Triumph oder Knockout? "Rocky" geht in die siebte Runde
06.08.2013, 11:23 Uhr
Er will es noch mal wissen: Sylvester Stallone.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Vom Oscar-Werk über den Propaganda-Streifen und die seelenlose Wiederholung bis hin zum beeindruckenden Comeback hat "Rocky" sich durch die Film-Geschichte geboxt. Nun soll der "Italienische Hengst" erneut in den Startlöchern stehen.
Die "Rocky"-Filme sind wie der Ablauf eines Boxkampfes: Es gibt punktgenaue Treffer, Tiefschläge, mitreißende und lahme Runden, es wird geklammert, es gibt den triumphalen Sieg und den katastrophalen Knockout. Man kann die Filme des Underdogs aus Philadelphia lieben oder hassen, aber man sollte sie respektieren. Denn sie stehen für eine beispiellose Erfolgsstory, sowohl für den fiktiven Boxer als auch für seinen Schöpfer und Darsteller Sylvester Stallone.
Der Hollywoodstar hat kürzlich verlauten lassen, die Rolle seines Alter Egos erneut zu verkörpern. Der geplante siebte Teil der "Rocky"-Saga soll den Namen "Creed" tragen.
Als der erste Teil von "Rocky" Ende 1976 in die Kinos kam, entwickelte er sich schnell zu einem gigantischen Kassenknüller. Der Film machte aus dem erfolglosen Schauspieler und Drehbuchautor Stallone über Nacht einen Star. 1977 war "Rocky" zehnmal für den Academy Award nominiert, drei Oscars gewann der Streifen, darunter den für den besten Film und die beste Regie. Stallone selbst war für die beste Hauptrolle und das beste Original-Drehbuch nominiert. Ein moderner Mythos war geboren.
"Rocky" wurde zur Symbolfigur des eisernen Willens, des Glaubens an sich selbst. Die erste Runde des Fighters aus der Gosse, der uns die nächsten 30 Jahre begleiten sollte, war ein Paradebeispiel für die Magie des Kinos. "Rocky" war die Quintessenz des amerikanischen Traums, und dass, obwohl er am Ende nicht als Sieger triumphierte. Sein Gegner Apollo Creed blieb Schwergewichts-Weltmeister.
Runde um Runde steckte "Rocky" die Schläge seines Widersachers ein und gewann mit seinem Kämpferherz trotzdem die Sympathie der Zuschauer. Balboa musste nicht siegen, um zu gewinnen. Seinen ersten Auftritt in einer unbequemen Charakterstudie meisterte der "Italienische Hengst" so oder so mit Bravour. Doch es sollten noch fünf weitere folgen.
Vier Siege und ein Knockout
Sylvester Stallone spielte nicht nur sechsmal die Titelrolle in der "Rocky"-Reihe, er schrieb auch für alle sechs Teile die Drehbücher und führte viermal selbst Regie. Sly ist mit der Entwicklung "Rockys" untrennbar verbunden und sowohl für die Glanzmomente als auch die Fehlgriffe der Reihe unmittelbar verantwortlich. Dass "Rocky" im Laufe der 80er Jahre zum geölten Aerobic-Body-Action-Boxer degradiert und in "Rocky IV" auf eine klischeehafte, leicht peinliche Propagandamission geschickt wurde, entstammt direkt Stallones Feder.
Dank eines Charakters, den man bereits ins Herz geschlossen hatt e, unterhalten die Filme aber dennoch. Die Musik-Video-Ästhetik der MTV-Generation tut ihr Übriges. Und dann gibt es ja auch noch die Boxkämpfe: übermenschlich, unnatürlich, immens übertrieben, absolut unglaubwürdig - aber verdammt gut.
Selbst beim hundertsten Anschauen und noch Jahrzehnte später fiebert man mit, wenn "Rocky" durch den Ring geprügelt wird und von seinem normalen Ich auf sein Kämpfer-Ego schaltet - sei es nun gegen Apollo Creed, Clubber Lang oder Ivan Drago. Jeder Kampf zieht einen immer wieder in den Bann: Wird "Rocky" es auch dieses Mal schaffen?
Erst mit "Rocky V" ging der Fighter wirklich zu Boden. Knockout auf ganzer Linie. Stallone und Regisseur Avildsen versuchten, den Geist des ersten Teils wiederzubeleben. Sie schickten einen verarmten "Rocky" auf die Straßen seiner Anfänge zurück. Doch weder die Story noch der Versuch, "Rocky" als Trainer zu etablieren, funktionierten zum damaligen Zeitpunkt. Ein richtiger Schlag in die Magengrube jedes Fans war aber der Charakter Tommy "The Machine" Gunn - als "Rockys" Erbe vollkommen ungeeignet. Nicht einmal die Boxszenen überzeugten. Der Gipfel des Abstiegs war eine finale Straßenkeilerei auf B-Film-Niveau. Als Film war "Rocky" am Ende. Ausgezählt. Scheinbar.
Ein filmisches Denkmal
Sechzehn Jahre später aber wagte Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor Sylvester Stallone das Unmögliche. Im Alter von 60 Jahren präsentierte er mit "Rocky Balboa" die Geschichte eines Kämpfers, die allen Unkenrufen zum Trotz noch nicht zu Ende erzählt war. Dieses Mal machte er alles richtig. Der sechste Teil der Saga atmet in jeder Szene den Charme und die Nostalgie des Ursprungswerks.
"Rocky" war wieder zurück, er nahm den Zuschauer mit auf eine Reise des Älterwerdens und des Verlustes. In "Balboa" ist man mehr von der Geschichte gefesselt als vom Box-Geschehen. Ein Novum in einem "Rocky"-Film. Stallone setzte so dem Helden, den er selbst erschaffen hatte, ein filmisches Denkmal. Er ließ den alten Boxer mit Würde aus dem Ring steigen. Doch das Leben geht weiter und es findet sich immer wieder ein Winkel, der noch beleuchtet werden kann. So soll "Rocky" nun auch noch ein siebtes Mal in Aktion treten, nur diesmal wirklich außerhalb des Rings. Der erst 27-jährige US-Regisseur Rayn Coogler plant ein Box-Drama um den Enkelsohn von Rockys Freund und Gegner: Box-Champion Apollo Creed.
Creed Jr. bittet die Box-Legende "Rocky", sich aus dem wohlverdienten Ruhestand zu lösen und als Mentor und Trainer in seine Ecke zu kommen. Jungstar Michael B. Jordan (bekannt aus "Chronicle") soll sich um den Part des jungen Boxers bemühen. 37 Jahre nach dem Überraschungs-Erfolg "Rocky" würde diese Spin-Off-Fortsetzung unter dem Titel "Creed" ein weiteres Kapitel im "Rocky"-Universum aufschlagen.
"Rocky" ein weiteres Mal in den Ring zu schicken, wäre grotesk und unnötig gewesen, ihn aber als Trainer zu besetzen, ist eine konsequente Entwicklung seines Charakters. Den berühmtesten Boxer der Filmgeschichte dabei zu erleben, wie er in die Fußspuren seines eigenen Mentors und Trainers "Mickey" tritt (bis zu dessen Filmtod von Burgess Meredith verkörpert), ist ein Grund, sich auf ein weiteres Box-Abenteuer des einstigen Nobodys aus Philadelphia zu freuen.
Im "Rockyland" gelten eben andere Regeln als bei üblichen Filmhelden. Oder wie es Balboa einst sagte: "Es ist erst dann vorbei, wenn es vorbei ist." Und: "Noch eine Runde im Ring durchzustehen, wenn du glaubst, dass du es nicht schaffst, das ist oft der entscheidende Punkt im Leben." Noch wissen wir allerdings nicht, ob "Rocky" abermals glorreich triumphieren oder sich der Länge nach auf die Bretter legen wird. Wann genau "Creed" in die Kinos kommen soll, ist bislang nicht bekannt.
Quelle: ntv.de