Musik

Nicht Fisch, nicht Fleisch "Swing Both Ways" mit Robbie Williams

Er liebt die Götter des Swing - und die lieben ihn!

Er liebt die Götter des Swing - und die lieben ihn!

Ganze zwölf Jahre nach seinem nostalgischen Trip "Swing When You‘re Winning" besucht Robbie Williams noch einmal die Ära von Sinatra und Co. Auf halber Strecke verlässt ihn dabei leider der Mut. So baumelt das Album etwas halbgar zwischen gestern und heute.

Wir erinnern uns: Anno 2001 tauchte Robbie Williams zum ersten Mal tief in die Swing-Ära ein. Dem Erfolgsalbum "Sing When You're Winning" (2000), mit Überhits wie "Rock DJ" und "Supreme", fügte er auf dem Papier zwar nur den Buchstaben -w- hinzu. In Sachen Sound und Attitüde geriet "Swing When You're Winning" jedoch zum abenteuerlustigen, juvenil befeuerten Ritt ins Goldene Zeitalter der Altvorderen: Frank Sinatra, Sammy Davis jr., Dean Martin. Einer der Höhepunkte: das exquisite Cover von "Something Stupid", zusammen mit der damals noch überaus natürlich daherschwebenden Nicole Kidman.

Frauen träumten davon, Nicole Kidman zu sein und "Something Stupid" mit ihm zu tun.

Frauen träumten davon, Nicole Kidman zu sein und "Something Stupid" mit ihm zu tun.

Was für ein Erfolg: Sechs Wochen lang hielt sich das Album an der Spitze der UK-Charts und sicherte ihm satte sieben Platinauszeichnungen. In Deutschland verkaufte sich das Album über anderthalb Millionen Mal - fünffaches Platin - und landete zum Ende des Jahrzehnts auf Platz 4 der erfolgreichsten Alben der Dekade. "Swing When You're Winning" ist bis heute das meistverkaufte Album in der Karriere des Herrn Williams.

Die Idee also, noch einmal in den Time Tunnel zu steigen, um am anderen Ende in den Fifties wieder auszusteigen, lag mehr als nahe. Zumal mit Guy Chambers auch sein einstiger Partner aus Goldgräbertagen wieder an Bord ist. Vielmehr ist es verwunderlich, dass es so lange bis zur Neuauflage gedauert hat. "Ich wollte ein Swing-Album aufnehmen, weil ich nun mal ein Swing-Album aufnehmen wollte!" posaunt Robbie es heraus und alles wäre wunderbar, hätte er es bei dieser schlichten Idee belassen.

Irgendwo swingt es

Immer noch schüchtern?

Immer noch schüchtern?

(Foto: REUTERS)

Beim Blick aufs Cover stimmt ja erst einmal auch alles: Der monochrome Background aus der Farbpalette Sinatras, die schlichte Typo, der Brisk-Anteil in Robbies Tolle. Nur - schon beim Auftaktsong "Shine My Shoes" wird hier aus dem Küchenzuruf "Ich mache wieder ein Swingalbum" ein (zu) aufwendiges Kochrezept. Der Midtempo-Groover kann sich nicht entscheiden zwischen authentischem Swing und Take-That-Ballade. Ja, das swingt, aber Moment mal, klingt Robbie hier in den etwas krächzigen Kieksern nicht sogar ein bisschen nach Steven Tyler?

Überhaupt verhält sich die Schuhputzer-Eloge zu Swing wie BossHoss zu Country. Man hört die Liebe zu den Originalen und den Spaß an der Sache. Aber braucht das da draußen jemand? Und so geht es weiter. Eine etwas zu albern geratene Neuauflage des "Dschungelbuch"-Klassikers "I Wan'na Be Like You" (zusammen mit Olly Murs) ist hier ebenso obsolet wie der unerreichte "Minnie The Moocher" oder das in den letzten 30 Jahren eh bis zur Unkenntlichkeit zersungene "Dream A Little Dream".

Too much of a good thing

Another dollar to be made?

Another dollar to be made?

Als wäre das nicht genug, kombiniert Williams die Klassiker auch noch mit eigenen Originalen und verwässert so die ursprüngliche Idee: "Ich hatte ein paar Songs geschrieben, die ich mit den Menschen teilen wollte, und wenn ich Glück habe, begleiten diese Songs die Leute ja eine Weile und werden ein Teil ihres Lebens." Tatsächlich gibt es Stellen auf diesem Album, die dazu angetan sind, Robbies Wunsch zu erfüllen. Das wunderbar sentimentale "Go Gentle" mit seinen schimmernden Bacharach-Bläser etwa ist ein absoluter Treffer. Dennoch: Why not keep it simple? Stattdessen - wir bekommen es gleich auf dem Cover reingedrückt - holt sich Williams mit Lily Allen, Michael Bublé, Kelly Clarkson, dem bereits erwähnten Olly Murs und Rufus Wainwright noch eine ganze Armada von Co-Sängern und -Sängerinnen an Bord und unterstreicht so noch einmal den grundlegenden Unterschied zwischen einst und jetzt. Atmete "Swing When You're Winning" den ganzen Respekt und die unverhohlene Liebe für die Swing-Ära, geriet die Umsetzung zu einer passionierten Liebeserklärung eines jungen Burschen an die großen Idole, kommt das hier aus einer ganz anderen Ecke.

Zwölf Jahre - und einige Krisen zwischen Psycho-Therapie, Gewichts- und Drogenproblemen sowie Altlastenverarbeitung mit Gary Barlow - später, singt hier einer, der es eigentlich nicht mehr so richtig nötig hat. Einer, der sich nicht mehr entscheiden kann und ein bisschen wie ein Sohnemann aus gutem Hause ja auch gar nicht konsequent entscheiden muss. Leiste ich mir das eine? Gönne ich mir das andere? Egal, ich nehme beides oder wie es gleich in der ersten Zeile von "Shine My Shoes" heißt: "Another dawn. Another day. Another dollar to be made." Vielleicht ist genau dies das Problem.

"Swings Both Ways" von Robbie Williams ist bei Island/Universal erschienen. Bei Amazon bestellen

Quelle: ntv.de

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