielen der Songs merkt man ihr Alter nicht an.
An Neuausgaben von alten Johnny-Cash-Aufnahmen herrscht kein Mangel. Wo aber, bitteschön, findet man sein allererstes Album, aufgenommen im legendären Studio der legendären Sun Records des nicht minder legendären Sam Phillips im geschichtsträchtigen Memphis/Tennessee? Wenn man Glück und viel Geld hat, treibt man sicher ein zerkratztes Originalvinyl auf. Man kann aber auch auf die vorliegende CD zurückgreifen, welche das - fast - auf den Tag genau vor 56 Jahren erschienene Album "With His Hot And Blue Guitar" enthält. Die Langspielplatte stand - fast - am Anfang einer Karriere sondergleichen: Einige Titel waren zuvor schon auf erschwinglicheren Singles erschienen.
Auf dem Long Player findet sich auch jenes Lied, das der Meister auf seinen viel umjubelten und manchmal - wegen seines Medikamentenkonsums - auch ausgepfiffenen Konzerten spielen sollte: Die Eigenkomposition "I Walk The Line", ein Liebeslied, in dem er ihr verspricht, für sie sogar die Gezeiten umzukehren. Für jene Zeit und auch heute umstritten ist die Beschreibung eines Mörderschicksals, des in "Folsom Prison Blues", ebenfalls aus seiner Feder: Er habe in Reno einen Mann getötet, nur um ihn sterben zu sehen. Bei seinem Vorbild Hank Williams, dem er später eine ganze LP widmen sollte, nimmt Cash mit "(I Heard That) Lonesome Whistle Blow" eine Anleihe.
Dass auch Cash zu jenen gehört, welche die "Rassenschranken" in der Musik in "Gottes eigenem Land" einrissen, zeigt die Interpretation von Leadbellys "Rock Island Line". Das zweite Album der CD, "The Fabulous Johnny Cash", ist Johnny Cashs Debütalbum beim Columbia-Label, das 1959 erschien. Darauf zu hören ist unter anderem die nachdenkliche Geschichte von Johnny, dem Gitarristen und seiner Frau Frankie, welcher von deren Schwester auf die Liebesprobe gestellt wird. Obgleich ein Standard, hat der Titel bei Cash wohl durchaus etwas Autobiographisches. Oder "That's All Over", die Story von einem, der eine Neue gefunden hat, die ihn - hoffentlich - zum Lachen bringt und für eine "ganze, ganze Weile" bei ihm bleibt.
Balladen, aber keine Schnulzen

Mitbegründer eines Genres: Sam Cookes "Mr. Soul" enthält Klassiker der inzwischen als Symbol für die afroamerikanische Kultur geltende Soul-Musik.
Obwohl Sam Cookes CD "Mr. Soul" betitelt ist und mithin den Namen einer LP aus dem Jahr 1963 trägt, ähnelt die Ausgabe eher einem "Best Of ..." mit Raritäten dazu. Cooke wird oft den "crooners" zugerechnet, was in gewisser Weise stimmen mag. Aber was ihn vom Rat Pack um Frank Sinatra & Co. unterscheidet, ist dieses verwechselbare Timbre in der Stimme. Und seine Bescheidenheit. Cooke singt zumeist begleitet von einer einfachen Rhythmusgruppe, wie man damals im deutschen Sprachraum sagte: Gitarre, Bass, Schlagzeug, manchmal ein Piano. Hin und wieder auch auch Streicher, manchmal ein Swingorchester. Das Größte an Sam Cooke ist aber, dass er nie, nie ins Schmalzige abkippt. Seine Version von Gershwins "Summertime" mag gefälliger sein als die vielen anderen. Aber eine Schnulze ist es eben bei Cooke nicht.
Er kann Geschichten erzählen, die ans Balladenhafte grenzen. In "(What A) Wonderful World" gesteht er, dass er nicht mehr viel von Biologie, Trigonometrie und dem bisschen Französisch weiß, das er mal gelernt hat. Aber, dass eins und eins zwei sind, und wenn sie ihn dann auch noch lieben würde, dann wäre die Welt wundervoll.
Wohl selten sind die unmenschlichen Zustände in den zu jener Zeit meist von Afroamerikanern wie Cooke bevölkerten Arbeitslagern so zurückhaltend und anklagend zugleich beschrieben worden wie in "Chain Gang", der Bande an der Kette. Ein Meisterstück ist "Everybody Loves The Cha Cha Cha": Sie beherrscht den Tanz nicht, er bringt ihn ihr bei. Und dann macht sie es besser als er. Und der Klassiker "Only Sixteen" fehlt neben vielen anderen, eher unbekannten Songs auch nicht. Fazit: Cash & Cooke sollten Sie behandeln wie "cash & carry". Punktum.
Johnny Cash: "With His Hot And Blue Guitar", CD, Midnight Records
Quelle: ntv.de