Kino

Shit On The Radio Robbie versucht's mal wieder

Rrrrrhhh - diese Augenbrauen!

Rrrrrhhh - diese Augenbrauen!

(Foto: Universal Music)

Es ist immer schön, von Robbie Williams zu hören. Er erinnert uns an bessere Zeiten. Eigene, seine ... Aber das stimmt nicht ganz, denn während wir jetzt immer noch bessere Zeiten haben, sind die von Robbie leider vergangen, zumindest musikalisch. Schade. Aber wir sind ja jung und können warten. Auf das nächste Album. (In das aktuelle Album "Take The Crown" können Sie im Player am rechten Textrand kostenlos reinhören.)

Einen "Has Been" nennt man im Englischen nicht ganz ohne Gehässigkeit einen Star, der seine besten Tage bereits hinter sich hat. Und es soll ein paar Menschen geben, die dieses Prädikat auch Robbie Williams vor einigen Jahren schon zugeschrieben haben. Doch dann kam Take That - die ergreifende Rückkehr des verlorenen Sohnes in den Kreis der Familie, das herzerwärmende Ende einer Fehde einstiger Freunde, die sinnlos zu Rivalen geworden waren, die öffentliche Metamorphose von fünf ehemaligen Boyband-Spacken zu gereiften Männern.

Huuuuhh - dieses Brusthaar!

Huuuuhh - dieses Brusthaar!

(Foto: Julian Broad / Farrell Music Ltd / Universal Music)

Vor allem aber war da die Musik. Wer hätte das gedacht, aber mit "Progress" lieferten die wiedervereinigten Take That vor zwei Jahren tatsächlich ein Album mit hervorragender Pop-Qualität ab. Ein Album, das selbstredend locker alle zu albernen Choreografien geträllerten Jugendsünden der Ex-Casting-Combo in den Schatten stellte. Aber auch ein Album, das die immer schwächer werdenden Solowerke von Williams in den Jahren vor "Progress" vergessen machte. Kurzum: Ein Album, auf dem Williams aufbauen konnte, um alle, die ihn schon einen "Has Been" nannten, Lügen zu strafen.

Ob Take That jemals wieder gemeinsam ins Studio gehen werden, steht derzeit wohl in den Sternen. Dass Williams indes (auch) solo weitermachen würde, ist schon länger klar. Mit "Take The Crown" präsentiert der alte und neue Alleinunterhalter nun das erste Ergebnis auf dem Weg zurück zu sich selbst. Und Williams weiß genau, worum es geht: "Das Album trägt den Titel 'Take The Crown', weil ich kämpfen will", erklärt er die Devise. "Ich will es mit jedem aufnehmen, der sich mir in den Weg stellt und mir den Platz auf dem Thron der Popwelt streitig machen will. Mit diesem Album will ich die Krone zurückerobern, die ich einst hatte – oder vielleicht habe ich sie auch immer noch?!"

Die Antwort lautet: Nö, nicht mit diesem Album. Stattdessen verirrt sich der 38-jährige frischgebackene Familienvater auf "Take The Crown" mit zwei Schritten vor und drei zurück irgendwo in einem 80er-Jahre-Synthie-Brei. Schon der Aufmacher "Be A Boy" klingt, als hätten sich Heaven 17, Level 42 und ABC mit Karotten-Jeans, Schulterpolstern und Gelfrisuren in die Gegenwart gebeamt. Nichts gegen diese Bands, die in der guten alten Zeit durchaus etwas für sich hatten. Nichts gegen die 80er. Und nichts gegen gut gemachte Reminiszenzen. Aber wenn Robbie Williams in die Retro-Kiste greift, klingt das leider weniger inspiriert als ziemlich von gestern. Bei "Shit On The Radio" gibt es gar eine Stelle, bei der man meinen könnte, "The Final Countdown" würde eine Wiederauferstehung feiern. Grusel!

Okay, zugegeben, im zweiten Abschnitt wird das Album besser. "Hunting For You" und "Into The Silence" sind zwei passable Popsongs. "Hey Wow Yeah Yeah" kommt fast wie ein Indie-Rock-Fetzer daher. Und mit dem Duett "Losers" mit der US-Folk-Sängerin Lissie sowie - auf der Deluxe-Version des Albums - "Reverse" und "Eight Letters" klingt die Scheibe balladesk aus. "Eight letters, three words, one meaning" - was Robbie damit wohl meint? "I hate you", "Gi Ga Gack" oder "Gib es mir"? Ein Rätsel. Aber eins, das die Kollegin bestimmt lösen kann. Seit sie irgendwann einmal kreischend und hyperventilierend bei einem Konzert des Sängers dem Zusammenbruch nah war, ist sie mit Robbies Brusthaar ja quasi mental verknotet. Darum an dieser Stelle ab zu Frau Oelmann.

Sweet as Candy? Na ja ...

Na toll. Was soll ich dem hinzufügen? Ich habe mehr erwartet. Also nicht von Herrn Probst, der hat mich wie üblich erheitert (nicht so wie seinerzeit Robbie in der Waldbühne, aber doch erheitert), und was soll ich jetzt noch sagen? Er hat leider recht. Wenn man sich durch Robbies bereits erwähntes Brusthaar gewühlt hat, dann steht da ja für immer eintätowiert: "Chacun à sa façon" - jeder nach seinem Geschmack also. Wessen Geschmack Robbie da nun treffen wollte mit seinem neuen Album, ist nicht so leicht ergründbar. Liegt es an seiner neuen Rolle? Sorry, er ist jetzt v-e-r-h-e-i-r-a-t-e-t, er ist jetzt P-a-p-i … Will man das von einem Bad Boy? Von einem Star? Einem Idol? Einer Projektionsfläche? Nein, will man nicht.

Aaaarghh - dieser Daddy!

Aaaarghh - dieser Daddy!

(Foto: mind.robbiewilliams.com)

George Clooney macht es genau richtig. Nach einer Weile kickt er die Frauen aus seinem Leben, so dass Hoffnung für Nachrückerinnen besteht, dann immer die Frage, ob er nicht doch Männer bevorzugt (ja bitte, dann kriegt ihn nämlich KEINE!), aber all die Typen, die auf einmal den Synthie-Brei gegen Pastinaken-Brei und Gi Ga Gack gegen Ki Ka Kacki eingetauscht haben … mein Gott, wie soll es denn gehen? Es wird so süßlich, es wird so normal. Robbie auf dem Spielplatz, Robbie bei der Rückbildungsgymnastik, Robbie beim Füttern, Robbie mit Augenringen (weil Ayda mal wieder nicht aufstehen wollte), Robbie mit Kinderwagen, gähn.

Ja, das hat leider abgefärbt aufs Werk. Die wie üblich vollmundige Ansage und Annahme, dass er die Krone noch aufhat - sie ist leider ein frommer Wunsch. Kindermusik ist das Erste, was einem bei dem Album einfällt, aber nicht Musik für Kinder, sondern eher vielleicht von einem Kind, dass sich etwas kindisch verhält. Man kann nicht immer alles auf einmal haben, Robbie. Am besten sind - aber das ist natürlich eine sehr persönliche Meinung - "Reverse" und "Eight Letters" (die natürlich "I love you" bedeuten, man, Probst, etwas mehr Romantik!)

Ich werde ihn weiter lieben. Und auf das nächste Album warten. Kann ja mal passieren. Es hilft auch, Robbies Songs per Video zu sehen. Dann bemerkt man seine Entertainer-Qualitäten, seine schnippischen Augenbrauen-Zucker, seinen lächelnden Blick, der immer sagt: "Hey, nimm es doch nicht so wahnsinnig ernst!!" Und natürlich gilt auch für "Take The Crown" die Regel: "Chacun à sa façon."

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen