Kino

"Company Men" Der amerikanische Alptraum

Ein vertrautes Bild aus dem wirklichen Leben: entlassene Manager mit ihren Büro-Habseligkeiten im Karton.

Ein vertrautes Bild aus dem wirklichen Leben: entlassene Manager mit ihren Büro-Habseligkeiten im Karton.

(Foto: Senator)

Corporate America in der Krise: Erst ist der Job weg, dann der Porsche, schließlich das Haus. Wie macht man weiter, wenn alles, worüber man sich definiert hat, einem genommen wird? Der Film "Company Men" findet eine sehr amerikanische Antwort darauf.

Großes Haus, zwei Autos vor der Tür, die neuesten Haushaltsgeräte in der Küche, im Wohnzimmer türmen sich Fernseher, X-Box & Co – das ist nicht nur die schöne Welt von Bobby Walker (Ben Affleck), sondern von all diesen "Company Men", die morgens in ihre Rüstung aus Anzug, Krawatte und edler Uhr steigen, um die Welt täglich aufs neue zu erobern. Doch im Land der unbegrenzten Möglichkeiten kann in einem Moment noch das eigene Golf-Handicap das wichtigste Thema des Tages sein und im nächsten Moment findet man sich mit dem gefürchteten Karton in der Hand wieder, in dem die Büropflanze darauf wartet, aus dem Firmengebäude getragen zu werden.

So schnell kann es gehen: Bobby Walker sitzt auf der Straße.

So schnell kann es gehen: Bobby Walker sitzt auf der Straße.

(Foto: Senator)

John Wells’ Film "Company Men" spielt im Herbst 2008, jenen Tagen, als Corporate America von der Finanzkrise erstmals erschüttert wurde. Damals gingen die Bilder der entlassenen Banker und Manager, die mit ihren Kartons die Büros an der Wall Street und anderswo verlassen, um die Welt. 12 voll bezahlte Wochen für 12 Unternehmensjahre plus ein Sitzplatz in einer Art Auffanggesellschaft, die den beruflichen Neuanfang begleiten soll: Das ist alles, was Bobby Walker in sein neues Leben mitnimmt. Und zu Hause warten Frau, Kinder, Hypothekenraten und unbezahlte Kreditkartenrechnungen auf ihn.

Während sich seine Frau Maggie (Rosemarie DeWitt) pragmatisch schnell auf die neue Situation einstellt, wieder zu arbeiten anfängt und die Haushaltskasse durchrechnet, kann Bobby nicht glauben, dass dieser Zustand, diese Arbeitslosigkeit, länger als ein paar Tage andauern soll. Doch als Woche für Woche vergeht, die Bewerbungen und Vorstellungsgespräche ohne Erfolg bleiben und eines seiner geliebten Statussymbole nach dem anderen verschwindet, wird er mürbe.

Luxus oder Werte?

Bobby Walker (Ben Affleck) und GTX-Urgestein Gene McClary (Tommy Lee Jones).

Bobby Walker (Ben Affleck) und GTX-Urgestein Gene McClary (Tommy Lee Jones).

(Foto: Senator)

In seiner alten Bostoner Firma GTX kämpfen unterdessen die verbliebenen Kollegen um ihren Job und ihre Würde. Doch Mitgefühl für seine Mitarbeiter ist vom Konzernchef Jim Salinger (Craig T. Nelson) nicht zu erwarten: "Wir sind nicht für sie verantwortlich – wir arbeiten jetzt für die Aktionäre." Eine Einstellung, die Salingers langjähriger Weggefährte Gene McClary (Tommy Lee Jones) nicht teilt. Ihm kommen Zweifel an ihrem Tun. War das die Idee, als sie vor 30 Jahren gemeinsam das Unternehmen aus dem Nichts aufbauten und Wohlstand für alle schaffen wollten?

Gene McClary (Tommy Lee Jones) zweifelt am bisherigen Arbeits- und Lebensstil.

Gene McClary (Tommy Lee Jones) zweifelt am bisherigen Arbeits- und Lebensstil.

(Foto: Senator)

Angesichts der menschlichen Dramen um ihn herum wirkt der opulente Lebensstil, den auch Gene so liebte, plötzlich obszön: Das Shopping-Wochenende in Palm Springs mit dem Firmenjet, das perfekte Obstholztischchen für 16.750 Dollar in der Fensternische - ist das alles es wert, dass man sein Gewissen verkauft? Und wann haben die Menschen eigentlich zuletzt etwas gebaut, das sich anfassen lässt? Das sie den Wert ihrer Arbeit erkennen lässt? Einst baute GTX Schiffe, heute sind Spekulationen lukrativer. Und was wird aus alten Mitarbeitern wie Phil Woodward (Chris Cooper), die sich vom Fließband an die Führungsspitze hochgearbeitet und geschworen haben, nie zu ihren Anfängen zurückzukehren?

Am Ende werden nicht alle den Übergang in ein neues Leben ohne die Firma schaffen, doch manche der Company Men werden mehr Erfüllung finden, als sie zuvor hatten.

Zeitgenössisches Krisenkino

Das Vertrauen in das "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" ist erschüttert.

Das Vertrauen in das "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" ist erschüttert.

(Foto: Senator)

Mit "Company Men" hat Drehbuchautor und Regisseur John Wells ein Porträt der USA geschaffen, das mehr als aktuell ist. Seine Company Men sind keine Einzelschicksale, sondern in den USA zu Tausende zu finden. Und die Finanzkrise 2008 war nur der Auftakt einer Rezessionsphase, deren Ende noch nicht abzusehen ist. "Die Wirtschaftskrise verändert, wie wir Amerikaner uns sehen und wie wir leben werden", glaubt Wells.

Ganz bewusst prangert Wells dabei in seinem Film auch die Arroganz der Papiertiger an. Doch auch wenn der Jobverlust hier und da inszeniert wird, wie eine wohlverdiente Strafe für die Maßlosigkeit der Manager, lässt Wells viel Raum für Mitleid.

Uramerikanische Schicksale

Sein Schwager Jack (m.) verschafft Bobby (l.) Arbeit in seiner Baufirma.

Sein Schwager Jack (m.) verschafft Bobby (l.) Arbeit in seiner Baufirma.

(Foto: Senator)

Company Men zeigt die USA von heute, ohne zu vergessen, was wohl der uramerikanischste Gedanke ist: Du darfst hinfallen, du musst nur – ehrlich und geläutert – wieder aufstehen. Um das zu zeigen, lässt der Film aber leider nur wenige Klischees aus: Bobbys Tochter bittet an Thanksgiving um einen neuen Job für den traurigen Daddy, der ruppige Schwager Jack Dolan (Kevin Costner) verschafft Bobby Arbeit in seiner Baufirma, obwohl er für Anzugtypen nichts übrig hat. Im Flanellhemd, bei ehrlicher Arbeit und Bier nähern sich die ungleichen Mitglieder derselben Familie sich schließlich an.

Unwillkürlich fragt man sich, wie die Geschichte eines nicht weniger von der Rezession geplagten Europäers aussehen würde: Würde ein gescheiterter griechischer Geschäftsmann sein Glück im Weinberg seiner Cousins finden? Würde ein entlassener deutscher Banker in Muttis Currywurstbude über die Fehler in seiner Karriere nachdenken?

"Company Men" ist bei Senator Film erschienen.

"Company Men" ist bei Senator Film erschienen.

(Foto: Senator)

Aber auch wenn sich die US-amerikanischen Ideen und Träume vielleicht nicht übertragen lassen, ist Company Men ein sehenswerter Film. Denn er erinnert an die Einzelschicksale, die sich hinter den Meldungen von Entlassungen bei Citigroup & Co verbergen. Ben Affleck, Chris Cooper und allen voran Tommy Lee Jones, geben Corporate America als arroganter Yuppie, langgedienter Mitarbeiter und zweifelnder Aufsichtsratschef ein Gesicht.

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Quelle: ntv.de

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