Kino

Die Hölle des Wüstenkrieges Kriegsdrama: "El Alamein 1942"

Die Wehrmacht taucht nur am Ende des Films auf. "El Alamein 1942" schildert den Wüstenkrieg aus  italienischer Sicht.

Die Wehrmacht taucht nur am Ende des Films auf. "El Alamein 1942" schildert den Wüstenkrieg aus italienischer Sicht.

1942 tobt die Schlacht von El Alamein. 104.000 deutschen und italienischen Soldaten unter der Führung Rommels stehen 195.000 Soldaten der britischen Armee gegenüber. Fast 14.000 Menschen werden getötet, nahezu 25.000 verletzt. Die 10. Italienische Armee wird während des Rückzugs komplett vernichtet. "El Alamein 1942" erzählt ihre Geschichte.

El Alamein. Wer denkt da nicht zuerst an den berühmten "Wüstenfuchs" Rommel? Rommel ist das Synonym für deutsche Erfolge im harten Wüstenkrieg in Afrika während des Zweiten Weltkrieges. Vergessen wird dabei, dass Deutschland - zumindest in Afrika - nicht freiwillig Krieg geführt hat. Italiens Diktator Benito Mussolini ist es, der seine Truppen über das Mittelmeer zur Eroberung Nordafrikas schickt. Der Feldzug wird zum Debakel. Mussolini bittet Deutschlands Führer Adolf Hitler um Hilfe. Der gewährt sie, wenn auch widerwillig. Nach ersten Erfolgen Rommels kommt es 1942 zur entscheidenden Schlacht, die als Schlacht von El Alamein in die Geschichtsbücher eingehen wird. Sie ist - wie die Schlacht von Stalingrad - einer der Wendepunkte des Zweiten Weltkrieges.

Die Schlacht von El Alamein ist einer der Wendepunkte im Zweiten Weltkrieg.

Die Schlacht von El Alamein ist einer der Wendepunkte im Zweiten Weltkrieg.

104.000 deutschen und italienischen Soldaten steht eine Übermacht von 195.000 britischen Soldaten gegenüber. Die Schlacht dauert nicht einmal zwei Wochen. Der britische Sieg ist teuer erkauft, die Verluste auf beiden Seiten sind hoch: 9000 sterben auf deutsch-italienischer Seite, 4600 auf britischer. 15.000 Verletzte zählt die deutsch-italienische Armee, 8500 sind es bei den Briten. 35.000 Soldaten gehen in die Gefangenschaft. Die an der südlichen Front positionierte 10. Italienische Armee, bestehend aus den Divisionen "Brescia", "Folgore" und "Pavia", wird während des Rückzugs komplett vernichtet.

"Kulturell relevant"

So viel zum geschichtlichen Hintergrund, auf dem der italienische Film "El Alamein 1942" beruht. Richtig, der Film ist kein überladener Hollywood-Blockbuster mit internationaler Starbesetzung. Der Film stammt von Regisseur Enzo Monteleone und erzählt den Wüstenkrieg aus der italienischen Sicht. Und das ist gut so. Der Film, um es vorwegzunehmen, ist absolut gelungen. Er geht mit atemberaubend schönen und farbgewaltigen Bildern ans Herz - und mit der direkten und ungeschönten Darstellung des Krieges auch ins Gehirn. Der Film heimste zahlreiche Auszeichnungen ein, wie etwa drei Italian Cinema Academy Awards. Das italienische Kulturministerium stufte den mit EU-Fördermitteln produzierten Film als "kulturell relevant" ein.

Gut angelegtes EU-Geld, möchte man da sagen. Allerdings hätte es wohl auch etwas mehr sein können - zumindest, wenn man als Zuschauer eines Kriegsfilmes mehr Action und Schlachtengetümmel sehen will. Beides kommt bei "El Alamein 1942" etwas kurz. Das fehlende Knall-Bumm gibt den Darstellern aber den nötigen Raum für zum Teil wirklich brillante Schauspielkunst, allen voran Paolo Briguglia, der den jungen Soldaten Serra spielt, und Pierfrancesco Favino als Sergente Rizzo. Favinos markantes Gesicht dürften viele noch aus "Illuminati" oder Spike Lees "Buffalo Soldiers 44" kennen.

Schmerzhafter Gesinnungswandel

Freiwillig in den Krieg: Die Realität zerstört jede Illusion bei Soldat Serra.

Freiwillig in den Krieg: Die Realität zerstört jede Illusion bei Soldat Serra.

Serra stößt als Freiwilliger zur Wüstentruppe. Der Philosophiestudent kommt als der heimischen Propaganda verfallener Idealist. An eine Niederlage der italienischen Armee verschwendet er keinen Gedanken. Für ihn zählt nur der Sieg und den will er in Alexandria feiern. Doch Serra lernt schnell, was Krieg wirklich bedeutet. Bereits bei seiner Ankunft wird er Zeuge, wie ein Kamerad direkt neben ihm unter Feindbeschuss ums Leben kommt. Nur seine Marke bleibt von ihm übrig.

Seine Ration sauberes Wasser, die er bei seinem Antritt erhalten hat, wird schnell kleiner, denn sauberes Wasser gibt es schon lange nicht mehr bei der Truppe. Meist schmeckt es nach Dieselöl. 250 Milliliter ist die tägliche Ration. Sie kommt aber meist nur unregelmäßig. Zigaretten gibt es dafür im Überfluss, leider fehlen die Zündhölzer, um sie anzustecken. Auch auf den ständigen Durchfall hätte Serra lieber verzichtet, denn wenn man die Hose unten hat, kann man schlecht in Deckung gehen.

Sergente Rizzo (l.) und Soldat Serra (r.): "Der Heldentod stinkt."

Sergente Rizzo (l.) und Soldat Serra (r.): "Der Heldentod stinkt."

Und so schwinden seine Träume vom Sieg, seine Illusionen können der Realität nicht standhalten. Sergente Rizzo nimmt ihn gewissermaßen unter seine Fittiche. Er versucht Serra so schnell wie möglich das Nötigste rund um den Krieg in der Wüste beizubringen: Kopf unten halten, kein Wasser verschwenden und immer auf ein Wunder hoffen.

Ein großartiger Kriegsfilm

"El Alamein 1942" ist auf DVD und Blue-ray erhältlich.

"El Alamein 1942" ist auf DVD und Blue-ray erhältlich.

Gerade durch die Schilderung des Soldatenalltags im Wüstenkrieg - mit Durst, Hunger, Durchfall, ständiger Angst vor tödlichem Beschuss, Hoffen, Bangen und Verzweiflung - zieht "El Alamein 1942" seine Kraft. Der Zuschauer kann sich von Beginn an in die Soldaten und ihre aussichtlos erscheinende Lage hineinversetzen. Erst recht, als sie völlig verbittert auf dem Rückzug sind, zu Fuß durch die Wüste. Enttäuscht und völlig desillusioniert, von der Armeeführung im Stich gelassen. Eine Führung, die lieber Schuhcreme für die bei der "bald anstehenden" Siegesparade glänzenden Stiefel der Soldaten an die Front schickt als frisches Wasser. Eine Führung, die lieber Mussolinis Lieblingspferd in einem Lkw transportiert als die eigenen, ausgelaugten Soldaten.

Pathos, wie in so manchem US-Kriegsfilm, sucht der Zuschauer vergebens. Zu einem Loblied auf die Kameradschaft lässt sich der rundum gelungene "El Alamein 1942" aber dann doch hinreißen - mit dem kleinen Hinweis: "Der Heldentod stinkt."

Quelle: ntv.de

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