Cruise macht den Bond Unmöglich: Mission Impossible 4
15.12.2011, 07:05 Uhr
Kein Fake: Tom Cruise am Burj Khalifa.
Es geht um nichts Geringeres, als den Atomkrieg zu verhindern. Mit waghalsigen Stunts, irrem Gerät und Tom Cruise. Kurzum: "Mission Impossible - Phantom Protokoll" startet in den Kinos. Doch kann das Unterfangen, die Action-Reihe neu zu beleben, gelingen?
Die Latte an Beispielen von Filmreihen, die brillant gestartet sind, dann jedoch in Fortsetzungen totgeritten wurden, ist lang. Und auch bei "Mission Impossible" war der Zuschauer nach dem dritten Teil 2006 dazu geneigt, sich nur noch genervt abzuwenden. Und nicht nur er: Die Film-Firma hatte zu jener Zeit die Allüren von Mr. Scientology, Tom Cruise, derart satt, dass sie bereits seinen Rauswurf aus der Reihe verkündete und plante, ihn durch Brad Pitt zu ersetzen. Doch daraus wurde nichts. Stattdessen kommt nun, fünf Jahre später, "Mission Impossible 4" ins Kino - mit Cruise, der wieder einmal als Agent Ethan Hunt der Spezialeinheit IMF (Impossible Missions Force) in Aktion tritt.
Vordergründig ist auf der Leinwand also alles wie gehabt - wenn man mal davon absieht, dass der inzwischen 49-jährige Cruise allem Make-Up und wohlwollenden Scheinwerferlicht zum Trotz aus seinem Alter allmählich wirklich keinen Hehl mehr machen kann. Doch hinter den Kulissen wurde ordentlich an den Stellschrauben gedreht. Paula Wagner, nicht nur bei den "Mission-Impossible"-Teilen 1 bis 3, sondern auch bei Streifen wie "Vanilla Sky" oder "Last Samurai" langjährige Produktionspartnerin von Cruise, ist nicht mehr mit von der Partie. Dafür rückte J.J. Abrams, der beim dritten Aufguss der Reihe noch als Regisseur fungierte, ins Produzententeam. Und für die Regie wurde wiederum Brad Bird engagiert, der sich bis dato insbesondere mit Animationsfilmen aus der Pixar-Schmiede wie "Die Unglaublichen" und "Ratatouille" hervorgetan hat.
Der Streifen, der nach all diesen Rochaden herausgekommen ist, trägt im US-amerikanischen Original den Untertitel "Ghost Protocol". Warum man meinte, das in Deutschland in "Phantom Protokoll" umbenennen zu müssen, wird wohl für immer ein Hollywood-Geheimnis bleiben. Offenbar traute man den hiesigen Kinozuschauern keine allzu großen Übersetzungs- und geistigen Transformationsfähigkeiten zu.
Die ultimative Bedrohung
Dabei ist jenes Protokoll, um das es sich dreht, so (Ghost) oder so (Phantom) ein reines Fantasieprodukt aus der Traumfabrik. Es steht für eine Direktive der US-Regierung, die die IMF dazu verdonnert, ihre heikle Mission ohne jegliche Unterstützung und Rückendeckung von außen zu erfüllen. Ganz so, als sei die Spezialtruppe auf dem Radarschirm der politisch Verantwortlichen gar nicht präsent. Schließlich deutet oberflächlich alles darauf hin, dass Ethan Hunt für ein verheerendes Attentat in Moskau verantwortlich ist, das auf einen Schlag eine neue diplomatische Eiszeit zwischen Russland und den USA eingeläutet und die Welt an den Rand eines Kriegs der Großmächte gebracht hat. Das wieder gerade zu rücken, seine Unschuld zu beweisen und den wirklichen Täter zu überführen, obliegt allein Hunt und seinem Team. Denn offiziell sind er und seine Mitstreiter seit dem Anschlag auf den Kreml Terroristen.
Der wahre Bösewicht aber heißt Kurt Hendricks, Codename Cobalt, und wird gespielt vom Schweden Michael Nyqvist, nicht zuletzt bekannt aus den Verfilmungen von Stieg Larssons "Millennium Trilogie". Er ist - ganz im Stile eines James-Bond-Schurken - ein durchgeknallter Fanatiker, dem es tatsächlich um nichts Geringeres geht, als einen Atomkrieg auszulösen. Die Jagd nach ihm führt die IMF nahezu um den gesamten Globus - von Moskau und Budapest bis nach Mumbai und Dubai.
In Dubai sind zweifelsohne auch die spektakulärsten Szenen des Streifens entstanden. Die Bilder des sich an der Fassade des Burj Khalifa - mit 828 Metern das derzeit höchste Gebäude der Welt - entlanghangelnden Tom Cruise sind wirklich atemberaubend. Zumal, wenn man weiß, dass weite Teile der Aufnahmen tatsächlich mit dem Schauspieler, der auf Stunt-Doubles verzichtete, am Originalschauplatz gedreht und nicht etwa am Computer gebastelt wurden. So stürzte sich Cruise beispielsweise für eine Einstellung in schwindelerregender Höhe ganz real neun Meter an dem Gebäude entlang in die Tiefe. "Wir ließen ihn mehrere Stockwerke hinunterfallen, und er war bereit, diesen Stunt mehrfach zu wiederholen", zeigte sich Regisseur Bird im Nachhinein von der Chuzpe des Darstellers beeindruckt.
Selbsthumor und Schenkelklopfer
Keine Frage: "Mission Impossible - Phantom Protokoll" schickt sich an, in der Bond-Klasse mitzuspielen. Und das gilt nicht nur für die Action-Szenen. Auch auf so manch abstrus-geniales Gerät der IMF - von den "Gecko-Handschuhen", mit denen Cruise alias Hunt am Burj Khalifa klebt, über clevere Kopier-Kontaktlinsen bis hin zu einem ausgefuchsten Holo-Projektor - wäre Bonds Quartiermeister Q wohl nur allzu neidisch.
Doch das Schönste an der vierten Auflage von "Mission Impossible" ist, dass die Macher aus manchen Fehlern der Vorgänger-Streifen gelernt haben. So glänzt der Film nicht zuletzt mit einer gehörigen Prise Ironie und Selbsthumor, anstatt den ebenso unmöglichen wie unterhaltsamen Quatsch dieser wirklich unerfüllbaren Mission allzu ernst zu nehmen. Manche Szene, wie etwa die, in der der als General verkleidete Cruise und sein Helfer Benji Dunn (gespielt von Simon Pegg) mit eben jenem genannten Holo-Projektor einen russischen Wachmann austricksen, ist dabei sogar zu einem regelrechten Schenkelklopfer geraten.
Hatte Simon Pegg schon in Teil 3 einen Auftritt als Technik-Nerd, gibt es mit Jane Carter (gespielt von Paula Patton) und William Brandt (Jeremy Renner) auch zwei Neuzugänge im Team von Super-Agent Ethan Hunt zu verzeichnen. Während Carter sich als abgebrühte und schlagkräftige Mitstreiterin erweist, scheint Brandt ein dunkles Geheimnis mit sich herumzutragen …
Sieht man einmal von manchem leider nur allzu gängigen Hollywood-Kitsch ab und davon, dass der Streifen vor allem in der zweiten Hälfte einige unnötige Längen aufweist, dann kann "Mission Impossible - Phantom Protokoll" durchaus als Popcorn-Action-Streifen überzeugen. Angeblich denkt die Crew bereits über einen fünften Teil nach. Unter diesen Umständen ließen wir uns den dann doch gerne gefallen.
Quelle: ntv.de